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Kritik an Kreditregeln

Geld Verbraucherschützer fordern Deckel auf Kosten bei früherer Abzahlung von Immobiliendarlehen

Zu verkaufen: Immobilie in Berlin-Kaulsdorf Foto: Detlev Schilke

BERLIN taz | Das Fahrrad war viel teurer als geplant. Doch als diese Einsicht dem Kunden kam, war der Kaufvertrag mit der verlockenden Null-Prozent-Finanzierung des Händlers schon unterschrieben. Also zurück ins Geschäft und die Abmachung widerrufen, wie es bei Krediten überall möglich ist. Doch es ist zu spät. „Verbrauchern fehlt bei unentgeltlichen Krediten ein Darlehenswiderrufsrecht“, erläuterte Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) am Mittwoch. Wird ein Zins verlangt, hat der Kunde dieses Recht.

Gerade bestünde eine gute Möglichkeit, diese Falle aus dem Weg zu räumen: Ende September beraten Bundestag und Bundesrat erstmals einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit der eine Richtlinie der EU umgesetzt werden soll. Dabei geht es eigentlich um Wohnimmobiliendarlehen, doch werden auch Regeln für andere Kredite geändert. Aber von einer Angleichung des Rechts bei zinslosen und kostenträchtigen Krediten will die Bundesregierung nichts wissen. Verbraucherschützerin Mohn vermutet: „Dahinter steckt ein enormer Lobbydruck.“

Im Sinne der Banken sind nach Einschätzung des vzbv auch Neuregelungen bei Immobiliendarlehen gestaltet worden. Das ist zum Beispiel bei den Vorfälligkeitsentschädigungen der Fall: Verkauft ein Eigentümer sein Haus oder seine Wohnung und bezahlt vom Erlös seinen Kredit mit einem Schlag zurück, verlangen die Anbieter dafür einen Ausgleich für entgangene Einnahmen. Viele Institute langen dabei nach Erkenntnis der Verbraucherzentralen unbotmäßig zu. „Zwei Drittel der Berechnungen sind fehlerhaft zu Ungunsten der Kunden“, berichtet Mohn. Das hält sie für besonders problematisch, weil hinter den Immobilienverkäufen oft Menschen in finanziell prekärer Lage stehen.

Die Entschädigungsforderungen der Banken erreichen vier- bis fünfstellige Beträge. Mohn fordert nun eine einheitliche und faire Berechnung der Ausgleichszahlung und eine Begrenzung der Entschädigung auf fünf Prozent der Restschuld. Doch auch davon will die Bundesregierung nichts wissen. „Wir sehen Nachteile bei einer Deckelung“, sagt Matthias Schulz, Sprecher des Bundesjustizministeriums. Kredite mit Zinsbindung würden sich zum Beispiel verteuern.

Unterschiedlich fällt die Bewertung auch beim Widerrufsrecht aus. Bislang können Kunden Verträge unbefristet widerrufen, wenn sie von der Bank über deren Inhalt nicht richtig informiert worden sind. Zwischen 2002 und 2010 war dies in tausenden Fällen so. Der Widerruf kann für die Institute teuer werden. Wohl auch deshalb sind die Informationen seit 2010 durchweg korrekt. Doch die Bundesregierung will die Widerrufsfrist nun auch bei falschen Informationen begrenzen. Nach einem Jahr und 14 Tagen soll sie auslaufen. Das sei „keine Abschreckung mehr“, fürchtet vzbv-Experte Frank-Christian Pauli. „Man wollte einen gerechten Ausgleich zwischen der Kreditwirtschaft und den VerbraucherInnen“, verteidigt Sprecher Schulz die Änderung.

Schließlich kritisiert der Verband die Tatenlosigkeit der Bundesregierung beim Geschäft mit den Restschuldversicherungen. Oft werden Kreditnehmer zum Abschluss einer Ausfallpolice gedrängt. „Es wird suggeriert, ohne Restschuldversicherung kriegt man den Kredit nicht“, sagt Mohn. Doch die Police verteuert das Darlehen, ohne dass viele Kunden dies abschätzen können. Deshalb fordert der vzbv ein „doppeltes Preisschild“ für die Darlehen. Der effektive Jahreszins solle einmal unter Einberechnung der Versicherungskosten, einmal ohne dargestellt werden. Paul Nieltopp

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