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Kultur-ProtestantismusBei Luthers unterm Sofa

20 Millionen Menschen starben, damit Luther seine Haushälterin heiraten konnte. Wie der Erfinder des schlechten Gewissens noch heute selbst den Alltag von Ungläubigen beeinflusst.

Leidenschaft ist, was der Protestant rational zu bekämpfen sucht. Bild: thomas dashuber

Sie haben keine Hausrats-, geschweige denn eine Lebensversicherung? Sie gehen nicht eher zum Zahnarzt, bis es richtig wehtut? Sie zählen nicht nach, wie viel Geld sich sparen ließe, wenn sie mit dem Rauchen aufhörten? Sie machen keine To-do-Listen? Sie kommen nicht auf die Idee, jemandem zu sagen: "Du schuldest mir noch einen Euro?" Sie machen sich keine Sorgen um das Wohlergehen, sondern sorgen für Ihr leibliches und seelisches Wohl? Kurz und gut: Dann sind Sie katholisch. Um den Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten zu verstehen, muss man dieser Tage nicht nach München fahren; für uns Kulturkatholiken ist jeder Tag ein ökumenischer Kirchentag.

Denn als Kulturkatholik ist man hierzulande in der Minderheit, erst recht in der Linken, die seit 1968 im Wesentlichen eine protestantische Veranstaltung ist. Nicht wenige interkonfessionelle Freundeskreise, Kollegien und Liebesbeziehungen müssen tagtäglich mit diesem culture clash zurechtkommen.

Die Ungläubigen unter den Protestanten weisen es barsch von sich, irgendetwas mit Religion zu tun zu haben. Doch hier geht es nicht um die Mitgliedschaft in einer der Kirchen, es geht nicht einmal um den Glauben. Die Rede ist nicht von einer Weltanschauung, die man sich zulegt, oder einer philosophischen Wahrheit, von der man überzeugt ist, sondern um kulturelle Prägungen, die man nicht einfach so ablegen kann - und die sich oft beständiger erweisen als so manche politische Überzeugung, die man im Laufe des Lebens erworben hat.

Auch Atheisten, Agnostiker und Kirchengegner haben ihre protestantischen bzw. katholischen Einflüsse. Und die kommen beispielsweise daher, wie zu Hause bei den Eltern gegessen und geredet, worüber gelacht und worum getrauert wurde, wie Gäste empfangen und wie Feste gefeiert wurden, kurz: ob es zu Hause katholisch oder protestantisch zuging.

Max Webers "Protestantische Ethik" ist unter Linken keine Neuigkeit und wird, wenn es um den Kapitalismus und die deutsche Arbeitsmoral geht, oft zitiert. Aber dieser Einfluss zeigt sich auch in säkularen Zusammenhängen: Noch in der Demoparole "Bürger, lasst das Glotzen sein, kommt herunter, reiht euch ein" klingt etwas von dem protestantischen Eifer nach, der, getrieben von eigenen Gewissensbissen, versucht, anderen ein schlechtes Gewissen einzureden.

Ein ganzes Leben im Hedonismus

"Jede Art Berufung ist bedeutsam und nötig, damit das Gewissen gewiss sei", schrieb der Erfinder des schlechten Gewissens, Martin Luther. Doch was macht der, der weit und breit keine Berufung findet oder hört? Entweder er wird wahnsinnig, weil er einfach niemanden und nichts findet, der ihm bestätigt, dass er alles richtig macht und sein Leben einen Sinn hat. Oder er versucht, andere dafür verantwortlich zu machen, dass er keine Berufung hört. Oder er dreht darüber durch, dass er ständig irgendetwas tut, um bloß nicht in den Verdacht des Faulenzens zu kommen, und in der Annahme, dass es schon irgendjemandem nützen werde. "Von Arbeit stirbt kein Mensch, aber von Ledig- und Müßiggehen kommen die Leute um Leib und Leben; denn der Mensch ist zum Arbeiten geboren wie der Vogel zum Fliegen", sagte der wie hier auch in vielen anderen Dingen irrende Martin Luther.

Der Preis für die katholische Begegnung mit dem protestantischen Leben ist hoch: der Mangel an Selbstdisziplin und Selbstkontrolle, die Lust am Barock in Argumentations- und Lebensführung gerät schnell unter den Verdacht der Unzuverlässigkeit und Unernsthaftigkeit. Am Ende wird das Geständnis erzwungen, dass ein wenig protestantische Lebensart auf jeden Fall gesünder und vernünftiger ist. Argumentativ einwenden lässt sich dagegen nichts, außer dass das vernünftige Leben keinen Spaß macht: Vielleicht ist der Schaden später groß, aber warum sollte man sich jetzt unnötig Gedanken darüber machen?

Während der Protestant sich mit einem guten Glas Wein, einem guten Buch oder einem netten Abend in einem Tanzlokal für getane Arbeit "belohnt", ist das ganze Leben des Katholiken unter die Vorzeichen des Hedonismus gestellt. Er "gönnt" sich nichts, denn er hat ganz einfach die Freiheit, täglich ein Fest zu feiern, als ob es kein Morgen gäbe.

Denn es gibt für ihn auch kein Morgen. Das katholische Christentum gründet sich auf der Idee des Apostels Paulus, dass die Zukunft schon begonnen habe und die Welt damit ins Zeitalter der Gnade eingetreten sei. Paulus suspendierte das mosaische Gesetz: "Die Sünde soll nicht über euch herrschen, denn ihr steht nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade" (Römer 6, 14). Es gibt keine Sünden mehr, alle sind schon durch den Tod des Gottessohns gesühnt - die theologische Rechtfertigung eines everything goes, die ihre Praxis in der institutionalisierten Beichte fand.

Des leidigen Wartens auf die Rückkehr des Erlösers müde, der durch Ablasshandel korrumpierten Autorität überdrüssig und um die verlotternde Gesellschaft besorgt, trat der Protestantismus an, die äußeren Instanzen radikal abzuschaffen. Tatsächlich aber verlegte er sie ins bestmögliche aller Verstecke: ins Innere des Menschen, ins Gewissen.

So weit, glaubt der aufgeklärte Geist, alles gut, der Mensch steht endlich im Zentrum allen Geschehens. Doch weit gefehlt: Gerade der Protestantismus ist vom Menschen unendlich weit entfernt. So richtig die Idee war, dem Einzelnen die Verantwortung für sein Handeln zu übertragen, so unmenschlich war es, ihn damit alleinzulassen. Zweifel und Hader an allem und jedem ist das Ergebnis, denn der Mensch ist nie mit sich allein und kann alleine nur verzweifeln.

Leicht fällt es den Verteidigern des Protestantismus gerade dieser Tage, auf Lernprozesse und eine gewisse Fortschrittlichkeit und Rationalität innerhalb der evangelischen Kirche zu verweisen. Sexualität, Frauenfeindlichkeit und Unfehlbarkeit des Papstes heißen die Stichwörter, und wer es gern historisch mag, bringt auch Dietrich Bonhoeffer gegen Papst Pius XII. ins Spiel.

Bild: privat

Doris Akrap ist taz-Kulturredakteurin, wuchs in einem interkonfessionellen Elternhaus auf und trat kürzlich aus der katholischen Kirche aus.

Doch noch immer wird viel zu selten darauf hingewiesen, dass die NSDAP die größte Wählerschaft unter den Protestanten hatte und im Europa des 16. Jahrhundert etwa 20 Millionen Menschen starben, damit Luther seine Haushälterin heiraten konnte - ein Gründungsverbrechen, das die Protestanten heute kaum aufgearbeitet haben. Auch die große Herrschaftskritik der Protestanten ist nur die halbe Wahrheit. Denn noch im Prozess der Abwendung von der päpstlichen Autorität und der möglichen Entstehung eines unabhängigen Christentums verkaufte sich der Protestantismus an die Landesfürsten (weswegen es bis heute Landeskirchen gibt).

Die Leidenschaft macht den Unterschied

Die kulturellen Unterschiede zwischen den Konfessionen sind also viel grundlegender als die Streitfrage, ob beim Abendmahl der Körper Jesu wirklich oder nur symbolisch verspeist wird. Der Unterschied, um den es zwischen Protestantismus und Katholizismus geht, ist der der Unbedingtheit, anders ausgedrückt die Leidenschaft. Man hätte sie gern, beneidet und bewundert andere darum, doch es bleibt dabei: In Deutschland hat die Leidenschaft keine Heimat, weil sich die deutsche Nation durch die Reformation überhaupt erst konstituiert hat.

Leidenschaft ist, was der Protestant rational zu bekämpfen sucht. Der Zweifel, mit Descartes philosophisch in die Welt gekommen, ist des Protestanten Ding schlechthin. Dass der protestantische Zweifel - der im Wesentlichen nicht der an der Welt, sondern an sich selbst ist, an der eigenen Entscheidung, an der eigenen Position - auch zu Verzweiflungstaten führen kann, zeigt der Fall Margot Käßmann.

Man mag sich auf einem Ökumenischen Kirchentag zum Gespräch treffen. Aber sich eine gemeinsame Organisation zu wünschen ist nicht weit davon entfernt, von einem Frosch zu verlangen, dass er bellt wie ein Hund. Oder könnten Sie auf Anhieb ein protestantisches Pendant zu, sagen wir, Pier Paolo Pasolini finden, der unbedingt gläubig und unbedingt kommunistisch war (und wahrscheinlich von einem Katholiken umgebracht worden wurde)? Gut, der Katholizismus hat auch Hitler hervorgebracht, der unbedingt irre war.

Leidenschaft bedeutet, sich selbst zu vergessen, sich einer Sache mit voller Hingabe zu widmen, ohne vorher eine Kosten-Nutzen-Kalkulation zu erstellen. Freilich, mit Leidenschaft kann man eine Sache auch voll gegen die Wand fahren - oder Exzesse aller Art begehen. Aber wer immer erst abwägt, ob sich der Einsatz lohnt, wer niemals volles Risiko ohne Absicherung geht, der wird niemals wissen, was der Sinn des Lebens ist.

Die Dinge im Freistil angehen, ließ der amerikanisch-jüdische Schriftsteller Saul Bellow seinen Helden in "Die Abenteuer des Augie March" sagen. Mit diesem Satz könnte ein moderner Katholizismus für sich werben, anstatt der Biederei des Protestantismus nachzueifern.

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52 Kommentare

 / 
  • WB
    Wolfgang Banse

    Es ist nicht alles in Afghanistan ,Irak,Iran Syrien gut,sondern es war waws den Reformator Martin Luther anbetrifft,bbei ihm auch nicht alles gut.

  • JG
    Jürgen Groth

    Papier ist geduldig. Schade um die Druckerschwärze.

  • H
    hysteriker

    super geiler artikel,

    na ja einige historische u. theologische Schwachstellen sind schon drin, aber die geniale Verknüpfung vieler wirklich stimmiger Argumente ist Klasse. Als überzeugter Agnostiker sehe ich das absolut genauso: Die Gesellschaft, das deutsche SO-Sein ist durchtränkt von dieser 68er kulturprotestantischen Zweck-Nutzen-Denke, das klebt wie Vogelsch**ße an der Jacke des gut sozialisierten Deutschen. Das kulturell Katholische ist in Deutschland gar nicht existent oder der Deutsche ist soweit davon entfernt, ferner gehts nicht mehr. Und weil viele hier in Germanien das gar nicht verstehen, dafür gar keine Antenne haben, ist der Kopffüssler die meist verbreitetste Menschenart hiesiger Lande und Städte....und so werden viele Eigenheit der Katholiken als blanke Idiotie verunglimpft und abgelehnt...übrigens hitler wurde zwar kath. getauft, war aber seit seiner jugend fan vom rassenwahn und völkischer nationalideen !

  • H
    hysteriker

    super geiler artikel,

    na ja einige historische u. theologische Schwachstellen sind schon drin, aber die geniale Verknüpfung vieler wirklich stimmiger Argumente ist Klasse. Als überzeugter Agnostiker sehe ich das absolut genauso: Die Gesellschaft, das deutsche SO-Sein ist durchtränkt von dieser 68er kulturprotestantischen Zweck-Nutzen-Denke, das klebt wie Vogelsch**ße an der Jacke des gut sozialisierten Deutschen. Das kulturell Katholische ist in Deutschland gar nicht existent oder der Deutsche ist soweit davon entfernt, ferner gehts nicht mehr. Und weil viele hier in Germanien das gar nicht verstehen, dafür gar keine Antenne haben, ist der Kopffüssler die meist verbreitetste Menschenart hiesiger Lande und Städte....und so werden viele Eigenheit der Katholiken als blanke Idiotie verunglimpft und abgelehnt...übrigens hitler wurde zwar kath. getauft, war aber seit seiner jugend fan vom rassenwahn und völkischer nationalideen !

  • PS
    Peter Schwarz

    Ich bin evangelisch, Protestant von Herzen und mit ganzer Seele. Und nachdem ich diesen hanebüchenen Quatsch gelesen habe, bin ich es noch gerner und überzeugter als zuvor! Manche Schornalisten müssen echt Langeweile haben!

  • AW
    ach wie schön

    zufällig hier gelandet, sehr gefreut!

  • TT
    Thaddäus Tentakel

    Hallo Frau Akrap,

     

    ein schöner und polemisch-pointierter Artikel, der sich mit meinen Lebenserfahrungen absolut deckt. Im täglichen Umgang sind Katholiken einfach angenehmer, großzügiger (in jeglicher Hinsicht) und souveräner. Sie kochen bekanntlich auch besser.

     

    Zu dem kulturellen Hiatus zwischen Katholiken und Protestanten hat übrigens Max Goldt im Jahre 1995 treffende Worte gefunden:

     

    "Heute habe ich ein gutes, fast kumpelhaftes Verhältnis zur Religion. (...) Nur: Katholisch muß sie sein. Das Evangelische ist mir so fremd wie die Sozialdemokratie. Die Fügung evangelisch und SPD läßt sich nur übertreffen durch die Kombi-Kiste evangelisch, SPD, und aus Prinzip keinen Fernseher haben."

     

    Auch als Katholik muss ich jedoch einwenden, dass Ihre leicht schlüpfrige Polemik im Falle Luthers arg überschnappt. Luther war ein tief Gläubiger und Suchender, ein Mensch, den man unbedingt ernst nehmen muss. In der Katholischen Kirche ist es inzwischen so etwas wie Lehrmeinung, dass er einer der großen Heiligen hätte sein können, vergleichbar dem Heiligen Franziskus, hätte ihm nicht sein Starrsinn und seine mangelnde Demut im Wege gestanden.

     

    Da ich lese, dass Sie "kürzlich" aus der Kirche ausgetreten sind, würde es mich betrüben, Sie hätten dies von der Medienhysterie um sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche abhängig gemacht. Dazu möchte ich Ihnen und den geneigten Lesern dieses Interview empfehlen.

    http://cicero.de/97.php?ress_id=9&item=4907

     

    Vielen Dank und Gottes Segen.

  • K
    Karl

    Schade, dass sie ausgetreten sind. Wir brauchen mehr Leute wie sie!

    Carolus Agnus

    (Atheistischer Katholik)

     

    @Sheva

    Keine Ahnung von Kirche aber "Philosophie" verlangen?

  • R
    Reinhard

    wie schon einer der Vorredner richtig schrieb: die Toten der Religionskriege sind Folgen der katholischen Reaktion. Luther wollte zunächst mal eine theologische Diskussion anzetteln und hielt sich mit seinen Thesen an die im akademischen Milieu übliche Form des Thesenanschlags. Es war die Intransigenz des katholischen Apparats, die den Konflikt eskalierte.

     

    Im übrigen: ich habe mehrere Jahre in Polen gelebt, das hat mir gezeigt, was das Katholentum für eine bigotte Truppe ist. Der einfache Katholik ist womöglich ein so guter oder schlechter Christ wie der einfache Evangele, aber mit dem Apparat bleibe man mir weg.

  • PL
    prinz lilifee

    ha, was 'n feiner artikel!

    für dergleichjen liebe ich die taz:

    ungewöhnlich aber 'mittendrin in der realität' schon bei der themenwahl, voll von information & zusammenhängen aus unbegrenzter kulturgeschichte - und all das doch mit einem augenzwinkern, dass die synapsen ihre wahre freude an den vielschichtig gebrochenen ironien haben.

     

    danke!

     

     

    @ doris akrap: lassen sie sich von denen, die den artikel nicht verstehen oder jedes detail nach seinem lexikalischen wahrheitsgehalt untersuchen, bitte nicht beirren! die dürfen ja weiter an dpa-genormten beiträgen ihren widerpruchsfreien 'kultur-protestantismus' schulen...

     

     

    gegen homogenisierte schreibe, für mehr vollmundigen milchgenuss! don't be afraid of streptokokken!

  • T
    tazitus

    Wer zensiert eigentlich bei der taz die Leser-Kommentare, bzw. ist für die Nicht-Veröffentlichung verantwortlich?

  • J
    jensmichael

    Schwarz und weiß, gut und böse, dafür oder dagegen - wie herrlich einfach ist es doch, die Welt in simplen Dualismen zu erklären. Heute neu: Kulturkatholiken und -protestanten. Luther war also der geistige Vater der NSDAP? Soviel Unfug war selten, vom Detail bis zur Gesamtaussage.

     

    Das wirklich Beunruhigende aber ist, dass sich Religionsthemen in der taz mehr und mehr breit machen. Herr Gessler prahlt damit, seinen Sohn zum Wohle des Judentums mit Beschneidung zu quälen. Frau Yücel erklärt uns, warum man auch in Mitteleuropa den Islam dufte und Burkas harmlos finden soll. Und jetzt jeden verdammten Tag lang 8 (in Worten: acht) Sonderseiten zum Kirchentag.

     

    Ich fände es toll, wenn meine Zeitung sich aufklärerischen Idealen verpflichtet fühlte und (Aber-)Gläubigen jeglicher Färbung nicht noch in ihrer Selbstvermarktung behilflich wäre. Auch kritische Berichterstattung wertet letztlich religiöse Vereine wie die christlichen Amtskirchen zusätzlich auf. Noch immer ist Deutschland kein wirklich säkularer Staat, noch immer haben Kirchen ungerechtfertigte Privilegien, noch immer ist Religion hierzulande keine Privatsache - jede Menge Skandalthemen, die mal jemand aufgreifen könnte, statt das Münchner Weihrauchhappening journalistisch zu begleiten.

  • A
    atE

    Meine Erfahrung ist, dass der Katholizismus, so wie er praktiziert und gelebt wird, je nach nationalem Kontext sehr verschieden ist - ich rede hier vor allem von Deutschland, Frankreich und Italien. Es ist klar, dass der Protestantismus - und speziell der Pietismus - die deutsche Geisteswelt stark geprägt hat, und damit auch den nationalen Habitus der Deutschen. Aber genauso sicher haben auch die geschichtliche Entwicklung und die spezifische Konstellation der Kräfte in Deutschland Protestantismus und Katholizismus geprägt. Auch französische Katholiken haben verhältnismäßig wenig mit italienischen gemeinsam. Die Gründe für den Verlauf der deutschen Geschichte lassen sich also bestenfalls in der Wechselbeziehung zwischen Religion und den anderen gesellschaftlichen Entwicklungen ziehen.

    Interessant finde ich auch die Tatsache, dass sich katholisch und protestantisch geprägte Länder ganz anders in ihren Kolonien verhalten haben. Während sich Portugiesen, Spanier und auch Franzosen relativ schnell mit ihren Sklaven und auch zum Teil mit der einheimischen Bevölkerung vermischt haben, haben Engländer oder Niederländer in ihren jeweiligen Kolonien eher ein System der Arpeitheid geschaffen. Das soll jetzt auf keinen Fall eine Wertung der verschiedenen Formen von Kolonialismus sein, zeigt aber meiner Meinung nach gerade deshalb, dass man dem "anderen" - Individuum - unabhängig der gesellschaftlichen Gegebenheiten anders gegenübertritt.

  • GW
    Gunnar Wieland

    Selten etwas Dümmeres gelesen.

  • D
    dietah

    "Sie haben keine Hausrats-, geschweige denn eine Lebensversicherung? Sie gehen nicht eher zum Zahnarzt, bis es richtig wehtut? Sie zählen nicht nach, wie viel Geld sich sparen ließe, wenn sie mit dem Rauchen aufhörten? Sie machen keine To-do-Listen? Sie kommen nicht auf die Idee, jemandem zu sagen: "Du schuldest mir noch einen Euro?" Sie machen sich keine Sorgen um das Wohlergehen, sondern sorgen für Ihr leibliches und seelisches Wohl? Kurz und gut: Dann sind Sie katholisch."

     

    Hmmm. Gut, bin ich jetzt nicht stolz drauf...

    Aber.

    Ich bin protestantischer Atheist (Obwohl ich ihre Definitonen recihlich seltsam finde).

     

    Lasst uns einfach mit diesem Religionspopanz aufhören, interessiert doch eh keinen mehr. Macht jeder zuhause, so wie er will.

  • K
    kipala

    Warum lasst Ihr Ahnungslose schreiben? Luther hat keine Haushälterin geheiratet. Seine Ehefrau Katharina von Bora war als junge Nonne aus dem Kloster geflüchtet - und hatte auch nach der Flucht bis zur Ehe nie bei ihm gelebt - sie kam zwischendurch beim Maler Lucas Cranach unter.

     

    Das "Gründungsverbrechen"? Vielleicht haben die Protestanten den Sachveralt doch schon aufgearbeitet, nur dass die ahnungslose Kulturkatholikin davon nichts weiß? Was meint sie - den 30-jährigen Krieg vielleicht, der 100 Jahre nach Luther stattfand? Übrigens hatte zu Luthers Zeit ganz Mitteleuropa kaum 20 Millionen Einwohner.

  • S
    Sheva

    Nachdem ich den Beitrag gelesen habe, bin ich verwirrt. Ich suche die Grundaussage immer noch. Ein Mensch, der einen freien Lebensstil hat wird hier als inkonsequent dargestellt - Begründung?

     

    Grundlage für jegliches Handeln ist der Wille - der mit den passenden Maximen, die man im Laufe seines Lebens ansammelt und formt gefüttert wird.

     

    Wenn eine Maxime konsequent ausgeführt wird - wie zum Beispiel das Streben nach dem eigenen Glück (in welcher Form auch immer das realisiert wird) ist es m.M.n. nicht möglich von diesem ausgehend Menschen zu kategorisieren, da Glück höchst subjektiv ist.

     

    Ich kann Glück empfinden, wenn ich konsequent bin, oder anderen Menschen helfe, oder zu Hause vor der Glotze hänge und mir ein Bier hinter die Birne kippe.

     

    Wie kann man vor einem Hintergrund, der so komplex ist die Menschen kategorisch in Protestanten und Katholiken einteilen?

     

    Ich hab so wenig mit der Kirche am Hut, dass ich jedes Mal neu überlegen muss, ob die Katholiken oder die Protestanten die mit dem Luther waren - so wenig tangiert mich dieses Thema.

    Ich gebe der Autorin den netten Hinweis, von den kulturellen Dogmen ein wenig Abstand zu nehmen und sich vorher ein wenig mit der Philosophie zu beschäftigen. Dann wird das ganze auch ne ganze Ecke "objektiver".

     

    Danke.

  • WF
    Wieland Friedrichs

    Genau, so einfach ist das: 20 Millionen Tote, nur damit Luther seine Haushälterin heiraten konnte. Da haben Sie die Reformation ja im Kern begriffen, Frau Akrap. Ein neuer Höhepunkt geistiger Dünnbrettbohrerei bei der taz.

  • S
    safavi

    Ach, als ob alle Haushalte katholisch oder protestantisch sozialisiert wären. Waren es nicht jetzt 25% der Kinder schon mit Migrationshintergrund? Und von den Migranten sind viele auch aus nicht-christlichen Kulturkreisen. Und in den deutschen Familien sind schon genug aus der 68er-Generation aus der Kirche ausgetreten, so dass viele Teile aus dem Familien-Alltag rausgewachsen ist und neue, vielfältigere Strukturen entwickelt haben. Klar gibt es diese Unterschiede zwischen katholisch und protestantisch und immer noch spielt das in vielen Haushalten noch eine Rolle, aber schon lange nicht mehr in allen.

  • R
    rocker

    habe nur 1/3 des artikels gelesen, mehr nicht nötig. autorin glaubt offenbar an hirngespinste (gott). nicht verwunderlich, dass sie erst vor kurzem aus der kirche ausgetreten ist. bezug von "reiht euch in die demo ein..." zur kirche = absurd. haben reale probleme auf dieser welt. ablenkung = bullshit. ende.

  • H
    hermann

    Chapeau! Grandioser Beitrag! Journalismus dieser Art ist auch bei der taz mittlerweile selten - man denke etwa an gewisse unterirdisch schlecht geschriebene Kolumnen.

  • V
    vic

    Die auf dem Foto, was haben die genommen?

  • NH
    Nikolas Hartmann

    Ein großartiger soziologischer Artikel. Ich werde ihn an der Uni zur Diskussion mitbringen.

     

    Vielen Dank und bitte mehr davon! :)

     

    Ich wurde selbst kulturprotestantisch erzogen und habe dann längere Zeit in Lateinamerika gelebt, wo ich den Katholizismus kennengelernt habe. Ich habe zwar lange gebraucht, um das Verhalten der Katholiken zu verstehen, (und vieles ist mir bis heute unverständlich), aber ich habe in Lateinamerika echte Freude zusammen mit meinen katholischen Freunden erlebt, weil sie mir die schönen Dinge des Moments und der Gegenwart und des Augenblicks gezeigt haben. Das ist genau das, was uns meist ungetauften Kulturprotestanten fehlt, weil wir immer nur an die nächste Prüfung in der Zukunft denken. Wir haben zwar das Kalkulieren, Nachgrübeln und abwägen gelernt. Aber wir haben nicht gelernt, wie man aus der Gegenwart einen wunderschönen Augenblick macht, den man noch lange in Erinnerung behält und sich darüber freut (weil das im Leben eines Kulturprotestanten nicht so häufig vor kommt.)

  • P
    Patrick

    Soll das eine Glosse sein?!

  • SS
    Stefan Scharf

    Interessant Micha ^^

  • B
    bauz

    Bravo, Wahnsinn, Applaus! Sooo will ich das sehen, nicht lange in der Defensive rumtaumeln, sondern volle Kanne in die Offensive gehen.

    Die Zusammenhänge die sie herstellen, haben in meinem Kopf ein ähnliches Geräusch erzeugt, wie dieses Knacken der alten Sternwarten, wenn das Teleskop neu ausgerichtet wird.

    Vielleicht gehört das dazu, wenn man einen neuen Blickwinkel annimmt?

    Vielen Dank Frau Akrap, ich habe nie einen Pfifferling auf den Katholizismus gegeben, wäre aber nach ihrer Definition bestens dafür geeignet.

    Das muß ich jetzt erstmal verdauen!

  • MG
    Mit gutem Gewissen evangelisch

    Vielleicht sollte man mal über das ewige schwarz-weiß Denken und über zu einfache Pauschalisierungen hinwegkommen und den einzelnen Menschen betrachten (und seinen persönlichen Hintergrund) statt eine Religion/Konfession als allzu einfaches Erklärungsmuster zu mißbrauchen!

  • T
    tazitus

    Werte Doris Arkap, werden in ihrem Essay etwa Fakten den Thesen angepasst?

     

    "... und im Europa des 16. Jahrhundert etwa 20 Millionen Menschen starben, damit Luther seine Haushälterin heiraten konnte..." Welch absurde Kausalität stellen Sie denn da her? Ist es ein semantischer Kniff, „weil“ und „damit“ zu "verwechseln"? Und wenn Sie die Millionen Toten des 30jährigen Krieges meinen, der fand im 17. Jahrhundert statt. Sicherlich auch als Folge von Luther, aber lange nach Luther.

     

    "Doch noch immer wird viel zu selten darauf hingewiesen, dass die NSDAP die größte Wählerschaft unter den Protestanten hatte.." Gehts bitte etwa genauer? Das Verhältnis der Wählerschaft im Verhältnis zu den Religionszugehörigkeiten der Bevölkerung würde mich interessieren. Kennen Sie Zahlen?

     

    „..denn der Mensch ist nie mit sich allein und kann alleine nur verzweifeln.“ Da sind Sie dem Mantra der Religionsvertreter aufgesessen. Wenn Sie was Sinnvolles tun wollen, üben Sie doch mal, mit sich allein zu sein, ohne zu verzweifeln. Das hilft bei der Menschwerdung.

     

    Und die Anmerkung zu Frau Käßmann verstehe ich gar nicht. Was war die Verzweiflungstat? Die Alkohohlfahrt? Vielleicht resultierte die ja aus zuviel Leidenschaft.

     

    Nix für ungut.

    Tazitus. (lutherisch sozialisiert)

  • SB
    Stephan Buck

    Selbstverständlich gibt es immer noch unterschiedliche Mentalitäten auf katholischer und protestantischer Seite - ein weites Feld für allerlei Untersuchungen. Selten fand ich allerdings eine solch geballte Ladung Quatsch in einem einzigen taz- Artikel: Warum es kein protestantisches Pendant für Pasolini gibt? Nun, vielleicht einfach deshalb, weil er doch in erster Linie Italiener war? Und wer bitte sind die 20 Millionen Menschen, die wegen Luthers Heirat im 16. Jahrhundert haben sterben müssen - ist mir als Historiker da irgend etwas entgangen?

  • HH
    Hanswerner Herber

    Es hat Lust bereitet diesen Artikel zu lesen. Jetzt dürfen Sie raten, wie es bei uns unterm Sofa aussah...

  • L
    Lars

    Es fällt auf, dass in der "taz" ständig irgendwelche Redakteure zu kirchenpolitischen Themen schreiben dürfen, die weitgehend frei von jeder theologischen, philosophischen und historischen Bildung sind. Aber offenbar wird ja bereits die Herkunft aus einem interkonfessionellen Elternhaus als ausreichende Qualifikation betrachtet ...

  • CW
    carsten wetzig

    zur Überschrift und dem buchstabengebilde protestantismus

     

    Beim protest ist eine antihaltung glücklicherweise kein mus und somit ergibt dieses wort im deutschen keinen sinn.vieleicht gibt es dafür ja im lateinischen eine sinngebende wortkonstellation

     

    ps.hiess ihr vater vieleicht alois

  • J
    Justice

    Mathematisch gesehen habt ihr Jesus vergewaltigt !

  • WH
    Wer hat's erfunden?

    Mal wieder einige Thesen von Nietzsche abschreiben, aber ja nicht verraten...

  • R
    rose

    Entschuldigund,aber sollte Frau Akrap nicht erst mal zur Therapie gehen?Nach dem lesen ihres Artikels habe ich den starken Eindruck,das der Katholizismus nicht unbeschadet an ihr vorbei gegangen ist.Warum ist sie eigentlich bei den Katholiken ausgetreten?Wo sie doch so leidenschaftlich Propaganda für die Pabst-Kirche macht...?

    Ach ja,ich bin in einer protestantisch geprägten Gegend aufgewachsen,habe weder Hausrat-noch Lebensversicherung,weigere mich,einen Fernseher zu besitzen, und hab mehr als genug gestörte Katholiken kennengelernt....Würde um keinen Preis mehr in einer katholisch geprägten Gegend leben wollen...ist der blanke Horror...und die Margot Käßmann find ich allemal besser als den Mixa...kann aber auch daran liegen,das ich Hetero bin! Stehen kath.Priester nur auf kleine Jungs,oder nehmen die auch kleine Mädchen?Würde zumindest einiges erklären!

  • E
    erikius

    Ich fing an den Artikel zu lesen und zu überlegen wie man diesen kommentieren könnte. Aber bei dieser Masse abenteuerlicher Ideen wäre der Kommentar zwangsläufig länger als der Artikel.

     

    Es sei eine Stelle ausgewählt. Die Passage über Paulus ist die Abenteuerlichste. Paulus hat nie das mosaische Gesetz suspendiert. Zu so einem Ergebniss kann man nur kommen, wenn man die Römerstelle aus dem Zusammenhang der Bibel nimmt (eine Praxis den man immer den evangikalen Christen vorwirft, der sogenannte Wortglaube ohne Reflexion - vielen dank für den praktischen Exkurs.)

    Röm. 6,1-2 sagt: "Was wollen wir nun sagen? Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde (die Gnade größer werde?)? 2Das sei ferne! Wie sollten wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben?"

    Damit sei der Gedanke, das Sünde und Gesetz keine Bedeutung mehr haben widerlegt.

    So schlecht wie das Paulus-Zitat interpretiert wird könnte man sich jeden Abschnitt des Artikel vornehmen. Der ausgewählte war aber in der Kürze der Zeit am einfachsten auch fachlich/theologisch zu widerlegen.

    Einen schönen Tag

  • MR
    Maik R.

    ... selten so einen Quatsch gelesen.

  • V
    vic

    Nennt mích Atheist, Agnostiker, Ungläubiger, AntiChrist, Satan, 666 oder sonstwas. Ist mir egal.

    Was mich aber ärgert ist, wenn Leute die keine Ahnung davon haben, behaupten, Menschen wie ich hätten irgend eine Botschaft, oder mit mir stimmte etwas nicht.

    Ich glaube nur nicht, das ist alles.

    Bin mit 16 Jahren ausgetreten und habe meine Konfirmantenbibel dem abendlichen Lagerfeuer geopfert.

    Oh Wunder; ich bin friedlich und sozial, auch ohne einen Gott.

    Und es ist mir egal wie es der Rest der Welt mit seinem Glauben hält.

  • D
    Drifter

    Vielen, vielen Dank, Frau Akrap, für Ihren - im aufklärerischen! - Sinne geistreichen Artikel. Gut Gift und stärkend Elixier zur Purifikation der unablässigen Ausdünstungen des hiesigen Pfaffenpacks und seiner "Schäfchen" hier im Pietistengürtel Baden-Würstchenbergs.

    Ab dafür!

    Drifter

  • H
    H.Klöcker

    Ja und?

     

    Frage mich was so ein Artikel in dem Unterschiede zwischen Katholiken und Protestanten herausgearbeitet werden bewirken soll?

     

    Wäre nicht ein Artikel der auf den Irrwitz überhaupt an irgendein höheres Wesen zu glauben hinweist nicht weit sinnvoller gewesen ;O)

  • AS
    Anselm Schmidt

    "Sie haben keine Hausrats-, geschweige denn eine Lebensversicherung? Sie gehen nicht eher zum Zahnarzt, bis es richtig wehtut? Sie zählen nicht nach, wie viel Geld sich sparen ließe, wenn sie mit dem Rauchen aufhörten? Sie machen keine To-do-Listen? Sie kommen nicht auf die Idee, jemandem zu sagen: "Du schuldest mir noch einen Euro?" Sie machen sich keine Sorgen um das Wohlergehen, sondern sorgen für Ihr leibliches und seelisches Wohl? Kurz und gut: Dann sind Sie katholisch."

     

    Hmm, trifft alles auf mich zu ... und ich bin evangelisch! Verallgemeinerungen rocken...

  • R
    Riin

    Sehr wahr, das alles... hier im Großraum Bielefeld kriegt man jeden Tag die volle Dröhnung protestantische Ethik. Und Leidenschaft ist wahlweise kindisch, arrogant, oder beides. Hahaha...

  • U
    uwe

    Genial, wenn wir es mit Daueranfeindungen nicht schaffen die Religion zu besiegen treiben wir eben einen Keil zwischen Katholen und Protestanten.

  • G
    gungelei

    Sorry, liebe Frau Akrap, für 'ne Glosse zu lang und für's Feuilleton zu fehlerhaft. Zu viel Luise Pusch gelesen und es nicht so genau verstanden ('Haushälterin': erst war die Nonnenversorgung zu deichseln)? Das mit dem 16. und 17. Jahrhundert verwechselt (20 Millionen: erst war die Reformation und dann die Kriege)? Und das mit Max Weber (die Ausgangsthese...) ging leider auch ziemlich schief.

  • A
    Anja

    Toller Artikel! Das ist sie, die protestantisch-deutsche Seele!

  • M
    Mat

    Ach Doris, hättest Du Dich doch nur mal mit dem Protestantismus und seinen Wurzeln beschäftigt... Du hättest erkannt, das gerade der Protestantismus die Gnade betont. "Solo gratia" sagte und meinte Luther. In Abgrenzung zum Katholizismus, der damals noch mehr als heute eine Werkegerechtigkeit lehrte. Deshalb der Ablasshandel. Deshalb der regelmäßige Gang zur Beichte, etc.

    Und wenn Sie den Protestanten vorwerfen, daß sie 20 Millionen Menschen auf dem Gewissen hätten, damit Luther seine Katharina von Bora heiraten konnte, dann sollten sie auch erwähnen, wer diese Leute am Ende getötet hat. Nicht Luther und auch nicht seine Katharina, die übrigens vorher Nonne war und nicht einfach nur Haushälterin (nach der Ehe verwaltete und bewirtschaftete sie die Ländereien eines Klosters in Wittenberg) - und von der katholischen Kirche verfolgt wurde, weil sie zusammen mit anderen Nonnen aus dem Kloster geflohen war.

  • KM
    K. Müller

    Wirklich gut gefallen hat mir der Text nicht. Da ist mir leider zu viel verallgemeinert und an Haaren heran gezogen. Es geht doch nicht wirklich um Zitate von M. Luther oder um vergangene Geschichte, sondern um unsere Gegenwart.

    Mir ist wichtiger zu erwähnen, wie mit Problemen in den Kirchengemeinden umgegangen wird. Ob Probleme unterdrückt werden oder einfach vorbildhaft gelöst werden.

  • R
    Rajolos

    Na ja, der Artikel macht sich ja ganz nett und auf Parties kann man/frau damit sicherlich punkten - aber irgendwie kommt er um einige Jahrzehnte zu spät. Und irgendwie kommt einem auch der Antagonismus katholisch -protestantisch so vor wie der von Realo contra Fundi oder Links- contra Rechts Träger.

  • P
    protestant

    ich hoffe doch stark dass dieser artikel reine satire ist sonst muss ich stark am realitätssinn der verfasserin zweifeln.

     

    zum einen werden menschen schon wieder auf grund ihrer konfession bestimmte eigenschaften oder lebenseinstellungen zugewiesen und mit abstrusen historischen verdrehungen belegt.dies hat in der geschichte zu unmengen von kriegen und zerwürfnissen zwischen menschen geführt, eine solche denkweise darf nicht mehr gesellschaftskonform werden!

     

    darüber hinaus ist die katholische kirche mit ihrem sexismus, ihrem schwulenhass, ihrem verhütungsmittel-verbot, ihrer generellen konservativen Verklemmtheit die Schutzmutter alles reaktionärem und anti-lebensfrohem.

     

    ich bin zutiefst geschockt über diesen spalterischen, unglaublich stupiden artikel.

     

    ich bin protestant, und ich entsage nicht der leidenschaft, ich plane nicht alles vorraus, ich räume nicht meinen schreibtisch auf nachdem ich gearbeitet hab und lege meine klamotten abends über einen stuhl vor meinem bett anstatt sie feinsäuberlich im schrank aufzuhängen, aber mir würde nie die idee kommen dass dies mit meiner konfession zusammenhängt und dass ich stattdessen lieber katholisch werden sollte.

  • P
    Protestant

    Die Autorin sollte sich, wenn sie gerne gegen Luther und die Protestanten wettert auch der theologischen & historischen Grundlagen sicher sein:

     

    Luther bezog sich auf die Paulusexegese Augustins, was sicher diskussionswürdig genug ist (Stichwort: New Perspective on Paul) und die römisch-katholische Kirche bezieht sich viel stärker auf Petrus (via Matthäusevangelium & mittels aposotlischer Sukzession) als auf Paulus. Zugegeben, schwedische Staatslutheraner berufen sich immer noch auf die Sukzession.

     

    Das Landesherrliche Kirchenregiment war leider auch keine Erfindung der Lutheraner, sondern wurde im Augsburger Religionsfrieden als vorher vorhandenes Recht auch den protestantischen Fürsten gewährt. Was daraus wurde wissen wir leider zu genüge.

     

    Und naja, was das Gewissen angeht ist es m.E. eine Form der Emanzipation, wenn der Mensch selbst dafür verantwortlich wird und nicht der Ablasshandel ein Gewissen durch den Gedlbeutel ersetzbar wird.

     

    Und vom 30jährigen Krieg als "Gründungsverbrechen" zu sprechen ist eine Geschichtsverdrehung, die sonst nur deutschen Politikern schlecht zu Gesichte steht, aber in der freien Presse evtl. an sich erkannt werden sollte. Es waren nicht die Protestanten, die den Krieg gesucht haben und nicht die Katholiken, sondern Fürsten, die derb gesagt, dem Kaiser ans Bein p****n wollten.

     

    Was sie dagegen über die Zeit des Nationalsozialismus schreiben, kann und muss ich unterschreiben. Durch den von der Aufklärung im Sinne Preußens vereinnahmten Protestantismus kam es zu einer grausamen Verflechtung von Theologie und Staatsideologie, erst Nationalismus und dann Nationalsozialismus. Dabei gab es in beiden Kirchen auch Leute, die effizienter als Bonhoeffer gearbeitet haben, aber leider nahezu in Vergessenheit geraten oder geraten werden: Hermann Diem, Paul Schempp, die rauchenden Brüder, u.a. leider trotzdem zu wenig andere.

     

    Sie sollten vor solch einem Artikel einfach mal Wolf-Dieter Hauschilds "Lehrbuch zur Kirchen- und Dogmengeschichte" durchblättern. Es wird auch von katholischen Kirchengeschichtlern als Standardwerk anerkannt.

     

    (Ich hoffe dieser Beitrag fällt nicht der chriurgischen Zensur zum Opfer. Die Autorin darf sich gern auch bei mir melden, dann kann ich noch weitergehende Literatur nennen, e-Mail Adresse wird ja immer abgefragt).

  • A
    Atheist

    getretener quark wird breit und nicht stark

  • IK
    Ingo Koll

    Das mit dem Gründungsverbrechen des Protestantismus ist ja originell!! Aber ob eventuell die Autorin Probleme mit der Historie hat? Meint sie mit den 20 Millionen Toten vielleicht den 30-Jährigen Krieg (1618-1648)? Ein Jahrhundert nach Luther (1517) das "Gründungsverbrechen"? Das Gründungsverbrechen des Marxismus ist dann der Stalinismus?

    Aber beim beschriebenen "Kulturkatholizismus" kommt es ja nicht so drauf an . . .