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Top 10 der Agentur-FalschmeldungenJa, er lebt noch!

Hacker haben den Twitter-Account der AP gekapert und eine Falschmeldung verbreitet. Dabei können das die Agenturen auch ganz ohne fremde Hilfe.

Die Schutzheilige des Nachrichtenwesens. Bild: dpa

BERLIN taz | Wir wissen: Das Internet ist schlimm und gefährlich. Doch Fehler passierten auch schon lange vor Twitter und Hackern, hier unsere inoffiziellen Top 10:

10. „Der Investment-Manager George Soros ist gestorben.“ (Darauf deutete ein letzte Woche veröffentlichter Nachruf der Agentur Reuters hin. Der war vorbereitet und aus Versehen verbreitet worden.)

9. „US Kongressabgeordnete getötet, andere verletzt“ (Den Tod von Gabrielle Giffords ließ Reuters im Januar 2011 nach einer Schießerei in Tucson ebenfalls voreilig verlauten, doch Giffords überlebte.)

8. „Flugzeug mit Dutzenden Menschen an Bord in Sambia abgestürzt“ (AFP im Dezember 2012: Die Agentur hatte eine Übung mit einem realen Absturz verwechselt. Der Fehler konnte kurz darauf korrigiert werden, weshalb den Massenmedien eine Blamage erspart blieb.)

7. „Bayerische Polizei trieb Gewaltopfer Christian S. in den Selbstmord / Erfolgreicher Erfinder von Behörden zu Tode gemobbt“ (DDP, im September 2009, mischte versehentlich eine private Auftragsmeldung unter die normalen Nachrichten)

6. „In der kalifornischen Kleinstadt Bluewater soll es nach einem Bericht des örtlichen Senders vpk-tv zu einem Selbstmordanschlag gekommen sein. Es habe in einem Restaurant zwei Explosionen gegeben, berichtete der Sender.“ (DPA, im September 2009, ging einer groß inszenierten Guerilla-marketing-Kampagne auf den Leim, bei deren Entstehung die taz hautnah dabei war.)

5. „Blitz-Meldung: Chruschtschow tot“ (DPA, im April 1964, hielt ein Gerücht für eine Nachricht, bekam dafür ordentlich Ärger aus Moskau und musste sich aus der sowjetischen Hauptstadt zurückziehen.)

4. „Wir müssen den Krieg in diese Demonstration reintragen“ (Soll ein Redner laut DPA auf einer Anti-G-8-Demo 2007 gesagt haben. Doch aus der englischen Originalrede ging hervor, dass der Redner das Thema Krieg in die Diskussion bringen wollte, um Frieden zu schaffen.)

3. „Als Vergeltung für den Mord an fünf Siedlern in einem jüdischen Kibbuz hat die israelische Armee die Palästinenserstadt Nablus wieder vollständig besetzt.“ (Die AFP gelangte mit dieser Meldung vor allem aufgrund der Missachtung eines entscheidenden Details in die Kritik: Der besagte Kibbuz lag innerhalb der international anerkannten Grenzen Israels – somit waren die Opfer keine „Siedler“, worin Kritiker Folgen für die Bewertung der Morde sahen.)

2. „Xi Jinping fährt Taxi“ (Diese in China skandalöse Neuigkeit – ein Staatspräsident, der auf die Luxus-Limousine verzichtet und sich unters Volk mischt – ließ die Agentur Xinhua vergangene Woche verlauten. Anschließend wurde die Nachricht als Falschmeldung aus dem Netz genommen.)

1. „Der sowjetische Ministerpräsident Kossygin hat in Paris nachdrücklich zu verstehen gegeben, dass Moskau eine Wiedervereinigung Deutschlands unter keinen Umständen akzeptieren will.“ (DPA, im Juli 1966, hat Kossygin falsch verstanden, der nur davon sprach, dass lediglich Verhandlungen und nicht äußere Umstände eine Wiedervereinigung möglich machen könnten.)

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5 Kommentare

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  • M
    Medienethiker

    "bei deren Entstehung die taz hautnah dabei war"

     

    Das ist aber arg verkürzt, siehe: http://www.taz.de/!40828/

  • A
    Agent

    Die Verbreitung von Falschmeldungen gehört doch zu den normalen Aufgaben der "Nachrichtenmacher".

  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    Falschmeldungen passieren nun mal und klären sich meist auch rasch auf. Mark Twain lernte, daß man mit Falschmeldungen aber nicht nur Lücken füllen kann, man kann damit auch die Konkurrenz düppieren, weil die sich wundern, wie man an eine solche Nachrticht gekommen ist.

     

    Allerdings gibt es Evergreens, die viel schlimmer und vor allem blöder sind als Falschmeldungen: Jahrelang und ungezählte Male brüstete sich das Fernsehn mit dem sogenannten "Weltraumspaziergang", der bei 12 tsd km/h stattfände. Das wurde dann quasi als Standardwissen dargestellt.

     

    Da ging dann nur noch die beschissene Gummisaugglocke der Christiansen, die sie "Plöppel" genannt haben wollte, drüber. Spätenstens da war klar, warum sie immer so bescheuert in die Kamera lächelt. Aber doch volksnah!

     

    Dagegen sind Kleber und Konsorten eine echte Wohltat. Danke!

  • R
    R.R.

    Wie wärs noch mit der Reuters-Nachricht, das World-Trade-Center #7 (das dritte!) sei eingestürzt, 30 Minuten BEVOR es dann wirklich einstürzte ?!

  • PH
    Peter Hahn Troll

    Glückwunsch, ganz toller Servicebeitrag!

    Der war so spannend, dass sich beim nächsten Mal ein Top 100 anböte.