Kommentar zahme NRW-Grüne: Rüttgers grüner Freundesclub
Während die SPD die Sponsoring-Affäre nutzt, um Druck auf Rüttgers zu machen, verhalten sich die Grünen dort mehr als zahm. Sie wollen ihre schwarz-grüne Option nicht belasten.
S elten erlebt man eine Oppositionspartei so zahm wie derzeit die Grünen in der Sponsoringaffäre um den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. Während die Konkurrenz von der SPD die Debatte nach Kräften befeuert, drehen die Grünen rhetorische Pirouetten.
RALPH BOLLMANN leitet das Hauptstadtbüro der taz.
Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck kritisert zwar die Spendenpraxis, will das aber mit Koalitionsfragen nicht direkt in Verbindung bringen. Und die Berliner Fraktionsvorsitzende Renate Künast bringt es sogar fertig, in einem Interview zur Schwarz-Grün-Frage das Stichwort Sponsoring nicht einmal beiläufig zu streifen.
Das zeigt, wie ernst die Sorge bei den Grünen ist. Die Rüttgers-Affäre erwischt die Partei, die sich mit der Düsseldorfer Regierungsbildung endgültig als Dreh- und Angelpunkt des deutschen Parteiensystems etablieren will, zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
Schwächelt die CDU so sehr, dass am Rhein hessische Verhältnisse entstehen, dann wäre das ein Horror nicht nur für Rüttgers, sondern auch für dessen Koalitionspartner in spe. Jamaika haben die Grünen in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen, ein Bündnis mit der fundamentalistischen NRW-Linken würde die Partei vor eine Zerreißprobe stellen, die SPD scheint zu schwach. Also CDU.
Rüttgers nutzte die Gelegenheit seinerseits schon für ein Signal und ersetzte den schneidigen Generalsekretär durch einen bekennenden Schwarz-Grünen, den bisherigen Europaminister Andreas Krautscheid. So ergibt sich eine kuriose Konsequenz: Die Vermietung des eigenen Ministerpräsidenten, die selbst Parteifreunde als "selten dämlich" bezeichnen, lässt Schwarze und Grüne vorerst zusammenrücken. Zumindest bis zur nächsten Enthüllung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies