Kolumne Luft und Liebe: Wie verrucht, wie aufregend!
Wenn Frauen renovieren, ist das total verrückt. Echt jetzt? Das finden jedenfalls die Leute von „Bauhaus“.
A ch, ich weiß auch nicht. Da prügelt man sich den ganzen Tag die Seele wund im Kampf gegen die letzten Reste des Patriarchats und argumentiert sich den Mund fusselig beim Diskutieren mit schmierigen Sexisten, und dann kauft man sich Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen und sie heißen „Bestboy Patrick“. Dann versucht man sich eine Schnittschutzhose zu kaufen, so eine, die man braucht, wenn man mit einer Kettensäge arbeitet, und es gibt nur Männergrößen, für Leute mit mindestens 1,80 Meter Länge. Ist doch scheiße, alles!
Neulich erst hab ich im Baumarkt wieder alles vollgekotzt, aus Versehen. Ich wollte eine einfache Arbeitslatzhose kaufen, zum Renovieren, mit vielen Taschen für Werkzeug. Es gab aber nur Hosen in Männergrößen, und was weiß ich denn, welche Männerhosengröße ich habe? Die Größen hießen nicht „S, M, L und XL“, sondern „27, 46, 52 und 60“ und ich hatte keine Ahnung. Die Männerhosen gab es mit Latz und ohne, als Overall und mit Kittel dazu, in Weiß, Beige und „Kornblau“.
Ich musste mich ein bisschen totlachen. Was für kleine Eier muss man haben, um aus „Kornblumenblau“ die Blumen zu streichen! Das mit den Größen war blöd, denn es gibt ja keine Umkleidekabinen im Baumarkt. Ich schritt das ganze Regal ab. Und da, plötzlich, ganz am Ende, gab es auch Frauenhosen!
Margarete Stokowski ist Autorin der taz.
Also jedenfalls Hosen mit Größen, die ich kannte. S, M, L und so. In Grau, mit Latz. Eigentlich genau wie die Männerhosen, aber mit der Aufschrift: „Women’s Week by Bauhaus“ (wie „Germany’s Next Topmodel by Heidi Klum“) und „Schneller als Mann denkt“. Das ist aber nett. Kann ich vielleicht auch eine in Neongrün mit Reflektorstreifen kriegen und einen Helm auf den Kopf, mit einem Leuchtschriftzug „Hoppla, hier versucht eine Frau zu renovieren“?
Wie besonders, wie verrucht, wie aufregend, wenn eine Frau eine Schlagbohrmaschine bedient oder einen Betonmischer!
Bei Bauhaus ist das freundlicherweise alles im Programm. Es gibt da nämlich einen „Kids Club“ und eine „Women’s Week“. Schön, wenn an alle Randgruppen gedacht wird. Bei der „Women’s Week“ gibt es Workshops mit Titeln wie „Tapezieren oder Streichen? Schaff’ ich auch alleine!“ oder „Regal anbringen? Mach ich lieber selbst!“ Alles unter dem Motto „Handwerkliche Seminare – für Frauen, die sich trauen!“. Es gibt natürlich auch „Kreative Wandgestaltung“ und „Pflanzenpflege“ und „Lustige Aufbewahrungsschachteln fürs Mutterkreuz selber bauen“. Ach nee, das Letzte doch nicht. Sorry.
Oh Mann. Ich hab dann noch den Fehler gemacht, mir online das Video zu den Workshops anzusehen. Da wird erklärt, dass die Trendarben von Schöner Wohnen toll sind und Fototapeten auch, mit großformatigen Blüten. „Alles, was beim Einrichten und Renovieren der eigenen Wohnung wichtig ist“, das heißt in der Bauhaus-Welt nicht: Dielen schleifen, Decken verputzen, Rohre legen. Sondern: Blümchensticker an die Wand kleben.
Ich hab mir dann meine Hose online bestellt, da gab es auch Tabellen, die sagten, welche Männergröße welcher Frauengröße und welchen Körpermaßen entspricht. Die Hose kam nach zwei Tagen, sie passt perfekt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Hamburg und die Kühne-Oper
Als das Wünschen noch geholfen hat