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Polizei löst Flüchtlingslager auf"Dschungel von Calais" geräumt

287 Menschen sind bei der gewaltsamen Räumung der Unterkunft am Ortsrand von Calais verhaftet worden. Immigrationsminister Besson sagt, er habe ein Zeichen gegen Schlepper gesetzt.

Der französische Einwanderungsminister Eric Besson sagte, das Gesetz des Dschungels könne nicht ewig währen. Bild: dpa

Die Polizisten kamen im Morgengrauen. Ihr Auftrag: den "Jungle" räumen. Die Flüchtlinge, die in dem Lager am Ortsrand von Calais eine prekäre Unterkunft gefunden hatten, empfingen sie mit einem Spruchband. "Der ,Jungle' ist unser Zuhause", stand - in Englisch und in der afghanischen Sprache Paschtu - darauf: "Wir wollen Asyl und Frieden. Wir brauchen Schutz."

Am Dienstagvormittag waren 287 Menschen festgenommen - darunter 135 Minderjährige. Die meisten stammen aus Afghanistan. Alle nennen Großbritannien als Ziel. Am Mittag machten Bulldozzer die Bruchbuden dem Erdboden gleich. In einer Pressekonferenz erklärte Eric Besson, der französische Minister für Immigration und Nationale Identität, er habe ein Zeichen gesetzt: gegen "Schlepper und Menschenhandel".

Besson hatte die Räumung in der vergangenen Woche angekündigt. Seither erwarteten die Flüchtlinge den Polizeieinsatz gleich nach dem Ende des Fastenmonats Ramadan. In der Nacht zu Dienstag gesellten sich dutzende von humanitären BetreuerInnen und MenschenrechtlerInnen zu ihnen. Auch JournalistInnen waren anwesend. Als der Einsatz begann, leisteten die HelferInnen passiven Widerstand.

Die Flüchtlinge hingegen ließen sich widerstandslos wegtragen. Alle wurden erkennungsdienstlich behandelt. Die Erwachsenen wurden festgenommen, die Minderjährigen in eine Spezialunterkunft gebracht. Die Polizei nahm auch zwei Unterstützer fest.

Nach dem Ende des Polizeieinsatzes freute sich Minister Besson über den "Rückgang der Flüchtlingszahlen" in der Umgebung von Calais. Und erklärte, "mit diesem Einsatz wird es für die Schlepper noch schwieriger, ein Ticket nach Calais zu verkaufen. Denn die Zusage einer Unterkunft ist fester Bestandteil ihres Pakets." Für die Festgenommen kündigte Besson "individuelle Lösungen" an. 180, so Besson, hätten Interesse an einer "freiwilligen Rückkehr" in ihr Heimatland gezeigt. Das von AnwohnerInnen und Flüchtlingen "Jungle" genannte Lager befand sich am Ortsrand von Calais: in kurzer Entfernung zum Ärmelkanal, zum Hafen von Calais und zur Einfahrt in den Tunnel für den Zug Eurostar nach London. Der "Jungle" entstand 2002, nachdem der damalige französische Innenminister Nicolas Sarkozy das vom Roten Kreuz betriebene offizielle Durchgangslager Sangatte geschlossen hatte, in dem zuletzt mehr als 1.400 Menschen untergebracht wurden. Im Laufe der Zeit kamen weitere kleine und heimliche Lager rund um Calais und in besetzten Häusern hinzu. Minister Besson hat angekündigt, dass er alle heimlichen Unterkünfte räumen lassen will.

Bis zum Hochsommer lebten mehr als 500 Menschen im "Jungle". Seither haben zahlreiche von ihnen anderswo Unterschlupf gesucht. Viele sind nach Paris gegangen. In einem Park im zehnten Arrondissement sind hunderte Afghanen auf der verhinderten Durchreise nach Großbritannien gestrandet.

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12 Kommentare

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  • Ich helfe schon seit langem den Menschen in dem Flüchtlingslager in Calais. Keiner spricht dort aber mal von den Versäumnissen der englischen Regierung, die keinen reinlassen wollen. Die überlassen die Problematik mal schön den Franzosen. Wenn wir so agieren würden, hätte die Nachbarstatten aber große Probleme.

  • T
    Trucker

    ich find es okay das diese lager geräumt wurden. fragt man sich ja wo diese leute das geld für das geschlause bis nach calais über haben.

     

    hatte selber schon welche auf meinem lkw. trotz das dieser keine plane hat sondern geschlossen ist. brechen mit aller gewalt die schlösser auf und zerstören die ware.

     

    wenn sowas raus kommt dann kann ich kein mitleid mit den flüchtlingen haben.

  • E
    Elke

    an Kai

    Ihr Kommentar beweist, daß Sie keine Ahnung vom Zuwanderungs- und Asylverfahrensgesetz haben.

  • K
    Kai

    @Elke und auch @ Philipp M: was heißt hier "ernst". Unreflektierte, inhaltslose Floskeln wie "kein Mensch ist..." helfen nicht. Nehmen Sie doch wirklich jemanden auf; der/die hat dann kein Problem mehr. Wieso tun Sie's nicht? Sie werden Ihre Gründe haben. Eben. So gibt es für den Staat und das Gesamtsystem BRD auch Gründe.

  • E
    Elke

    an Kai

    Unglaublicher Schwachsinn! So können keine Probleme gelöst werden! KEIN MENSCH IST ILLEGAL!!!

  • PM
    Philipp M.

    @ Kai

     

    Das kann nicht dein Ernst sein, oder?

     

    Worauf zielst du mit dieser Bemerkung ab? Das es nunmal nicht genug Platz für alle diese Menschen gibt?

     

    Das jeder sein finanziell eh schon schwieriges Auskommen entweder mit einem Flüchtling teilen muss, oder letztere nicht bemitleiden darf?

     

    Sowas bringt keine Lösungen auf Dauer. Unsere, damit meine ich die westlichen Systeme sind für die Armut weltweit verantwortlich, also müssen auch unsere Systeme etwas dagegen tun, bzw. so verändert werden, damit sich die Lage bessert.

     

    Man sollte aufhören mit dem gegenseitigen Rumzicken und anfangen, in größeren Bahnen denken. Zusammen kann man was erreichen!

  • M
    Marc

    @Tobias Schmidt

     

    Auch wenn's hier nicht zum Thema gehört und ich mich der gleichen Verfehlung schuldig mache:

     

    Sicher ist es nützlich, Menschen darauf aufmerksam zu machen, woher bestimmte Begriffe kommen und dass so manche Worte ihren Ursprung im fragwürdigen Wertebild der Vergangenheit haben.

     

    Aber die Worte deshalb so derart zu verunstalten, hat manches Mal tatsächlich lächerliche Züge, hier sei im Allgemeinen zum Beispiel die Verwendung des Wortes "mensch" statt "man" zu nennen. Und das, obwohl das Wörtchen in seiner Entstehung nichts mit dem Begriff "Mann" zu tun hat.

     

    Hier wird teilweise übereifrig versucht, dass Pendel in die andere Richtung zu schlagen.

     

    Das bei der hysterisch-feministischen Korrektur offenbar und vielleicht auch absichtlich (?) negativ besetzte Begriffe ausgelassen werden, war mir bisher noch garnicht so bewußt.

    Danke für den Hinweis, werde in Zukunft viel Spass mit diesem Umstand haben.

  • G
    girlz/boyz

    @Tobias Schmidt:

    gut beobachtet; musste wirklich danach den artikel nochmal lesen. ich schließe mich deinem kritischen kommentar an. wenn schon gleichberechtigung dann richtig.

  • K
    Kai

    Mensch Meier, wenn euch diese Illegalen (ja,ja, ihr wollt ja, das dies niemand ist) so leid tun, dann lebt dies doch auch bitte gleich aus. Nehmt jeweils einen dieser 287 Leute zu euch in eure Wohnung, schreibt dies den französischen Behörden und los geht die gelebte Solidarität. Na, 287 'Helfende' unter euch werden sich doch anbieten?

  • F
    fghhhh

    er hat ein klares zeichen gegen menschenrechte gesetzt!

  • V
    vic

    Ich habe das gestern gesehen. Es waren vor allem weinende, verzweifelte Jugendliche im Bild. Dort lebten die Ärmsten der Armen. Die meisten Flüchtlinge aus Afghanistan. Und dass sie flüchten müssen hat auch mit unserer "Aufbauarbeit" zu tun.

    Der franz. "Einwanderungsminister" sagte gönnerhaft: Die Leute könnten nun Asylanträge stellen. Natürlich in den Ankunftsländern Griechenland und ITALIEN. Italien, da können sie gleich freiwillig ins Meer springen.

    EU = Eiskalte Ungeheuer.

  • TS
    Tobias Schmidt

    Liebe Frau Dorothea Hahn,

     

    es ärgert mich jedes Mal auf neue, wenn ich Artikel lesen muss, welche bis zur Unlesbarkeit mit Wortanhängseln a la Inn oder Innen verstümmelt worden sind.

     

    Sie allerdings scheinen da ein etwas sehr verschobenes Bild von "Gleichberechtigung" zu haben.

     

    In Ihrem Artikel kann ich von "JournalistInnen" und "MenschenrechtlerInnen" (schauen Sie sich das Wort mal an, da bekommt man doch Kopfschmerzen) lesen. Auch "HelferInnen" kommen nicht zu kurz.

     

    Fällt Ihnen was auf?

    Sind alles irgendwie positiv besetzte Begriffe!

     

    Wo bleibt da die Gleichberechtigung für "SchlepperInnen" und "PolizistInnen"?

    Die fehlen in Ihrem Artikel. Scheinbar gibt es nur "Schlepper" und "Polizisten" zumindest in Frankreich.

    Was soll das suggerieren? Böse sind nur Männer aber auf keinen Fall MännerInnen? Oder wie darf man das deuten. (Mal abgesehen davon, dass Polizisten nicht per se "böse" sind. Und außerdem haben Frauen früherer Generationen lange dafür gekämpft in den Polizeidienst aufgenommen zu werden. Diesen stoßen Sie so gewaltig vor den Kopf!)

     

    Ich nenne so etwas "scheinheilig"! Wenn man auf dieses blöde und überflüssige "Inn/Innen" nicht verzichten will/kann, muss man (Frau) da auch konsequent sein und auch negativ besetzte Bezeichnungen durchverstümmeln.

    Wer hat schon von "RaserInnen", "EinbrecherInnen" oder "KinderschänderInnen" gelesen? (Wenn ich mir das recht überlege sind Sie gar keine Ausnahme :) Viel mir nur irgendwie auf in diesem Artikel)

     

    So ist das nur nervig und vor allem unglaubwürdig!

     

    Wenn Sie Ihren Leseren und Ihrer Glaubwürdigkeit einen Gefallen tun wollen, wechseln Sie sich doch einfach von Artikel zu Artikel ab.

     

    Im ersten NUR die weiblichen Bezeichnungen und im nächsten NUR die männlichen. Oder wegen mir immer nur die weiblichen.

    Das würde auf jeden Fall den Lesespaß/Lesefluss erhöhen!

     

    Viele Grüße aus Hamburg

     

    Tobias Schmidt