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Ost-JerusalemBiden kritisiert Siedlungspläne

Rückschläge für Verhandlungen im Nahen Osten: 1600 neue Wohneinheiten in Ost-Jerusalem wurden genehmigt. Biden will Verhandlungen nach der "Roadmap" von 2003.

Joe Biden am 9.3.2010. Bild: reuters

JERUSALEM/NEW YORK taz/afp | Mit zwei harten Rückschlägen gehen die Palästinenser in die neue indirekte Verhandlungsrunde mit Israel. Im Gegensatz zu Palästinenserpräsident Mahmud Abbas betrachten die USA die zwischen der PLO und Israels Exregierungschef Ehud Olmert erreichten Verständigungen nicht als bindend. Ausgangspunkt soll stattdessen die 2003 vereinbarte "Roadmap" sein, dem vom Nahostquartett (USA, EU, UN und Russland) formulierten "Fahrplan zum Frieden".

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak (Arbeitspartei) genehmigte den Bau von 112 neuen Wohneinheiten in der israelischen Siedlung Beitar Ilit. Die deutlich umfangreicheren Pläne zum Ausbau von jüdischen Siedlungen in Ost-Jerusalem haben indes auch bei Ehud Baraks Verteidigungsministerium Unmut hervorgerufen: Es zeigte sich in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung "verärgert" über die "überflüssige" Ankündigung des Innenministeriums, in dem von ultra-orthodoxen Juden bewohnten Ost-Jerusalemer Stadtteil Ramat Schlomo 1600 Wohnungen zu bauen.

Mit diesem Schritt brüskierte Israel US-Vizepräsident Joe Biden, der dem Land zuvor umfassende Sicherheitsgarantien gegeben hatte. Man hätte mehr Sensibilität während des Besuches eines ranghohen US-Politikers zeigen müssen, sagte der israelische Bauminister Eli Jischai am Mittwoch dem israelischen Rundfunk. Israel habe Biden nicht verletzen wollen.

US-Vizepräsident Biden hatte die Ausbaupläne nicht nur kritisiert, sondern sogar verurteilt. "Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, die Verhandlungen unterstützt und nicht komplizierter macht", heißt es in einer Erklärung des Vizepräsidenten. Der Bau in Ost-Jerusalem beeinträchtige die Bemühungen um Friedensverhandlungen mit den Palästinensern. Israel arbeite seit Monaten daran, ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Verhandlungsparteien zu erreichen. Dies müsse berücksichtigt werden.

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Pläne zum Siedlungsausbau. Damit verstoße Israel gegen internationales Recht, erklärte Ban am Dienstag (Ortszeit) in New York. Die Siedlungsbestrebungen liefen "jeder Entwicklung zu einem durchführbaren Friedensprozess" zuwider.

Bei den Palästinensern besteht kaum noch Hoffnung darauf, in der Regierung des konservativen Benjamin Netanjahu einen Partner für den Frieden zu finden. Nicht die israelische Regierung sei es, der man eine Chance geben wolle, sondern der Initiative der USA.

Auf vier Monate setzt die PLO die bereits im Vorfeld von der Arabischen Liga umrissene Frist für die Gespräche fest. Sollten bis Juni keine konkreten Fortschritte erreicht worden sein, will sich Abbas vor dem UN-Sicherheitsrat dafür starkmachen, dass die Waffenstillstandslinie von 1967 zum Grenzverlauf für den künftigen Staat Palästina erklärt wird. Damit wären die Palästinenser mit Blick auf die geplante, notfalls einseitige Staatsgründung einen guten Schritt vorangekommen.

Auch bei den Israelis herrscht Skepsis. Netanjahu zeigte sich befriedigt, dass die Bemühungen der USA Früchte tragen und hofft, "dass in Kürze direkte Verhandlungen aufgenommen werden". Im Mai 2009 hatte Netanjahu als Bedingung für die Zwei-Staaten-Lösung vorausgesetzt, dass die Palästinenser Israel als jüdischen Staat anerkennen.

Thema während des Treffens mit Biden war auch das iranische Atomprogramm. Die Regierung in Jerusalem schließt ein militärisches Vorgehen nicht aus. Biden bestärkte im Verlauf der gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag die Verpflichtung der USA für Israels Sicherheit. Einen israelischen Angriff auf die iranischen Atomforschungsanlagen lehnen die USA jedoch ab.

Auf der Agenda für die Verhandlungen, bei denen der US-Sondergesandte George Mitchell zwischen Ramallah und Jerusalem pendeln wird, steht zunächst der künftige Grenzverlauf. Ausgehend von der "Roadmap" wird zudem die von Israel geforderte Räumung sogenannter Siedlervorposten zur Sprache kommen sowie der fortgesetzte Siedlungsbau.

"Wenn der israelischen Regierung daran liegt, die Anstrengungen Mitchells zu sabotieren, dann sollten wir mit ihm (Mitchell) darüber reden, und vielleicht von vornherein auf die Verhandlungen verzichten", zürnte Saeb Erikat, Chef des palästinensischen Verhandlungsteams, über die Baumaßnahmen in Beitar Ilit. Erikat sprach von einer "letzten Chance für den Frieden". Bauunternehmer begründeten, dass die Bauten aus technischen Sicherheitsgründen nötig seien, um höherliegende Häuser abzustützen.

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11 Kommentare

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  • A
    Abdull

    und ist jetzt allen klar was Israel ist!?! Sie sind Diebe siehe Siedlungen und Wegelagerer siehe 650 Checkpoints

    Noch mehr Klärung?

  • R
    rugero

    Es ist dasselbe Spiel seit Jahrzehnten: Zu Beginn einer Friedensinitiative startet die israelische Regierung eine Provokation, die die Verhandlungen bald in stocken läßt. Die USA erheben den Zeigefinger und rügen halbherzig, segnen aber gleichzeitig jede Völkerrechtsverletzung ab.

     

    Israel scheint an einer Erhaltung des Status quo mehr interessiert als am Frieden. Es ist leichter schwache zu unterdrücken, als mit gleichberechtigen zu verhandeln.

     

    Zudem braucht Israel ein ständiges Bedrohungspoptential, um die hohen Militärausgaben zu rechtfertigen und die Subventionen aus USA weiterhin zu erhalten.

     

    Solange die USA nicht den Geldhahn zudrehen wird sich gar nichts bewegen, ganz gleich wer gerade Israel regiert.

  • T
    TOM

    Beobachter: Die Israelische Politik sitzt Obama auf der linken Pobacke aus. Wen interessiert dort der Kerl bitte? Israel hat die gleiche Politik schon verfolgt, da war Obama noch nicht einmal in der Politik und wenn lange nach Ihm keiner mehr den Namen Obama überhaupt in den Mund nimmt, wird Israel immer noch die gleichen Spielchen treiben. Es wird völlig überbewertet wer gerade denn in der USA an der Macht sei. Der nächste Präsident wird schon wieder noch freundlicher zu Israel sein (nicht das der jetztige groß unfreundlich wäre)

  • B
    Beobachter

    WIE sehr Israel seine Schutzmacht gedemütigt hat, analysiert sehr trefflich dieser Kommentar:

     

    http://wire.antiwar.com/2010/03/11/analysis-us-hamstrung-on-israeli-settlements/

     

    Obama wurde völlig blamiert von dem "besten Freund der USA".

     

    Überflüssig zu erwähnen, wer für die neuen Siedlungen voraussichtlich sein Haus oder Land wird räumen müssen.

     

    Dieser Staat macht was er will und verhöhnt laut lachend selbst seine engsten Verbündeten!

  • T
    TOM

    Siedlungsstop Siedlungsstop Siedlungsstop Siedlungsstop Siedlungsstop Siedlungsstop....

     

    Weckt mich wenn über was neues geredet werden soll. Da fragen tatsächlich noch einige warum die Palästinenser schon vor Jahren die Lust am Labern verloren haben? Wozu? Damit man permanent das Rad von vorne erfindet. Bin ich überrascht über diese neue Aktion Israels? Nein, habe es erwartet. Ist die USA überrascht und verärgert? Nein, ebenso erwartet

  • H
    Harrun

    Ost-Jerusalemer Stadtteil Ramat Schlomo ... Nun ja, so heißt dieser Ort inoffiziel. Ich denke mal, dass dies aber nur die halbe Wahrheit ist. Dieser Ort ist doch nichts anderes als eine Siedlung und die richtet sich gegen die Palästinenser. Nach dem Recht ist dies eigentlich Jordanien.

     

    Obama wird in meinen Augen langsam unglaubwürdig und die internen Zwistigkeiten in Kabinett Israels ändern nichts an der grundsätzlichen Richtung dort: Diese Häuser werden gebaut und wieder wird der Frieden schwieriger. Aber nach der Obama Rede in Kairo stellt sich doch die Frage, wie ernsthaft die USA in Jersusalem sich selbst treu bleiben - oder ist das alles nur Anküdingung?

  • R
    rose

    Der US-Vizepräsident protestiert...mehr kann er auch gar nicht!Er hat gar keine Möglichkeiten,irgendetwas an den Entscheidungen der israel.Führung zu ändern,auch wenn er wollte.Das wurde ihm auch sehr deutlich gemacht.Oder glaubt da noch jemand,das der Baubeschluss rein zufällig zum gleichen Zeitpunkt wie das Treffen Biden-Netanjahu öffentlich gemacht wurde?

    Sicher,Israel möchte Frieden,aber zu seinen Bedingungen:

    Bedingungslose Kapitulation aller Arabischen Staaten,kein Palästin.Staat,Israel als rein jüdischer Staat vom Mittelmeer bis zum Jordan,"Transfer"aller im israel.Machtbereich lebenden Nicht-Juden in andere Länder...machen wir uns nichts vor,einen Palästinenser-Staat wird es nicht geben!Wenn sowohl die USA als auch Westeuropa ein echtes Interesse an der Zwei-Staaten-Lösung hätten,wäre sie schon längst Realität.

  • M
    mehrdad

    wenn westbank, gaza und ostjerusalem wieder judenrein gemacht werden dürfen, warum sollten dann 1.200.000 muslime in israel und gar 8000 in WESTjerusalem leben dürfen?

     

    nur judenhasser befürworten eine zwei-staaten regelung nach dem prinzip 1 rassistisch gereinigter araberstaat und 1 jüdisch-arabischer staat.

     

    ewnn dann geht nur 2 länder für 2 völker. israel als einziger heimat für die juden und palästina (westbank, gaza, teile ostjerusalems) als 23ste arabische staat der welt.

  • S
    stauffenberg

    Für mich sind diese illegalen Bauvorhaben das steinerne Eingeständnis der Unfähigkeit Israels, gleichberechtigt mit anderen Völkern zusammenzuleben.

    Einerseits werden Palästinenser per windigem Gerichtsbeschluss enteignet und ihr Besitz auf den Müll gefahren, andererseits nimmt sich Israel Baufreiheiten heraus, die selbst den Amis bitter auf den Magen schlagen. Israel hätte ja die Palästinenser fragen können, ob sie in Ost Jerusalem bauen dürfen - aber das ist wohl zuviel verlangt für Siedler, die sich für Auserwählt halten.

  • R
    rugero

    Es ist das alte Spiel seit Jahrzehnten: Zu beginn einer Friedensinitiative startet die Israelische Regierung eine Provokation, die die Verhandlungen bald in stocken läßt. Die USA erheben den Zeigefinger und rügen halbherzig, segnen aber gleichzeitig jede Völkerrechtsverletzung ab.

     

    Israel scheint an einer Erhaltung des Status quo mehr interessiert als am Frieden. Es ist leichter schwache zu unterdrücken, als mit gleichberechtigen zu verhandeln.

  • D
    DenkSchlächter

    Israel braucht Frieden ebenso die Palästinenser. Wie aber soll es zum Frieden kommen, wenn Israel seinen Landraub gegen Völkerrecht, die Palästinenser und gegen alle UN- Resolutionen permanent fortsetzt. Es ist an der Zeit, deutliche Sanktionen gegen Israel zu ergreifen und den US – Streichelkurs gegenüber Israel zumindest auszusetzen. Friede muß her!