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Lasten ungerecht verteiltSteuerparadies Deutschland

Einkommensmillionäre führen weit weniger an den Fiskus ab, als sie eigentlich sollten. Solidarisch ist das nicht: Die Mittelschicht muss die Ärmeren allein finanzieren.

Da prickelt der Champagner – in Deutschland geht's den Reichen gut. Bild: dpa

Deutschland ist ein Steuerparadies für Millionäre. Selbst die Reichsten sind weit davon entfernt, den Spitzensteuersatz zu entrichten. Sie können derartig viele Freibeträge und andere Abzugsbeträge beim Fiskus geltend machen, dass sie im Durchschnitt nur 36 Prozent Steuern auf ihr Einkommen zahlen. Dies ergibt sich aus einer Berechnung, die das Statistische Bundesamt für die taz angestellt hat.

Verwendet wurden die neuesten Steuerdaten, die allerdings aus dem Jahr 2005 stammen. Diese Verzögerung entsteht, weil es oft lange dauert, bis die Bürger ihre Steuererklärungen einreichen. Zeit vergeht zudem, bis die endgültige Steuerschuld ausgerechnet ist und die Daten aus den Finanzämtern beim Statistischen Bundesamt eintreffen. Trotzdem ist gerade das Jahr 2005 aufschlussreich, weil dort erstmals alle Stufen der rot-grünen Steuerreform griffen. Offiziell lag der Spitzensteuersatz damals bei 42 Prozent, doch faktisch zahlte diesen Satz fast niemand. Die Topverdiener sparen also Milliarden, wenn man ihre tatsächliche Belastung mit den offiziellen Tarifen vergleicht.

Das Statistische Bundesamt hat die durchschnittlichen Steuersätze berechnet, indem es alle Einkommensbezieher berücksichtigte, die 2005 eine Steuererklärung abgaben. Bisher existierten vor allem Hochrechnungen und Stichproben, die versuchten, den Durchschnitt zu ermitteln. Der Verdacht ist alt, dass Spitzenverdiener weniger zahlen, als nach dem offiziellen Tarif fällig wäre. So hat sich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im vergangenen Jahr einmal angesehen, wie viel die 450 reichsten Bundesbürger an den Fiskus abgeführt haben. Grundlage der Studie war noch das Steuerjahr 2002. Ergebnis: Die absoluten Topverdiener hatten im Durschnitt ganze 34 Prozent an Einkommensteuer gezahlt - obwohl sie im Schnitt ein Einkommen von 22 Millionen Euro erzielten.

Noch mehr Entlastungen

Mit den jetzigen Daten bestätigt das Statistische Bundesamt diese Erkenntnisse. Die Berechnungen dafür waren aufwändig. Drei Wochen dauerte es, um die durchschnittliche Belastung aller veranlagten Steuerpflichtigen herauszufinden.

Der Spitzensteuersatz ist also Makulatur. Doch weitere Entlastungen sind schon in Sicht: Schwarz-Gelb hat auf der Klausur in Meseberg vereinbart, dass es 2011 noch einmal Steuersenkungen für Bürger und Unternehmen geben soll - nachdem auch schon für 2010 rund 8,4 Milliarden Euro an Steuergeschenken beschlossen wurden.

Vor einem Fehlschluss muss man sich allerdings hüten: Auch wenn die Topverdiener nicht den Spitzensteuersatz entrichten, zahlen sie einen großen Teil der Einkommensteuern. Die Progression funktioniert. So bringen die obersten 0,1 Prozent der Steuerpflichtigen bereits 10,1 Prozent der gesamten Einkommensteuer auf; das reichste Prozent steuert schon 22,7 Prozent bei. Umgekehrt zahlt die untere Hälfte kaum noch Einkommensteuern. Im Jahr 2005 trugen die ärmeren 50 Prozent der Bürger noch ganze 6,8 Prozent zum Gesamtaufkommen bei.

Trotzdem muss man kein Mitleid mit den Spitzenverdienern haben. Denn die eigentlichen Lasten für die Bürger entstehen längst woanders. In den letzten zwanzig Jahren haben sich die Gewichte im Steuergefüge völlig verschoben - die Verbrauchsteuern sind stark gestiegen, während die Einkommensteuern fast zur Bagatelle geworden sind.

Dieser Trend zeigt sich in der Steuerschätzung für 2010. Die Einkommensteuer ist nur noch mit knapp 165 Milliarden Euro eingeplant. Faktisch dürften die Einnahmen sogar weit geringer ausfallen, etwa weil die schwarz-gelben Steuergeschenke nicht berücksichtigt sind. Die Mehrwertsteuer hingegen soll rund 180 Milliarden Euro bringen. Weitere große Verbrauchsteuern wie die Benzin- oder die Tabaksteuer dürften noch einmal knapp 60 Milliarden liefern.

Wie stark die Steuern auf Einkommen und Gewinne schrumpfen, zeigt sich besonders im Vergleich zu früher: Bis 1990 machten diese direkten Steuern etwa 60 Prozent des Gesamtaufkommens aus - und lagen damit weit vor den indirekten Steuern wie der Mehrwertsteuer. Doch seither steigen die Verbrauchsteuern stetig und haben die Einkommen- und Unternehmensteuern überholt.

Zudem haben die Millionäre das Glück, dass sie gar nicht oder nur lapidar in die Sozialkassen zahlen. Für die Normalbürger sind jedoch vor allem die Sozialabgaben das Problem. So machen bei einem alleinstehenden Geringverdiener Steuern und Sozialabgaben inzwischen 47,3 Prozent der Arbeitskosten aus, wie die OECD ermittelte. Das ist nach Belgien der zweithöchste Wert aller Industrieländer. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern, das durchschnittlich verdient, liegt die Gesamtbelastung bei 45,2 Prozent. Die Millionäre kommen also billig davon, wenn sie durchschnittlich nur 36 Prozent an Steuern zahlen müssen.

"Peanuts" für Millionäre

Topverdiener müssen sich natürlich auch gegen Krankheit versichern - bei den gesetzlichen Kassen liegt die Beitragsbemessungsgrenze aber nur bei 3.675 Euro monatlich. Das Einkommen darüber wird nicht herangezogen. Für einen Millionär sind das "Peanuts". Meist weicht er allerdings in eine private Kasse aus, wo ihn garantiert der Chefarzt behandelt.

Man kann es auch anders ausdrücken: Die Mittelschicht wird weitgehend allein damit gelassen, die Ärmeren zu finanzieren. Die Geringverdiener könnten sich die Gesundheitsversorgung gar nicht leisten, auf die sie Anspruch haben. Also springt die Mittelschicht ein, während sich die Spitzenverdiener aus dem Solidarsystem verabschieden. Deutschland ist wirklich ein Paradies für Millionäre.

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38 Kommentare

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  • Sehr geehrte Frau Herrmann, toller Artikel, wo kann ich denn die Studie vom Statistischen Bundesamt der ja Grundlage Ihres Artikels ist einsehen?

     

    Grüße Lucas

  • K
    karljosef

    @Von mal reingeschaut:

    Zitat:"Vielleicht sind es aber auch die Billionen die "Taugenichtsen" in den Allerwertesten geschoben wurden?"

     

    wenn ich diese Stammtischsprüche höre....

     

    Ja, es gibt "Arbeitsscheue", aus welchem Grund auch immer!

    Aber:

    wir haben ca. 7.000.000 Hartz IV- Empfänger + ich weiß nicht, wo die "etwas angepasste" Arbeitslosenstatistik jetzt steht, und die alle in eine Schublade zu stecken, ist "etwas" naiv.

     

    Man gehe mal auf ein Arbeitsamt und frage dort Leute, die älter als 45 sind, nach ihren Chancen auf dem normalen Arbeitsmarkt...

    __________________________________________________

    Warum haben wir ein so kompliziertes Steuersystem:

    (Ganz einfach, damit die Steuerberater eine Daseinsberechtigung haben)

    nein, damit Leute, die viel, viel Geld verdienen, möglichst wenig Steuern bezahlen, ist doch ganz einfach!

    Ein Mann an der Werkbank braucht keinen Steuerberater, der Millionär wohl!

    Der Mann an der Werkbank bezahlt automatisch mit jeder Lohnabrechnung,

    der Millionär hat keine Lohnabrechnung!

     

    Wenn ich diese Sprüche aus Berlin schon höre, das relativ wenig Leute einen sehr hohen Anteil am Steuereinkommen haben...

     

    Aus der Zahl die ich am 25.11.2009 15:07 Uhr bereits anführte (43,7% Abgaben für Geringverdiener), die glasklar zeigt, wer hier in Deutschland relativ zum Einkommen die Steuern bezahlt, resultiert hier doch die Frage, wieviel Geld nehmen die oberen 5% eigentlich wirklich ein.

     

    Es müssen Unsummen sein!

  • MR
    mal reingeschaut

    @allesmeineMeinung

    Vielleicht sind es aber auch die Billionen die "Taugenichtsen" in den Allerwertesten geschoben wurden?

     

    Was ich nie begreifen werde, warum macht man nicht ein ganz simples Steuersystem - 15% für Eltern und 25 Prozent für Singels - keine Freibeträge, keine Kilometerpauschalen, keine herbeigerechneten Arbeitszimmer etc. ---ich glaub das wäre zu einfach, weil es sich jeder ausrechnen könnte und wir dann ja Abermillionen für Finanzämter und Steuerhansis sparen könnten.

  • K
    karljosef

    Wie war die OECD-Studie vom Mai 2009:

     

    Ein Geringverdiener bezahlt 47,3% Abgaben (Steuern und Sozialbeiträge)

     

    Das System als "soziale Marktwirtschaft" zu bezeichnen ist doch nur purer Zynismus!

     

    Sozial ist er, vor allem für die unfähigen Banker, die in kürzester Zeit Milliarden vernichtet haben und dann noch Abfindungen in Millionenhöhe kassieren...

  • M
    Micha

    @ Jürgen K.

     

    Sie vergleichen Grenzsteuersatz (bei den FDP Steuersätzen) mit dem Durchschnittssteuersatz, der beim Einkommen tatsächlich gezahlt werden muss.

     

    Hier mal ein Vergleich zwischen den Konzepten(vor der Wahl):

    http://farbebekennen.steuerzahler.de/images/wahlprogramm2.jpg

  • HG
    Holger Gundlach

    Richtig: Schwarz-Gelb hat "Ein Herz für Reiche" und es gibt für "Die oberen Zehntausend" ein "Steuerparadies Deutschland". Aber wenn "Die Legende von der Spitzensteuer" daran festgemacht wird, dass "durch die vielen Freibeträge und andere legale Steuertricks" "selbst Millionäre nicht den offiziell festgelegten Höchstsatz" zahlen, erinnert mich das doch sehr stark an die Zeitung mit den großen Buchstaben - zwar stilistisch anspruchsvoller, aber ebenso platt, polemisch und und Fakten außer Acht lassend. Zu behaupten, selbst die Reichsten seien "weit davon entfernt, den Spitzensteuersatz zu entrichten", liegt auf etwa dem gleichen Niveau wie die Aussage, dass die Erde eine Scheibe sei. Der sog. Spitzensteuersatz (2005: 42 %) ist kein "theoretischer Höchstsatz" auf das Gesamteinkommen von Spitzenverdienern, sondern ein Kind der Steuerprogression; er gilt nur für die Einkommensspitzen, die bestimmte Grenzen des zu versteuernden Einkommens (2005: 52.151 €) übersteigen. Da das darunter liegende Einkommen, auf verschiedene Zonen verteilt, mit 15 bis 42 % besteuert wird, ist völlig klar, dass der Durchschnittssteuersatz auch von "Topverdienern" darunter liegt. Im Übrigen sind "Freibeträge" keine "legalen Steuertricks" für Millionäre, sondern gelten für alle Einkommensklassen.

  • JK
    Juergen K.

    @ micha

     

    Völliger Humbug, den Du da schreibst:

     

    Die FDP entlaset zumindest bis 150 000 Euro per Anno überhaupt nicht:

     

    Single 20 000 E brutto pro Jahr:

    Steuern heute 10 %

    Steuern FDP 15%

    (Steueraufschlag 50%)

     

     

    50 000 Euro pA heute :

    Steuern heute 20 %

    Steuern FDP 25%

    (Steueraufschlag 25%)

     

     

    150 000 E pA

    Steuern heute 30 %

    Steuern FDP 35 %

    (Steueraufschlag 15%)

     

     

    Alles Abgabenrechner Finanzministerium,

    Daten Single keine Kinder Stkl. 1

    FDP : nach Parteiprogramm

     

    Erklär mir nochmal,wen die FDP da entlasten will!

  • A
    allesmeineMeinung

    Vielleicht ist es auch ganz einfach so:

    die Billionen Euro Staatsschulden sind Steuern,

    die von den Geld-im-Überfluss-Besitzern nicht

    erhoben wurden.Punkt.

     

    Was ich von der FDP in ihrer momentanen Konstellation halte, brauche ich ja nicht noch

    extra erwähnen.

  • L
    Leidkultur

    @ vlad der gerechte,23.11.2009 16:22 Uhr

     

     

    Also wenn ich mir deine Antwort durchlese, hat dein derzeit nicht gescheites Einkommen zumindest für ein paar Biere gereicht. Prost.

  • VD
    vlad der gerechte

    @SOLIOSSI-LEIDKULTUR bemängeler...

    wir LEIDEN natürlich wird man da neidisch!

    in ostdeutschland mit 5 mark KV und Totalsubventionierten arbeitsplätzen war das LEID ein ganz GANZ anderes - wenn ich heute geld hab dann teile ich auch und lass es raushängen. nur wenn ich schon wieder im minus bin und monate kein gescheites EINKOMMEN hatte dann kann ich auch nichts aufn KENIPENTISCH schmeissen!!

    wir LEBEN IM ÜBERFLUSS hier in DEUTSCHLAND und nicht im MANGEL nur um den ÜBERFLUSS AUCH ZU VERTEILEN Da MÜSSEN WIR NUN WIEDER DRAN ARBEITEN ...

    oooh man

  • AK
    Andreas Kettler

    @Micha:

     

    Genau, des is der Grund warum man gar net waehlen sollte.

  • AK
    Andreas Kettler

    hmmmm, laut Statistischen Bundesamt, is seit 2006 die Vermoegenssteuer und Koerperschaftssteuer radikal gesunken und war mit 27 Millionen auch 2006 n' ziemlicher Witz.

    Einkommenssteuer und Lohnsteuer sin aber gestiegen um irgendwas 8-9% pro jahr.

     

    http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/FinanzenSteuern/Steuern/Steuerhaushalt/Tabellen/Content75/KassenmaessigeSteuereinnahmen,templateId=renderPrint.psml

     

    Irgendwie interessant.

  • TL
    Thomas L. Koppe

    wie wär's mit dem bedingungslosen grundeinkommen für alle anstatt das entwürdigenden hartz IV für die armen? abschaffung der lohnsteuer, dafür konsumsteuer (mehrwertsteuer) auf mindestens 50% - dann zahlen alle, die konsumieren und da dürfte es kaum ausnahmen geben. so, nun schlagt auf mich ein :-)

  • EN
    einer noch

    @guapito: Da darf ich kurz Deinen Reflex korrigieren: Es ist der Planet, der stinkt! D nicht mehr und nicht weniger.

  • E
    einer

    @Leidkultur:

     

    Ist ziemlich naiv sich ausgerechnet an dem auf dem Steuerbescheid ausgewiesenen Teil "Abgetretenem" aufzuhalten. Hast Du eine Ahnung wie viel Umsatzrendite dein Arbeitgeber macht? Bzw dessen Finanzier? Oder sein Vermieter? ...

    Zieh davon den aktuellen Leitzins ab (ok hier muß man jetzt noch Umsatz- und Kapitalrendite ins Verhältnis setzen) Der Rest geht von Deiner Leistung ab noch _vor_ dem Brutto auf Deinem Zettel.

     

    Der allg beachtete Teil geht großteils für Sozialleistungen, ne Armee, Verwaltung, Polizei, Justiz, Straßenbau und so langweiliges Zeugs drauf, der andere wird wenigstens für tolle Sachen wie Schampus, Ferraris und Privatjets ausgegeben.

     

    Im ernst, ich hab kein Problem mit Steuern zahlen. Guck aufs Netto, das Brutto ist irgendne irreale Zahl zwischen was Du schaffst (als Teil einer Gesellschaft übrigens - ist ne Mischkalkulation) und was Du bekommst. Ist nicht Deins, war nie Deins.

  • F
    Fred

    Ja, guter Artikel, das verlangt nach einer Spitzeneinkommenssteuererhöhung von 6%.

     

    Aber letztlich ist es doch so, dass wir als Konsumenten sämtliche Steuern bezahlen - die sind im Produktpreis genau so enthalten, wie Löhne, Gewinne, irgendwelche Zinsen für Kredite – Werbung - Rechtsanwaltskosten, die anfallen, wenn „renitente Mitarbeiter“ zu kündigen sind – Dienstwagen, Geschäftsessen sonstwo usw.

     

    Und insofern bezahlt auch ein HartzIV Empfänger Einkommens - und Unternehmenssteuer ...

     

    Die einzige Arbeit, die ein Unternehmer für die Steuern leistet, ist, sie in der Preiskalkulation zu berücksichtigen und sie ordnungsgemäß an den Staat abzuführen – woran es mitunter aber wohl hapert.

     

    Es kommt drauf an, was übrig bleibt und da haben Spitzenverdiener in den letzten Jahren drastisch zugelegt, während die Löhne real gesunken sind.

    Lohnempfänger konnten die gestiegenen Abgaben der letzten Jahre nicht über einen höheren Lohn ausgleichen – vom gerechten Anteil am Produktivitätsfortschritt ganz zu schweigen.

     

    Auf jeden Fall müsste gewährleistet sein, dass eine Steuererhöhung der höheren Einkommen nicht zu Preissteigerungen führt – sonst sind wir „Normalbürger“ doch wieder die Dummen.

  • DL
    Dr. Ludwig Pau Häußner

    Auf dem Weg zur einem System der Ausgabensteuer!

    ------------------------------------------------

     

    Frau Ulrike Herrmann stellt folgendes fest:

     

    "In den letzten zwanzig Jahren haben sich die Gewichte im Steuergefüge völlig verschoben - die Verbrauchsteuern sind stark gestiegen, während die Einkommensteuern fast zur Bagatelle geworden sind.

     

    Dieser Trend zeigt sich in der Steuerschätzung für 2010. Die Einkommensteuer ist nur noch mit knapp 165 Milliarden Euro eingeplant. Faktisch dürften die Einnahmen sogar weit geringer ausfallen, etwa weil die schwarz-gelben Steuergeschenke nicht berücksichtigt sind. Die Mehrwertsteuer hingegen soll rund 180 Milliarden Euro bringen. Weitere große Verbrauchsteuern wie die Benzin- oder die Tabaksteuer dürften noch einmal knapp 60 Milliarden liefern."

     

    Frau Herrmanns Folgerung könnte auch lauten: Wir sind (seit 1968, dem Jahr der Mwst-Einführung) auf dem Weg zu einem System der Ausgabensteuer.

     

    Leider deutet Frau Herrmann die Fakten und den Trend mit einem alten Deutungsschema.

     

    Was ist aber notwendig? Da der Einkommenssteuerfreibetrag den Besser- und Großverdienern absolut mehr einbringt als den Durchschnitts- und Geringverdienern, müsste Frau Winkelmann einen MwSt-Freibetrag fordern. Konsequenterweise müsste dieser MwSt-Freibetrag pro BürgerIn über die persönliche Steueridentnummer ausgezahlt werden. Wir hätten damit so etwas wie eine negative Ausgabensteuer.

     

    Bei einem System der Ausgabensteuer wird auch das Einkommen besteuert, nämlich im Moment des Geldausgebens.

     

    Wer 100.000 Euro netto im Jahr ausgeben kann (z. B. Herr Ackermann), der zahlt derzeit 19.000 Euro an MwSt, wer nur 10.000 Euro (z.B. Frau Zimmermann) ausgeben kann nur 1.900 Euro.

     

    Würden wir die MwSt auf EU-konforme 25% erhöhen, wie in Schweden, Dänemark und Ungarn längst der Fall, dann würden im ersten Fall (Herr Ackermann) 25.000 Euro an Steuern fällig und im zweiten (Frau Zimmermann) 2.500 Euro.

     

    Hätten wir einen MwSt-Freibetrag, dann könnte es bei 25% statt bisherigem 19% MwSt-Satz einen MwSt-Freibetrag von 600 Euro im Jahr geben: sowohl für Herrn Ackermann als auch für Frau Zimmermann.

     

    Für Frau Zimmermann wäre eine von 19% auf 25% erhöhte MwSt ein Nullsummenspiel, nicht so für Herrn Ackermann. Dieser würde 5.400 Euro mehr an MwSt - sprich Ausgabensteuer - zahlen, , mehr als das Doppelte, was Frau Zimmermann überhaupt zahlt.

     

    Mehr dazu unter www.unternimm-die-zukunft.de

     

    Im Übrigen wären höhere MwSt und ein ausgezahlter MwSt-Freibetrag auch ein Einstieg in ein bedingungsloses Grundeinkommen.

     

    Eine höhere MwSt und ein MwSt-Freibetrag sind nicht nur demokratisch, sondern auch sozial.

     

    Mal sehen was Frau Ulrike Herrmann dazu meint.

     

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe

  • G
    guapito

    Ist doch alles ganz logisch: Die "Reichen" zahlen so wenig wie möglich, da sie dieses Land doch faktisch beherrschen. Oder glaubt jemand die "gewählten Volksvertreter" würden die Entscheidungen treffen?

    Wenn dieses Land ehrlich wäre, dann würde die unterirdische Merkel abtreten und den Strahlemann Ackermann Kanzler sein lassen.

    Die Bevölkerung interessiert sich mehrheitlich doch nur für den eigenen Konsum, dumpfes Fernsehen und sonstige Belanglosigkeiten. Einer hat hier geschrieben: nach oben buckeln, nach unten treten. So ist es. Am Tag der offenen Tür, rennen die dummen Schäfchen dann zum Kanzleramt und schütteln der "Reichenkanzlerin" die Hand. Wow, Frau Merkel getroffen.

    Deutschland stinkt!

  • E
    einer

    Ein Punkt kommt hier noch gar nicht vor: In der Einkommenssteuer taucht nur der Teil der "Einnahmen" auf, der letztendlich dem Konsum dient (wow, 22Mio/a verprassen!). Was wieder angelegt wird, also weiteren zukünftigen Gewinnen dient, bleibt in der Firma, Holding, whatever.

     

    Und da greift dann folgender Gedanke: An sich ist das ja eine gute Idee, Verbrauch statt Leistung zu besteuern (siehe Ökosteuer).

     

    Das Problem ist, daß da bisher kein sozialer Ausgleich stattfindet. Hat aber mal wer ernsthaft den Gedanken einer "progressiven Mehrwertsteuer" durchdacht? Warum muß denn ein Ferrari zum gleichen Satz besteuert werden wie ein Fahrrad? Bei vielen Produkten ist da der Einzelpreis durchaus zur Bemessung der Progression geeignet. Klar, spätestens beim Sprit hört das auf. Das heißt ja aber nicht das das Konzept gar nicht funktioniert.

     

    Und ob man zum Schampus schlürfen dann wirklich schnäppchenmäßig auf die Bahamas jettet, fragt sich, wenn für das 1st-Class Ticket 300% Abgaben fällig werden ...

     

    wie passend: Um mein Menschsein zu beweisen soll ich "brot" eintippen ;)

  • M
    Martin

    an Typisch:

     

    dieser erwähnte Kommentator hat sich eben gar keine mühe gemacht. er spricht von "verfassungswidriger Doppelbesteuerung", das aber ist quatsch. Doppelbesteuerung ist absolut zulässig, es gibt sie z.b. bei der mineralölsteuer/mehrwertsteuer.

  • L
    Leidkultur

    Ich finde 36% Steuern immer noch sehr viel. Würdet ihr auch alle finden, hättet ihr selbst solch zu versteuernde Einkommen. Alles nur Neider hier. Die Reichen sagen sich doch auch nur: Selber fressen macht fett. Und ihr denkt das doch auch. Oder zahlt hier einer gerne Steuern? Ich würde am liebsten alles für mich behalten. Bin ich ganz ehrlich. Was interesseirt mich mein armer Nachbar? Der interessiert sich auch nicht für mich. Solidarität findet man immer nur gut, so lange man selbst nicht löhnen muss. Tut nicht so gutmenschlich. Euer Geiz fängt doch schon bei der Kneipenrechnung an..ich hab aber nur zwei Pils getrunken, mehr bezahle ich nicht. Im Osten haben wir noch unser Geld auf den Tisch geschüttet, egal ob wir zu waren oder nicht. Da hat man bezahlt, so viel man konnte, mal mehr, mal weniger! Hier ist das abolute Geizhalsland.

  • L
    Lily

    "Soziale Wohltaten" ?

     

    Wer Hartz IV für eine soziale Wohltat hält, muss reich erben oder geerbt haben. Es ist ein Enteignungs- und Schikaneprogramm. Will man dieses minimale Überlebensgeld muss man sich ausziehen und diskriminieren lassen von untauglichen und z. T. sadistischen Sachbearbeitern. Das Ganze hat Ähnlichkeiten mit dem offenen Strafvollzug.

     

    Jetzt sagen Sie sicher: dann geh doch arbeiten. In den 70er Jahren war diese Aussage o.k., heute ist sie zynisch.

  • T
    Typisch

    Es ist doch unglaublich. Da macht sich "Von Vor Veröffentlichung bitte über Hintergründe informieren" 13:34 die Mühe und erklärt die Ursachen, aber die restlichen Kommentatoren lesen nur, was sie lesen möchten.

    TYPISCH DEUTSCH!

  • M
    Martin

    Eines verschweigt der Artikel aber: Nicht nur die Millionäre rechen sich runter, jeder Normalverdiener nutzt auch Pauschalen, Entfernungspauschale und andere Absetzmöglichkeiten. Ist ja auch okay. Interessant wäre also zum Vergleich die Reduktion bei einem durchschnittlichen Steuerzahler. Ich habe bei den Reichen übrigens mit Schlimmerem gerechnet, 36% statt 42% ist doch eigentlich gar nicht so viel weniger.

  • F
    frischer

    Auch ich finde es erstaunlich, dass unter Rot/Grün (@micha - die Linke war nicht in dieser Regierung vertreten!) die reicheren Gesellschaftsteile WENIGER Steuern zahlen mussten als unter Kohl.

    Die Linke ist meines Wissens nach die einzige Partei, die seit Jahren eine Vermögenssteuer fordert.

     

    Das Einkommensmillionäre eine für sie preiswertere Private KV wählen können, schwächt nicht nur die Finanzierungsgrundlage - die Privaten KV´s selbst zahlen auch nichts in die Infrastruktur, also die Krankenhäuser, ein. Dadurch wird es auch immer schwieriger, diese Infrastruktur zu erhalten.

    Das der Chefarzt einem Privatversicherten eine höhere Rechnung schreiben kann, ist höchstens für den laufenden Betrieb vorteilhaft. Das Budget für das Gebäude und das Personal bezahlen hingegen die gesetzlichen Kassen. Also auch hier eine Umverteilung der Lasten von oben nach unten.

     

    "Den Wohlfahrtsstaat begrenzen" heisst nichts andres, als die Kluft zwischen arm und reich stetig zu vergrößern.

    Wieso weiß ich schon jetzt, dass gerade die Konservativen sich beschweren werden, wenn Kriminalität und Gewaltbereitschaft zunehmen?!

  • U
    Uwe

    Hochinteressant.

    Gibt es die Studie irgendwo zum Nachlesen?

  • W
    Westberliner

    Danke an Ulrike Herrmann für diesen Artikel.

     

    Außer "Die Linken" gibt es leider keine Partei im Bundestag, die etwas gegen diese Ungerechtigkeit unternehmen möchte.

  • L
    lvm

    michas märchenstunde

     

    die cdu/fdp-oberen für mittelstand? die haben ein ganz anderes klientel, trotz schöner worte!

     

    aber typisch deutsch: nach oben buckeln und nach unten treten! war so, ist so und wird wohl auch so bleiben!

  • D
    dreddy

    @Micha

    In deiner Schlussfolgerung ist ein Logikfehler denn gerade CDU und FDP sind die Parteien welche die Einkommensmillionäre noch weiter entlasten und damit den Mittelstand zusätzlich belasten wollen. Die Linkspartei ist z.B. für eine Millionärssteuer wodurch eben die Millionäre stärker belasted werden würden. Aus der jetztigen Situation den Schluss zu ziehen den Wohlfahrts- und Sozialstaat weiter abzubauen um so den Mittelstand zu entlasten halte ich für den falschen Ansatz.

  • RH
    Robin Hood

    @Micha

    Wenn man will, dass die Armen noch weniger bekommen und die Mittelschicht - vielleicht - etwas entlastet wird, ja, dann muss man CDU oder am besten gleich FDP wählen. Will man, dass die Mittelschicht weiter alleine das Sozialsystem finanziert und die Reichen weiter entlastet werden, dann wählt man SPD oder die Grünen. Will man, dass die Armen ihren gerechten Anteil bekommen und statt der Mittelschicht die Reichen stärker an der Finanzierung des Sozialstaats beteiligt werden, dann wählt man die Linkspartei.

  • S
    sane

    Genau!

     

    Anstatt die reichen stärker in das Sozialsystem einzubinden - Abschaffung der privaten Krankenkassen, Steuerfinanziertes Sozialsystem mit weniger "Schlupflöchern" im Steuerrecht anyone? Nur ein Vorschlag! - lassen wir die ärmeren mit ihren Problemen allein damit die "Mittelschicht" sich auch mal ne S-Klasse leisten kann statt in nem popeligen VW cruisen zu müssen.

     

    Genial

     

     

     

     

     

    NOT!

     

    Ich bin traurig mit Ihnen die Eigenschaft "Angehöriger der Mittelschicht" teilen zu müssen.

  • H
    öhm

    @Micha: Wie man nach Lektüre dieses Artikels genau diesen Schluss ziehen kann, ist mir ein Rätsel.

     

    Mehr Entlastungen für Unternehmen (z.B. wenn Beiträge nicht mehr 50/50 geleistet werden müssen), Steuergeschenke, von denen ein Großteil der Bevölkerung eh nichts hat und die Reichen, die mit Schwarz-Geld garantiert nicht mehr zahlen werden müssen als die erwähnten 36%.

  • JK
    Juergen K.

    Ziemlich interessant ist auch die Argumentationsreihe :

     

    Zitat "So bringen die obersten 0,1 Prozent der Steuerpflichtigen bereits 10,1 Prozent der gesamten Einkommensteuer auf".

     

    Wenn wir eines wissen:

     

    Vor Gott und dem Finanzamt sind wir alle allein!

     

    Aber offensichtlich darf sich "die Gruppe der Spitzenverdiener" hier solidarisch zusammenschliessen !

     

    Wie wäre es denn,

    wenn Brötchenverkäuferinnen in der Summe höchstens "...."

    und Maurer höchstens "...."

     

    Und wie wäre es wenn alle anderen "ausser den Spitzenverdienern "

    einfach mal nur 10 % des gesamtaufkommens zahlen?

     

    Und die Spitzenverdiener 90%.

  • JK
    Juergen K.

    Ob das SOLIDARISCH ist oder nicht, ist wurscht.

     

    Solidarität ist mit dem Wegfall nach Forderung von Verteilung der Arbeit seit dem Zeitalter der Rendite eh nicht mehr in.

     

    Relevant ist einzig die Gesetzeslage.

     

    Einkommensmillionäre haben nicht nur solidarisch, sondern verstärkt zur Leistung herangezogen zu werden;

     

    nach dm Grundgestz.

     

    Irrsinniger Weise hat jedoch bei Wahlen die MittelSCHICHT für eine Freistellung des MittelSTANDES votiert.

     

    Der gemeine FDP Wähler mag hier bei Gelegenheit

     

    (http://www.google.de/#hl=de&source=hp&q=definition+mittelstand+hamburg&btnG=Google-Suche&meta=&aq=f&oq=definition+mittelstand+hamburg&fp=bcbbe29aaa5468)

     

    seine Gruppenmitgliedschaft überprüfen.

     

    Der eine oder andere wird erstaunt sein.

    Wenn er denn doch nur zur Mittelschicht gehört.

  • R
    ryba

    Micha: FDP, CDU,SPD, Grüne...ist doch alles dasselbe...Deshalb kann ich deiner Logik nicht sehr gut folgen...

  • FR
    Frank Rademacher

    Ein erstklassiger Beitrag. Ein großes Lob an die TAZ. Der Beitrag entlarvt dieses ständige Argument, die Reichen würden den größten Teil der Einkommensteuern bezahlen, als Unwichtig.

    Anders ausgedrückt, nur einen sehr geringen Anteil der Gesamtabgaben für Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge tragen die Reichen. Zwar extrem ungerecht im Verhältnis zu ihrem Vermögen.

    Eine Vermögenssteuerabgabe ähnlich wie in England oder USA könnte da Abhilfe schaffen. Auch das Schweizer Modell, wonach alle Einkunftsarten (Z.B. Zinsen, Mieteinkünfte etc.) der Sozialversicherungspflicht unterworden werden, ist zielführend, die Lasten gerechter zu verteilen.

     

    Die Ungerechtigkeit in Deutschland ist eine zum Himmel schreiende. Kein Wunder das inzwischen nur noch 40% der Bevölkerung in Deutschland an eine Demokratie glauben.

  • VV
    Vor Veröffentlichung bitte über Hintergründe informieren

    Dass Millionäre oder Milliardäre nicht auf 42 % steuern kommen können, ist logisch. Divideneinkünfte etwa wurden 2005 nur zur Hälfte besteuert, weil eine Besteuerung der GmbH bzw. AG Gewinne je bereits auf Ebene der Kapitalgesellschjaft stattgefunden hat und es ansonszen zu einer verfassungswidrigen Doppelbestuerung käme (heute etwas mehr, 25 % Abgeltungsteuer). Zudem werden bei Einkünften die im Ausland erzielt werden, die im Ausland nachweislich gezahlten Steuern auf die dt. Steuerschuld angerechnet, wieder um verfassungswidrige Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Da beide Sachverhalte gerade bei "Reichen" häufig anzutreffen sind, ist ein Steuersatz in der Nähe des Spitzensteuersatzes faktisch ausgeschlossen, obwohl die dt. Nichtdividenden-Einkünfte sehr wohl mit 42 % + Soli besteuert werden.

     

    Mfg

  • M
    Micha

    Dies ist der Grund wieso man als Angehöriger der Mittelschicht besser CDU oder FDP als SPD oder Linkspartei wählt.

    Die sozialen Wohltaten werden von der Mittelschicht bezahlt. Dies hat auch Rot/Grün nicht geändert. Wenn man von seinem Einkommen noch was behalten will, muss man die wählen, die den Wohlfahrtsstaat begrenzen wollen.