Schritt nach Rechts: Junge Union im Stechschritt
Mitglieder der Junge Union sollen nach einer Party im Stechschritt und mit Hitlergruß vor einem links-alternativen Zentrum aufmarschiert sein. Mit dabei: der Ex-CDUler Frank Pillibeit
Es ist der Abend des 30. August 2008. An diesem Samstag feiern junge Leute im Celler Jugendzentrum "CD-Kaserne" eine private Geburtstagsparty. Dabei sind auch Mitglieder der Jungen Union und der mittlerweile parteilose Celler Ratsherr Frank Pillibeit, der wegen seines Flirts mit der rechten Szene vor kurzem aus der CDU gedrängt wurde. Das Bier fließt.
Auf dem Gelände des Jugendzentrums steht auch das von Mitgliedern der links-alternativen Szene selbst verwaltete Bunte Haus. Auch dort wird gefeiert. Irgendwann kommt es zum Eklat. Mitglieder der beiden Gruppen treffen aufeinander und liefern sich einen verbalen Schlagabtausch. Während sich die Jung-Unionisten beklagen, ihr Freund Frank Pillibeit sei als "Scheiß-Nazi" beschimpft worden, berichten die Leute vom Bunten Haus, Pillibeit und seine Anhänger hätten die erste Strophe des Deutschlandliedes gesungen und den Hitlergruß gezeigt. Im Stechschritt seien sie vor das Zentrum marschiert.
"Das ist erstunken und erlogen", sagt Moritz Heitland, der bis vor kurzem Vorsitzender des JU-Stadtverbandes Celle war. Der 21-Jährige räumt zwar ein, dass er bei der Auseinandersetzung dabei war, aber: "Ich habe mit den Leuten geredet, nicht geschrien." Jetzt fürchtet der Soldat um seinen Ruf, obwohl er doch bei der Auseinandersetzung nur geschlichtet habe.
Was genau ablief an diesem Abend, hat kein "Unabhängiger" beobachtet. Und so bleibt die Sache nebulös, steht Aussage gegen Aussage. Zwar ermittelt wegen des Hitlergrußes die Staatsanwaltschaft in Lüneburg. Doch bei der Polizei wollte von Seiten des Bunten Hauses zunächst niemand Anzeige erstatten.
Das könnte allerdings auch damit begründet sein, dass es in den vergangenen Monaten viel Ärger um das Bunte Haus gab, das vielen in Celle ein Dorn im Auge ist. Nicht nur die von Rechtsextremen betriebene "Bürgerinitiative zur Schließung des Bunten Hauses" fordert das Ende des Zentrums. Auch Heitland setzte sich als JU-Vorsitzender dafür ein und wurde dafür von den Rechtsextremen gelobt. Dass das "Bunte Haus" bislang noch weiterbetrieben wird, ist vor allem das Verdienst der SPD-Politiker im Celler Rat.
Man wolle keinen neuem Ärger - schon gar nicht, weil Gegner Konflikte zwischen "rechts" und "links" initiieren, heißt es aus dem "Bunten Haus", dessen Protagonisten alles andere als ein Vertrauensverhältnis zur Polizei haben.
Bleibt die Frage, warum Mitglieder der Jungen Union, also der Nachwuchs der CDU, sich mit Frank Pillibeit umgeben - einem Kommunalpolitiker, der im vergangenen Jahr unter anderem wegen eines Schulterschlusses mit dem österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider zum Parteiaustritt gedrängt wurde. Er halte zwar von Jörg Haider nichts, meint Moritz Heitland, doch er könne "mit Frank Pillibeit gut ein Bier trinken." Schließlich kennen sich die beiden aus alten JU-Zeiten, der 35-jährige Pillibeit war selbst für einige Jahre JU-Vorsitzender.
Seine detaillierte Sicht der Dinge kann Heitland am Freitag dem Vorstand der Celler CDU erläutern. Der hat wegen der Vorkommnisse eine Sondersitzung einberufen und den 21-Jährigen zum Rapport bestellt. Karl-Heinrich Langspecht, Kreisvorsitzender und für die CDU im Niedersächsischen Landtag, will sich dann ein eigenes Bild machen. Dass er aber nicht lange fackelt, hat er bereits im Herbst 2007 unter Beweis gestellt: Langspecht war eine der treiben Kräfte, die Frank Pillibeit zum Parteiaustritt drängten. Für ihn ist im Gegensatz zu Moritz Heitland klar, dass er auf ein gemeinsames Bier mit Ex-CDUler Pillibeit gut verzichten könne, so Langspecht: "Wir sollten uns als Mitglieder der Union mit so etwas tunlichst zurückhalten."
Das sieht auch der Kreis-Vorsitzende der Celler JU, Steffen Weiss, so: "Wir werden ein Ausschlussverfahren einleiten!" Dabei solle dann geklärt werden, ob Heitland und ein weiteres Mitglied für die Jugendorganisation der CDU noch tragbar sind. Der Gastgeber der Geburtstagsfeier, um die sich der gesamte Eklat entwickelt hatte, muss indes keinen Ausschluss mehr fürchten. Er ist bereits vor geraumer Zeit aus der Celler JU ausgetreten. Sie soll ihm zu links gewesen sein.
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