AfD-Landesparteitag in NRW: Pretzell-Gegner auf Spitzenplatz
Nach einem Zwischenfall stimmten die Delegierten der AfD in Essen für Landes-Co-Chef Martin Renner. Der hielt zuvor eine stramm rechte Rede.
Zur Wahl stand dann jeweils ein Vertreter für die unterschiedlichen Flügel des tief gespaltenen Landesverbands. Auf der einen Seite Martin Renner, der gemeinsam mit Marcus Pretzell den Landesverband führt. Das Verhältnis der beiden Männer ist zerrüttet, seit Jahren kämpfen sie um die Macht.
Renner hielt eine stramm rechte Rede, in der er Zuwanderung als eine „humanistisch kaschierte Zerstörung unserer Kultur“ bezeichnete, der Kanzlerin unterstelle, sie sei doch recht nah bei der Position „Deutschland verrecke“ und mit Blick auf die umstrittene Rede von Björn Höcke von einem „Schuld-Kult“ in Deutschland sprach. Dafür erhielt er den meisten Applaus.
Noch Ende Januar hatte der Landesvorstand versucht, Renner als Landeschef abzuwählen. Zwar stimmte die Mehrheit der Delegierten gegen ihn, die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit aber wurde nicht erreicht.
Gegen Renner kam Kay Gottschalk in die Stichwahl, der den Delegierten zwar „Neutralität“ sowie einen „Neuanfang“ versprach und ein „Signal der Einheit“ vom Parteitag forderte, der aber auch als Kandidat des Pretzell-Lagers galt. Gottschalk, der eigentlich aus Hamburg kommt, sitzt dort in der Bezirksversammlung Mitte. Auf dem Parteitag verteilten Pretzell-Gegner genüsslich einen Brief der Hamburger Bezirksvorsitzenden, die Gottschalk „fortgesetzte politische Untätigkeit“ attestiert. Gottschalk, der für AfD-Verhältnisse eine gemäßigte Rede hielt, betonte die Bedeutung des Themas Gerechtigkeit für die AfD: „Das wird uns den den Weg in die Mitte der Gesellschaft ebnen.“
Genützt hat es ihm nichts: Renner setzte sich mit 179 zu 167 Stimmen knapp durch. Für Pretzell und seine Frau, die AfD-Chefin Frauke Petry, ist das eine herbe Niederlage.
Am Samstagmorgen hatten gut hundert Menschen gegen den AfD-Landesparteitag in der Essener Messe protestiert. Die Demonstration, zu der das Bündnis „Essen stellt sich quer“ aufgerufen hatte, stand unter dem Motto „Rassismus ist keine Alternative“. Der Parteitag wird am Sonntag fortgesetzt, an den beiden kommenden Wochenenden wird es weitere Versammlungen in Troisdorf und Euskirchen geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“