Soldaten-Buch bleibt erlaubt: Verbotsantrag gescheitert
Das Buch eines Soldaten über Kriegseinsätze in Afghanistan und Irak bleibt weiter erhältlich. Das dänische Militär hatte versucht, vor Gericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

STOCKHOLM taz | Der Versuch des dänischen Militärs, das Buch eines früheren Soldaten über seine Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan zu verbieten, ist gescheitert. Ein Gericht in Kopenhagen wies am Montag den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Buchverlag ab. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, für dänische Soldaten oder der Beziehungen zu Verbündeten konnte das Gericht schon deshalb nicht erkennen, weil der Buchinhalt mittlerweile sowieso öffentlich zugänglich geworden sei.
Damit zeigte die Aktion der liberalen Tageszeitung Politiken, die in der vergangenen Woche das gesamte Buch als Sonderbeilage abgedruckt hatte, die – von der Redaktion erwünschte – Wirkung: Das Militär sollte nicht darüber entscheiden, ob in Dänemark ein Buch erscheinen soll oder nicht. Außer in gedruckter Form ist "Jæger – i krig med eliten" in einer elektronischen Fassung über Wiki-Leaks verfügbar.
Das dänische Militär hatte behauptet, das Buch des "Jägersoldaten" Thomas Rathsack könne eine "Gebrauchsanleitung für die Taliban" sein. Sie könnten herauslesen "wie unsere Soldaten denken". Poul Dahl, ehemaliger Chef der fraglichen Eliteeinheit "Jägertruppe" und einer der vom Gericht gehörten Zeugen, hielt diese Einschätzung für lächerlich: "Damit unterschätzt man die Taliban und unsere anderen Gegner aber gewaltig. Die können schon lesen und schreiben."
Vermutlich war es auch weniger die Sorge um die Sicherheit, die das Militär hatte aktiv werden lassen. Dieses war seit dem Frühsommer von den Buchplänen informiert gewesen und hätte Zeit genug gehabt, eine Buchherausgabe zu stoppen.
Offenbar wollte man vermeiden, dass eine neu ausgebrochene dänische Afghanistan-Debatte frische Nahrung bekommt. Anhand der im Buch geschilderten Kriegseinsätze stellt sich die Frage, inwieweit der afghanische Einsatz der "Jägertruppe", deren Auftrag als "Auffinden und Unschädlichmachen von Taliban und al-Qaida" geschildert wird, vom Isaf-Mandat des dänischen Parlaments gedeckt ist.
Es wird zudem von Kampfeinsätzen in ziviler Kleidung statt in Uniform zwecks Täuschung des Gegners berichtet. Laut Jonas Christoffersen, Direktor des dänischen Menschenrechtsinstituts "Institut for Menneskerettigheder" ist das ein eindeutiger Verstoß gegen die Genfer Konvention. Auch Anders Henriksen vom Militärforschungsinstitut "Dansk Institut for Militære Studier" spricht insoweit von einem "eindeutigen Konventionsbruch".
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