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Finanzdienstleister schließt FilialnetzKündigungs-Welle bei Versiko

Der alternative Finanzdienstleister Versiko trennt sich von einem Großteil seiner Mitarbeiter. Offen bleibt, ob in Zukunft die angeblich 50.000 Kunden adäquat betreuen werden können.

Einem Großteil der Mitarbeiter wurde gekündigt: Ob die Entscheidung so nachhaltig war wie Versikos Finanzanlagen? Bild: gerhard64/"photocase"

BERLIN taz | Der ökologisch orientierte Finanzdienstleister Versiko trennt sich von einem Großteil seiner Mitarbeiter. "Wir werden unser Filialnetz in zehn Städten schließen. Zum 31.12.2009 haben wir deshalb 70 Handelsvertretern, die dort für uns tätig sind, gekündigt", sagte der Versiko-Vorstandsvorsitzende Alfred Platow der taz.

Auch die Jobs im Versiko-Hauptsitz nahe Düsseldorf werden reduziert. "12 von 39 Vollzeitstellen werden in der Zentrale wegfallen", sagte Platow. Als Grund nennt der Versiko-Chef Kosteneinsparungen sowie eine grundlegende Änderung der Vertriebsmethode: "Wir wollen weg von provisionsorientierten Vermittlern." Ab 2010 sollen nur noch fest angestellte Mitarbeiter von der Versiko-Zentrale aus den Vertrieb von Finanzprodukten bundesweit managen.

Das Unternehmen hat sich seit 1975 eine Nische als Finanzdienstleister geschaffen. Gelder für die Altersversorgung und Versicherungen von Versiko-KundInnen investiert das Unternehmen in Anlagen, die ökologische und ethische Standards erfüllen.

Seit 2002 hatte das Unternehmen ein Filialnetz in zehn deutschen Großstädten aufgebaut und viele akademische Quereinsteiger zu qualifizierten Versicherungsmaklern ausgebildet. Diese arbeiten jedoch als formal selbstständige Handelsvertreter auf Provisionsbasis ohne Festgehalt.

"Das Konzept hat nicht den erhofften Erfolg gebracht", erklärt Platow. Zudem haben die Geschäfte der Versiko AG unter der Finanzkrise gelitten. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist ihr Umsatz im ersten Halbjahr 2009 um 38 Prozent auf 4,7 Millionen Euro eingebrochen.

Versiko-Handelsvertreter zeigen sich von den Kündigungen geschockt: "Uns wird die Existenzgrundlage unter den Füßen weggezogen", erklärte ein Versiko-Makler der taz. Nun steht der Vorwurf der Scheinselbständigkeit im Raum, denn die Versiko-Handelsvertreter waren vertraglich verpflichtet, ausschließlich für Versiko zu arbeiten.

"Nach den jetzigen Ereignissen erweist sich das alternative Auftreten von Versiko als Blendwerk", kritisiert ein anderer Betroffener. Arbeitsstrukturen, Vergütungssystem und Anstellungsverhältnis bei Versiko seien ähnlich hart wie bei den großen Konkurrenten AWD oder MLP. Einen gesetzlichen Anspruch auf Kündigungsschutz oder einen Sozialplan haben die Selbstständigen nicht.

Die Versiko-Vorstände Alfred Platow und Klaus Odenthal wollen aber den Betroffenen persönlich helfen, neue Jobs zu finden. "Wir werden jedem einzelnen gekündigten Mitarbeiter, der dies wünscht, bis zum Jahresende ein konkretes Angebot vorlegen, bei einem anderen Unternehmen in der Branche zu arbeiten", sagte Platow. Ein Betroffener kritisiert jedoch: "Die bislang vorliegenden Angebote sind mit drastischen Gehaltseinschnitten verbunden".

Wie Versiko in Zukunft seine angeblich 50.000 KundInnen mit einer kleinen Kernbelegschaft adäquat betreuen will, bleibt bislang Platows Geheimnis. "Selbst wenn es nur 5.000 Kunden wären, würde das nicht gehen", kritisieren gekündigte Vertriebsexperten. Sie stimmt auch skeptisch, dass es "nicht mal den Versuch gab, das Know-how der Handelsvertreter für Versiko weiter zu nutzen."

So nährt die Restrukturierung eigene Spekulationen: "Vorstellbar ist etwa, dass Versiko seinen Kundenbestand an einen anderen Finanzmakler verkauft", sagten Versiko-Mitarbeiter. Platow dementiert das vehement: "Wir werden mit unserem bewährten Vertriebsprinzip das Geschäft weiterführen und ausbauen."

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12 Kommentare

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  • E
    Ex-Berater

    Vielleicht wird ja auch irgendwann mal beleuchtet, wie Versiko die Berater als akademische Quereinsteiger rekrutiert und vernebelt hat.

    Das einzig Nachhaltige dabei ist die große Anzahl an Beratern, denen nach kurzer Zeit wieder gekündigt wurde, weil sie den Umsatz nicht geschafft haben.

    Die können jetzt sehen, wie sie ihre Schulden wieder zurückzahlen können, die sie bei Versiko haben.

    Ich spreche da aus leidvoller eigener Erfahrung ;o(

  • GM
    Gewinn mit Sinn

    @verial: Hmm, ob das man so eine gute Idee ist, gleich einen Feldzug auszurufen. Finde ich nicht.

    Die Versiko hat sicher viele Macken, aber wo gibt es schon perfekte Zustände?

  • V
    verial

    Und WIE der Fisch vom Kopf(e) her stinkt ! So mancher ahnt es nur, andere wissen es ! Und: bald wissen es ALLE ! Dafür wird gesorgt werden. Die Herren Platow und Odenthal sollten sich warm anziehen !

  • GM
    Gewinn mit Sinn

    @Moralist:

    Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf. Sogar und gerade bei der Versiko.

  • LE
    Lothar Ernnemann

    @ Radünzel: Ich muss widersprechen:

    1. Gab es doch mal einen Aktiensplit (2 neue für eine alte Aktie) - d.h. der Einkaufspreis ist nicht 26€, sondern "nur" 13 € pro Aktie.

    Dem entsprechend steht der Aktionär keineswegs schlechter als der Biertrinker da!

    Im Gegenteil: Will der Aktionär seinen "Schatz" zu Geld machen, beauftragt er online seine Bank - nach Abzug von ein paar Euro Gebühren (die brauchen wirklich JEDEN Cent) ist das Geld auf dem eigenen Konto.

     

    Der Biertrinker hat dagegen drei Probleme:

    1. 1600€ Flaschenpfand bedeuten gut 533 Kästen Bier zu entsorgen - die LKW-Miete dafür frisst mindestens den halben Pfanderlös - es bleiben also nur noch 800€.

    2. Wer 10 Jahre lang täglich 5,5 Flaschen Bier trinkt, hat ein massives Alkoholproblem.

    3. Außerdem hat er mindestens sieben Jahre lang "abgelaufenes" Bier getrunken und ist daher auch sonst nicht mehr gesund.

     

    Fazit: Dem versiko-Aktionär der ersten Stunde geht es deutlich besser, denn er nur keine Haare mehr (vom vielen Raufen) - ist aber sonst gesünder.

     

    Und außerdem: Das Märchen vom "Hans im Glück" ist doch ganz wunderbar und wir sollten dankbar sein, dass wir es noch einmal "nachspielen" durften...

     

    Zum Schluss @ "Moralist":

    Was soll dieser Kommentar? Sind es also die Hippie-Berater der versiko (wer hat denn mit denen die Verträge gemacht??), die "Schuld sind"?

    Und: Was sind bitte "Alt-69er"?

  • M
    Moralist

    Produkte der Versiko AG inkl. der Tochter Ökoworld behandeln die Themen Ökologie, Nachhaltigkeit und Ethik. Mit anderen Worten: Leben von den Erträgen und nicht von der Substanz. Die Berater waren die Substanz des Unternehmens. Nur nützt es nichts, wenn hieraus keine Erträge entstehen, da sich eine Vielzahl der Berater als Alt-69er,

    Idealisten und Weltverbesserer verstehen und weniger als „Verkäufer“. Ja, was für ein böses Wort für einen nachhaltigen Allfinanzdienstleister. Wenn sich jeder einzelne Mitarbeiter eines Unternehmens in Unternehmensbereiche einmischt – und dort mindestens so viel Engagement zeigt, wie jetzt beim Nachschlagen – dann wundert mich gar nichts. Ein Unternehmen, welches nachhaltige Produkte vermittelt, muss noch lange nicht zulassen, dass jeder bei allem mitbestimmen darf wie in einer Räucherstäbchen-Kommune. Und diese gibt es ja nun auch nicht mehr. Warum, dürfte jetzt klar sein!

  • G
    Grünling

    Nach außen große Worte von Ethik, aber innen gegenüber der MitarbeiterInnen Schlecker-Methoden. Vor allem die Aussage des großen Vorsitzenden, man werde wegen des veränderten Kundenverhaltens keine Mitarbeiter mehr auf Provisionsbasis beschäftigen ist eine Farce. Die Provisionen werden jetzt vom Unternehmen eingestrichen denn die Lieferanten zahlen die Provisionen weiter. Auf der Strecke bleiben hier eindeutig die Kunden, die eine qualitativ gute Beratung verdienen. Gott sei Dank gibt es mittlerweile noch mehr Anbieter im ökologisch ethischen Bereich. Am "Pionier" versiko ist diese Entwicklung jedenfalls mit großen Schritten vorbei gegangen. Man hätte durch intelligente Geschäftspolitik und die Erkenntnis, daß die Mitarbeiter das größte Kapital eines Unternehmens sind, Gewinn mit Sinn machen können. Schade, der Slogan war gut.

  • ER
    Enrico Radünzel

    Vor 10 Jahren ging die Versiko-Aktie mit einem Emissiosnkurs von 26 € an den Markt. Heute ist der Kurs bei 2,10 €. Hättest du für 10.000 € Versiko-Aktien gezeichnet, hättesz du heute noch Aktien für 800 €. Hättest du für den gleichen Betrag Flaschenbier gekauft, hättst du jeden Abend 5,5 Flaschen Bier gehabt und heute Leergut im Wert von 1600 €.

  • KM
    K.H. Meiner

    Ich finde es merkwürdig, dass der Vorsitzende Alfred Platow seine Mitarbeiter so schlecht macht. Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass mein Berater auf die Provision schielt - ich wurde aus meiner Sicht fachlich gut und sehr fair beraten.

    Ganz im Gegenteil - ich bekam schon häufiger Werbepost direkt aus der Zentrale. Da ging es überhaupt nicht um meine Anliegen, sondern da wollte die Versiko AG mir irgendwas verkaufen, das ich nicht brauchte.

    Dass dieses Unternehmen nach so langer Zeit immer noch nicht gut aufgestellt ist und der Vertrieb nicht klappt, kann ich zumindest meinem Berater nicht anlasten.

    Ich hoffe, dass er auch im nächsten Jahr diese Arbeit tut. Ich bin doch nicht verrückt und hänge mich als einer von 50000 in eine Telefon-Warteschlange, die von einer Hand voll Call-Center-Agenten bedient wird.

  • HM
    Heiner Müller

    Versiko hat seit 10 Jahren vergeblich versucht, ein Filialnetz aufzubauen. Mit wechselnden Besetzungen.

    M.E. sind die Gründer, Alfred Platow und Klaus Odenthal, nicht in der Lage gewesen, den Aufbau der Filialen erfolgreich zu koordinieren. Die Schließungen sind in erster Linie ihr Scheitern.

     

    Dass die Versiko nicht mehr provisionsabhängig arbeiten will, ist ein Ammenmärchen.

     

    Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Da die Berater ja freie Makler sind, gibt es viele Möglichkeiten der Weiterarbeit, die von Versiko völlig unabhängig sind.

    Da die Kontakte sowohl innerhalb der Versiko-Beraterschaft als auch in die nachhaltigen (Kunden-)Netzwerke sehr gut sind, sehe ich die Zukunft optimistisch.

    Viele Versiko-Berater werden gemeinsam unter einem neuen Dach weiterarbeiten und nachhaltiger sein, als es die Versiko jemals war.

     

    Ihr dürft gespannt sein...

  • V
    versial

    Die in Ihrem Artikel genannten Mutmaßungen kann ich leider nur bestätigen. Denn:

     

    In der jüngeren Vergangenheit wurden bei der Versiko "Fach- und Führungskräfte" in das Unternehmen geholt, um die hier schon länger gährenden Probleme "anzupacken".

     

    Geworben wurde unter anderem mit den hier auch schon genannten angeblich 50.000 Kunden. Jedoch handelt es sich hier bestenfalls um Datensätze, denn der Kundenbestand und die zur Beratung notwenigen Vertragsdaten sind miserabel gepflegt worden.

     

    Ebenso bestand kein Kundenschutz, heißt: Jeder Berater konnte jeden Kunden anrufen. Eine mehr als bedenkliche "Vertriebssituation", denn bedingt durch die hohe Fluktuation, wurden die durchaus in der Vergangenheit wohlgesonnen Kunden dadurch mehrfach in einem Jahr von unterschiedlichen Beratern angerufen.

     

    Der Effekt: Verunsicherung und daraus ableitend die Abwanderung der Kunden zu anderen Vertrieben bzw. Maklern.

    Falsche Voraussetzungen für einen Berater, der langfristig seine und die Existenz seiner Kunden aufbauen und betreuen möchte.

     

    Ideen, welche von erfahrenen und guten Beratern eingebracht wurden, fanden kein Gehör und wurden sogar geblockt. Versprechungen wie u.a. ein für August des letzten Jahres avisiertes Sachportal, wurden erst im März/ April diesen Jahres umgesetzt; wider Willen ! Und dies auch nicht für jeden.

     

    Insgesamt somit eine Situation, welche nicht nur existentiell für die Berater ist, sondern unseriös von einem Unternehmen praktiziert worden ist, welches sich in seinen Unternehmensleitlinien der Moral, der Ethik und des sozialen verschrieben hat.

     

    Es lohnt sich für die schreibende Zunft, hier etwas zu bohren. Allesdings wird hier weniger das Gold, sondern mehr der Schmutz gefunden. Viel Erfolg dabei; lange werden sie nicht suchen müssen !

  • OG
    Oliver Ginsberg

    Die Trennung zwischen Produktentwicklung und Beratung war aus Verbrauchersicht überfällig. Auch nachhaltige Finanzberatung muss sich den Prinzipien von Unabhängigkeit und fachlichen Qualitätsstandards stellen.

     

    Dennoch wird der jetzige Umbruch zunächst eine Lücke hinterlassen. Ein Unternehmen, welches gleichzeitig Faire Beratung, Nachhaltige Orientierung und die notwendige fachliche Kompetenz der Beratungskräfte verbindet lässt sich schwerlich über Nacht aus dem Boden stampfen.

     

    Verbraucherverbände können zwar die notwendige Unabhängigkeit aufweisen. Es mangelt dort aber noch erheblich an der fachlichen Tiefe und Qualifikation, wie das inhaltlich vernichtende Urteil gegen den Ampelcheck Geldanlage der Hamburger Verbraucherzentrale belegt.

     

    Verbraucher/innen werden sich nun selbst wieder die Mühe machen müssen, sich nach geeigneten Beratungskräften umzuschauen, denn ein großer Werbeetat steht den nachhaltig orientierten Beratungskräfte in der Regel nicht zur Verfügung. Dabei wird die Frage nach Provisions- oder Honorarberatung vorerst von untergeordneter Bedeutung sein.