piwik no script img

Fragwürdiges CDU-SponsoringIntim mit Rüttgers für 6.000 Euro

Nordrhein-Westfalens CDU verkauft Stände auf ihrem Parteitag für 14.000 Euro an Firmen. Für 6.000 Euro mehr gibt`s einen Plausch mit Regierungschef Jürgen Rüttgers dazu.

Jürgen Rüttgers am 23.01.2010 auf einer CDU-Gremiensitzung. Bild: dpa

Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat versucht, vertrauliche Gespräche mit ihrem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und seinen MinisterInnen an zahlungskräftige Sponsoren zu verkaufen. Für den CDU-Landesparteitag am 20. März hat die Parteizentrale in Düsseldorf Unternehmern in Werbebriefen sogenannte Partnerpakete angeboten, in denen auch "Einzelgespräche mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen" versprochen wurden.

20.000 Euro sollte ein solches "Partnerpaket" kosten. Ein 15 Quadratmeter großer Ausstellungstand ist beim CDU-Parteitag dagegen schon für 14.000 Euro zu haben - allerdings ohne persönliche Unterredung mit dem Regierungschef. Geboten werden dann nur noch ein "Fototermin und Rundgang mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen".

Rüttgers, der am 9. Mai Landtagswahlen zu bestehen hat, distanzierte sich am Sonntag von den Schreiben seiner Parteizentrale. Er habe "die Briefe an die Sponsoren nicht gekannt", ließ der CDU-Landesvorsitzende verkünden. Außerdem habe er seinen Generalsekretär Hendrik Wüst "angewiesen, dies sofort zu beenden".

Die Opposition hält Rüttgers dennoch für käuflich. SPD-Generalsekretär Michael Groschek warf der CDU vor, "sich den Staat zur Beute" zu machen. Der Bundesvize der Linkspartei, Klaus Ernst, hält das CDU-Angebot für "beschämend" und sprach von einer "illegalen Parteispende". Die grüne Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger fragte ironisch, ob die Christdemokraten, wenn schon "nicht käuflich, so doch zumindest mietbar" seien. Und der Chef der SPD-Landesgruppe im Bundestag, Axel Schäfer, rückte Rüttgers gar in die Nähe des Rotlichtgewerbes: "Wenn sich jemand auf Zeit einer nicht bestimmten Zahl von Menschen gegen Geld anbietet, nennt man das im alltäglichen Sprachgebrauch Prostitution", sagte Schäfer der taz.

Die CDU bemühte sich um Schadensbegrenzung. Mit dem Schreiben sei ein "falscher Eindruck" entstanden, den man bedauere, versicherte Parteisprecher Matthias Heidmeier. Allerdings sei lediglich "der Sprachgebrauch in einigen Punkten falsch" - an der auch bei anderen Parteien üblichen Standvermietung wolle man festhalten. Doch hinter den Kulissen muss Rüttgers Generalsekretär Wüst um seinen Job bangen. Die Spekulationen sind nicht die erste peinliche Panne, für die der erst 34-Jährige die Verantwortung trägt. Im vergangenen Jahr musste die CDU einräumen, dass die permanente Beobachtung der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft nicht aus der Parteizentrale in der Düsseldorfer Wasserstraße, sondern mit Steuergeldern direkt aus Rüttgers Staatskanzlei gesteuert wurde.

Im Dezember musste Wüst dann zugeben, unrechtmäßig Zuschüsse des Landtags zu seiner eigenen privaten Krankenversicherung kassiert zu haben. Jetzt lässt die Wut seines Regierungschefs Wüst devot werden: "Ich bedauere ausdrücklich, dass ein falscher Eindruck entstanden ist, und entschuldige mich insbesondere bei dem Vorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalen Jürgen Rüttgers", lässt er seine Pressestelle mitteilen.

Hektisch wird in der CDU-Zentrale nach den Informanten gesucht, die Wüsts Skandale immer wieder weitergeben. Trotz Entlassungen und laufender Arbeitsgerichtsprozesse bleibe die CDU-Geschäftsstelle ein "Intrigantenstadl", sagen Insider in Düsseldorf. "Da kommt jeden Monat was Neues." Sofort entlassen werde Rüttgers sein einstiges Nachwuchstalent aber nicht. Die Generalrevision der Parteizentrale ist auf die Zeit nach den Wahlen verschoben. "Der Generalsekretär ist angeschlagen, die CDU muss selbst entscheiden", sagt Grünen-Chefin Schneckenburger verständnisvoll.

Die Zurückhaltung der Grünen ist verständlich. Wie die SPD vermieten auch sie bei Parteitagen Standflächen. Sprecher beider Parteien versichern, diese viel billiger anzubieten als die Regierungspartei CDU, und beteuern: "Wir verkaufen keine Gespräche." Umsonst sind Stände bei der Linkspartei. "Wir haben kein Interesse, unsere Parteitage zu kommerzialisieren", sagte Sprecher Ralf Michalowsky. "Bei uns kommt sowieso nur ein T-Shirt-Verkäufer, das Neue Deutschland und der Bund konfessionsloser Atheisten."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

9 Kommentare

 / 
  • DD
    Dieter Drabiniok

    War das etwa etwas Neues, was da publik wurde? Kann doch wohl nicht sein, oder?

    Es geht doch schon lange nicht mehr ohne zahlungskräftige Sponsoren für Parteien. Ehrlicherweise sollten Politiker mit Firmenlogos auf ihren Anzügen ihre unabhängigen, nur vom Gewissen getragenen, politischen Entscheidungen den Wählern verkaufen. (Wurde schon 1983 von den Grünen gefordert.)

    Längst sind politische Parteien, die an der Willensbildung des Volkes mitwirken sollen, zu Marken für diejenigen verkommen, die sie sich leisten können.

    Meet a Mietmaul, damit die Demokratie in deren Sinne gestaltet wird. Und Rüttgers will davon nichts gewusst haben? Selten so gelacht!

  • N
    Nils

    Man kann sich nur fremdschämen. Dass allerdings neben der SPD, was ja zu erwarten war, jedoch auch die Grünen kommerzielle Angebote an die Privatwirtschaft machen, um sich ihre Parteitage "vergolden" zu lassen ist doch ein wenig erschreckend.

  • T
    Tsaimath

    Ein weiterer praktischer Beweis das der Beruf des Politikers der von manchen als "zweitältestes Gewerbe der Welt" angesehen wird eben doch sehr große Ähnlichkeit mit dem ältesten Gewerbe hat.

     

    Wie hoch wohl der Aufpreis wäre das Rüttgers für eine bestimmte Anzahl von Tagen den Mund hält?

  • H
    Hugo

    Gemessen an dem, was Ex-Minister wie Fischer & Co für einen Vortrag bekommen, sind das ja echte Schnäppchenpreise.

    Wahrscheinlich geht es in Interessentenzirkeln zu wie auf dem Schulhof: " Tausche einen Fischer gegen vier Rüttgers, acht Guidos und 33 Ramsauers.

  • N
    Niedermüller

    Intim mit Herrn Rüttgers

    6000,- Euronen ist ein bissel zu happig. Macht er auch nur Massagen? Ist da die Stunde billiger?

    Aber im Ernst: Was kostet der ganze Scheißladen CDU?

    Vielleicht findet sich ein Käufer, damit es Deutschland wieder besser geht.

  • J
    joHnny

    so ist er, unser karnevalesker ex-zukunftsminister dr. jürgen rüttgers... willkommen bei rüttgers club

  • R
    rugero

    Wenn man mir 6000 € zahlen würde, würde ich auch mit Herrn Rüttgers essen. Aber umgekehrt ? nee !

  • J
    jimmygjan

    Jetzt kann man einen Ministerpräsidenten schon auf Zeit kaufen oder mieten oder wie soll man es nennen! Wofür gibt es eigentlich die Parteifinanzierung gem. § 18 Parteiengesetz. Ist die CDU denn so "klamm", dass sie ihre Politiker, Ministerpräsident Rüttgers, verkaufen muss. Man könnte je diese Einnahmen auf die staatlichen Zuwendungen nach dem Parteiengesetz anrechnen. Dann kann man wenigstens noch sparen !!!

     

    Darüber hinaus ist es denn so interessant, was ein Ministerpräsident Rüttgers zu sagen hat. Frau Merkel hat schon gewußt, weshalb sie Herrn Rüttgers auf Landesebene "abgeschoben" hat.

  • V
    vic

    Wie hoch ist wohl der Preis dafür, dass sie alle einfach verschwinden?