Absurdes Gesetz in Frankreich: Hosenverbot für Frauen
In Frankreich ist ein altes Gesetz aufgetaucht, das den Frauen das Tragen von Hosen verbietet. Das Hosenverbot ist nicht nur verfassungswidrig – sondern auch immer noch gültig.
PARIS taz | Zugegeben, das Gesetz ist alt. In der Amtssprache der Französischen Revolution ausgedrückt, datiert es vom "26. Brumaire an IX", wobei mit dem Nebelmonat der November gemeint und das neunte Jahr des neuen Kalenders der 1. Republik 1801 meint. So antiquiert wie das Datum ist der Inhalt: "Jedwede Frau, die sich wie ein Mann zu kleiden wünscht, ist gehalten, sich bei der Polizeipräfektur zu melden und eine Bewilligung zu beantragen, die nur aufgrund eines Zertifikats eines Beamten der Gesundheitsdienste ausgestellt werden kann."
Damals sollte verhindert werden, dass revolutionäre Amazonen als Männer verkleidet mit in den Krieg zogen. Nach Napoleons Schlachten und dem Untergang seines Kaiserreichs blieb das frauenfeindliche Hosen-Gesetz in Kraft. Im Archiv der Hauptstadt fand sich ein Dokument, mit dem der Präfekt von Paris der bekannten Malerin und Nonkonformistin Rosa Bonheur die alle sechs Monate zu erneuernde Erlaubnis erteilte, "sich als Mann zu verkleiden, um dergestalt bei Schauspielen, Bällen und in anderen öffentlichen Örtlichkeiten mit Publikum aufzutreten". Auch die Schriftstellerin George Sand musste einen solchen Antrag stellen, damit sie Hosen tragen durfte.
Das Gesetz blieb in Kraft und wurde sogar zwei Mal leicht revidiert, da 1892 und 1909 die Hosen ausnahmsweise für tolerierbar erklärt wurden, wenn die Frau mit einem "Bicyclette" fahren oder ein Pferd am Zügel führen musste… Wer darüber lächelt, dass der Gesetzgeber derartige Kleidervorschriften macht, sollte vielleicht überlegen, was man wohl in ein paar Dutzend Jahren vom Burka-Verbot denken wird, das in Frankreich in Planung und im Nachbarland Belgien bald Gesetz ist.
Und da nie jemand daran gedacht hatte, dieses "nebulöse" Gesetz des Jahres 9 endgültig außer Kraft zu setzen und zu streichen, ist es im Prinzip immer noch gültig! Damit ist Frankreich in schlechter Gesellschaft mit dem Sudan, wo den Frauen das Tragen von Hosen unter Androhung von vierzig Peitschenhieben verboten ist! Als aber ausgerechnet letzten 1. April 2010 eine Gruppe von Abgeordneten einen Antrag einreichte, um diesen alten Zopf zu kappen, der es eigentlich auch heute noch den französischen Frauen bei Strafe verbieten würde, Hosen zu tragen, glaubte einige in der Nationalversammlung an einen schlechten Aprilscherz.
Dabei ist es den Antragstellern sehr ernst. Das Hosenverbot ist nicht nur verfassungswidrig, da die Gleichberechtigung im Grundgesetz garantiert wird, sondern auch ein Paradebeispiel für die von der Geschichte überholten und überladenen Gesetzbücher.
Die Inflation an Gesetzen ist ein typisch französisches Phänomen, das schon der Renaissance-Philosoph Montaigne in seinen "Essays" kritisierte. Nach seiner Wahl versprach 2007 Präsident Nicolas Sarkozy, dem mit einem großen Frühlingsputz in den Gesetzessammlungen abzuhelfen. Dazu ließ er als Erstes ein Gesetz verabschieden. Und damit hat sichs.
Leser*innenkommentare
Christian Alexander Tietgen
Gast
Kein Gesetz sollte sich mit Kleidung beschäftigen. Weder mit Hosen noch mit Burkas.
devrim
Gast
"Damit hat sich´s?" Ist es jetzt also laut Gesetz verboten, künftig ein Verbot gegen das Tragen von Männerhosen zu verabschieden, oder wie? Die grande dame Carla Bruni hat sich ja dann echt schwer durchgesetzt bei ihrem petit chouchou.
Max
Gast
"ist es im Prinzip immer noch gültig! Damit ist Frankreich in schlechter Gesellschaft mit dem Sudan, wo den Frauen das Tragen von Hosen unter Androhung von vierzig Peitschenhieben verboten ist!"
guter artikel, aber so inflationär muss ja wirklich nicht mit ausrufezeichen umgegangen werden.
Dominik
Gast
Ich finde es seltsam und unverschämt, die französische VERFASSUNG Grundgesetz zu nennen.
Stefan
Gast
ZENSUR, Zensur, immer lockt uns nur...
Mein letzter Absatz war ironisch gemeint. Hier die zweite Chance zur Veröffentlichung:
Der vorhersehbare Vergleich mit dem Burka-Verbot ist schon mehr als dümmlich, hat aber immerhin etwas mit Gesetzen und Kleidung zu tun.
Bei dem Hosenverbot ging es darum, die Frauen ggf. von einem selbst gewählten Fortschritt abzuhalten, also sie zu limitieren. Stichwort Emanzipation, okay?
Beim Burka-Verbot geht es darum, eine Limitierung der Frauen zu verhindern, also um einen aufgezwungenen Rückschritt. Stichwort Unterdrückung, okay?
Zwar ein leichter Unterschied, aber was macht das schon, wenn Rudolf Balmer sich über die Spießer, Rassisten und Halb-Nazis lustig machen kann, die sich ernsthafte Gedanken um die Freiheitsrechte aller Frauen machen.
Vielleicht taucht ja noch eine alberne Verordnung zum Umgang mit Steinen auf, die uns genauso lachen lässt wie in ein paar Dutzend Jahren die Leute über heutige "Humanisten", die allen Ernstes die fröhlichen Steinigungen in muslimischen Ländern als bestialisch bezeichnen.
Menschenrechte? Ein einziger Witz!
Menschenrechtler? Lächerliche Trottel!
Vielleicht findet der Autor Balmer einen lächerlichen Vergleich zu meinem Kommentar.
Falls nicht, besteht ja immer noch die Möglichkeit der Zensur, weil ich einen sensiblen Autor, der Gewaltopfer indirekt verhöhnt, etwas beleidigt haben könnte. Da hört der Spaß auf!!!
Nico
Gast
Naja, in gewisser Hinsicht dramatisiert der Artikel meiner Meinung nach etwas...
Natürlich ist es Frauenfeindlich, aber es ist nunmal ein uraltes Gesetz, an das sich heute niemand mehr hält und dessen Nichteinhaltung auch nicht verfolgt wird.
Klar ist das ein Beweis für überfüllte, teilweise veraltete Gesetzbücher, aber dem Staat daraus einen Vorwurf zu machen finde ich etwas unpassend ;)
Vlado Plaga
Gast
Schon beim Lesen des Titels musste ich an einen eindringlichen französischen Film denken, in dem eine Frau gerade das Gegenteil vom Hosentragen fordert: "Heute trage ich Rock!" ("La Journée de la jupe")
http://www.arte.tv/de/Der-Film/2468752,CmC=2454610.html
Sommerträumer
Gast
Vive la France und weg mit jeder Form von Burka! Auch der zweibeinigen!
Lara-Jil
Gast
Zugegeben,Etwas kurios ist das ganze schon
Allerdings ist es aus heutiger Sicht auch etwas strange
das ganze mit Frauenfeindlichkeit in Verbindung zu bringen:
anno 18schießmichtot gab es eben inhaltliche Gründe für das Gesetz, während es Heute eben zu einer bedeutungslosen Kuriosität verkommen ist. Niemand in Frankreich würde doch allen ernstes auf die Idee kommen, Frauen das tragen von Hosen zu verbieten!
Randbemerker
Gast
peinlich, peinlich
Soweit ich mich erinnere haben die Französinnen und Franzosen auch für die aktuelle Verfassung eine verfassungsgebende Versammlung gewählt. Damit dürfte der Begriff Grundgesetz hier ungefähr so unangebracht sein wie der deutsche Verfassungskrüppel, der unter eklatanter Missachtung der GG Präambel vom Dicken und seinen Kumpels mal kurzerhand zur "Verfassung" erklärt wurde.
Also bitte die nachbarliche Verfassung nicht beleidigen, das hat sie irgendwie auch nicht verdient.
"anonym"
Gast
Hinzufügung zu meinem - "anonym" - gestern
am Abend an diese Seite übersendeten Kommentar:
In ähnlicher Weise lächerlich wie das "Hosenverbot"
erscheint uns vielleicht der "Brauch" in einem
"Süden Detuschlands" (wohl nicht in einem "Norden
Deutschlands"), den Portugiesen Antonius "von
Padua" anzurufen, wenn man einen Gegenstand ver-
loren hat.
Aber - ich darf noch fragen: weshalb begleitet der
Engel, welcher Simon Petrus, den Apostel Jesu,
nach dem Tod des "Donnersohnes" Jakobus aus dem
Kerker befreit, Petrus nur "eine Gasse weit"?
"anonym"
Gast
Ich erlaube mir zu sagen, daß mein
Leserkommentar zu Ihrem Artikel "'Bild'
kennt seinen Papst nicht" sich im
ALTEN TESTAMENT auf einen bestimmten Ty-
pus von Kleid bezog. Was das Feuer der
Vestalinnen angeht, so mag daran zu
erinnern sein, daß ein Feuer für Persien
und für Plato ein Gutes repräsentiert,
keineswegs jedoch in gleicher Weise für
Hegel:
[Kopiert vor weniger als einer Stunde:]
Springer-Gegendarstellung
"Bild" kennt seinen Papst nicht
...
VON PETER UNFRIED
...
[Leserkommentar von "anonym" - "05.05.2010":]
Antwort auf "Siegfried Paul Posch" -
"05.05.2010, 11:07" - auf dem Gästebuch
www.graz.at/cms/ziel/340531/DE/
der Stadt Graz
Die Odenwaldschule in Hessen (s. "Wikipedia",
ich zitiere als Mitarbeiter) entschied, daß die
Kinder n a c k t zu turnen hatten: zweifellos in
dem Glauben, man ahme damit die Antike nach.
Wer wenig Erfahrung mit der Nacktheit im
Turnunterricht hat, kann vielleicht das Gewicht
der Sache nur sehr schwer beurteilen. Aber,
nun: gründete nicht die Antike in ganz hohem
Maß auf der Institution der V e s t a l i n n e n ?
Gäbe es eine Stelle im ALTEN TESTAMENT und
eine auslegende im NEUEN TESTAMENT, welche
erklären könnten, warum die Institution der
Vestalinnen in der Antike den Staat trug?
vic
Gast
Na also, faire Lösung. Keine Burka - keine Hosen, und alle sind zufrieden.
Ach...und Baquettes dürfen nicht mehr unverhüllt in der Öffentlichkeit transprotiert werden.
nym
Gast
bei allen durchaus berechtigten Kritikpunkten an einem Verbot des Tragens einer Burka: die Gleichsetzung mit einem Verbot des Tragen von Hosen ist völliger Unsinn. So ist die Grundhaltung dahinter in einem Fall die Angst um mögliche Unterdrückung und Zwang gegenüber Frauen, in dem anderen die Angst vor zuviel Emanzipation.
Ulrich Stauf
Gast
Erstaunlich ..., ich dachte, nur die USA geben sich die Ehre, mit höchst zweifelhaften Gesetzen die eigene Bevölkerung und auch auch das Ausland zu verschrecken!Interessant wäre ja, welchen "Mist" wir bei uns noch so haben ... . Vielleicht wäre ja ganz kräftig an den überkommenen Regeln zu rütteln, die den Staat dazu verpflichten, die Kirchensteuer (erst recht für die katholische Kirche) einzutreiben!
Ihr kosta
Gast
Hosenverbot - Burkazwang!
ich lach mich tot ;-))