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Schicke Lofts ohen KäuferCarlofts werden ausgebremst

In den "Carlofts" in Kreuzberg will keiner wohnen. Linke AktivistInnen bejubeln schon die Pleite des Luxusprojekts. Die Betreiber hoffen auf Greenwashing.

Die Carloftpräsentation im Internet Bild: carloft

Das Luxuswohnprojekt "Carloft" Kreuzberg ist offenbar ein Riesenflop. Von den elf Lofts in der Reichenberger Straße, bei denen man das Auto mit in die Wohnung nehmen kann, konnten bislang nur zwei vermietet werden, erklärt die Pressesprecherin der zuständigen Business Network Marketing- und Verlagsgesellschaft, Corinna Kaspar, der taz.

Ursprünglich sollten die vor ein paar Monaten fertiggestellten Wohnungen als Eigentum in der Preislage von 500.000 bis 1.500.000 Euro verkauft werden. Die Firma CarLoft® GmbH, die zwei Architekten gehört, hat sich die Idee der "Carlofts" sogar in 39 Ländern patentieren lassen. Noch vor knapp einem Jahr jubelte Autobild, es seien bereits sieben Lofts verkauft und es gebe InteressentInnen aus aller Welt. Nun räumt Kaspar ein, dass ein paar Wohnungsinteressenten vom Kauf zurückgetreten seien. Auch habe es durch die Insolvenz des Generalunternehmers Wiemer & Trachte vor mehr als 18 Monaten Verzögerungen im Bauverlauf gegeben.

In dem linken Internetportal Indymedia wird schon von der Investitionsruine Carloft gesprochen. Als Gründe werden dort genannt: "ein nicht erlahmender direkt gegen das Gebäude gerichteter Aktivismus, die öffentliche Thematisierung der ungeliebten CarLofts, die Unterstützung aus dem Kiez und der Zusammenhang mit dem Thema steigender Mieten". Tatsächlich war das von KritikerInnen als Symbol für die Gentrifizierung in Kreuzberg angesehene Projekt in den vergangenen Monaten wiederholt Ziel von Farbbeutelattacken und Steinwürfen.

Kaspar nennt allerdings andere Gründe für die Vermarktungsschwierigkeiten. "Die internationale Finanzkrise ist bei Projektentwicklern und Bauträgern, aber auch bei CarLoft-Käufern eher präsent als Aktionen linksradikaler Gruppierungen, denen wir übrigens stets den direkten Dialog angeboten haben."

Einige KritikerInnen des Projekts würden dieses Angebot wohl auch annehmen. Markus Runge, der stellvertretende Geschäftsführer des Nachbarschaftshauses Urbanstraße, das für die Stadtteilarbeit in der Reichenberger Straße zuständig ist, spricht von Differenzierungen bei den Carloft-KritikerInnen. Er sei von einer Bewohnerin der Reichenberger Straße, die in einer Initiative gegen Gentrifizierung aktiv war, um Vermittlung gebeten worden. "Die ständige Polizeipräsenz und Überwachung rund um das Carloft werden von vielen NachbarInnen als störend und bedrohlich empfunden", so Runge zur taz. Er habe mit dem Carloft-Geschäftsführer gesprochen und stehe für Vermittlungsbemühungen weiterhin zur Verfügung, betonte er. Zurzeit gebe es allerdings keine weiteren Gespräche.

Ein geplantes Picknick vor dem Carloft, das von einigen AnwohnerInnen als deeskalierende Maßnahme geplant war, wurde wieder abgesagt. "Es soll der Eindruck vermieden werden, dass es den Nachbarn bei ihren Vermittlungsbemühungen um Akzeptanzwerbung für das Carloft geht", betont Runge. Auf einem Straßenfest von AnwohnerInnen der Reichenberger Straße soll am 18. Juli über den weiteren Umgang mit dem Luxusprojekt beratschlagt werden. Die Carloft-Geschäftsführer und -bewohnerInnen sind dazu allerdings nicht eingeladen worden.

Während die GentrifizierungskritikerInnen schon die Carloft-Pleite feiern und von Verlusten in Millionenhöhe für die Investoren sprechen, sieht Corinna Kaspar, die diese Zahlen nicht bestätigen will, die Rettung durch Greenwashing. "Wir führen derzeit Kooperationsverhandlungen mit Herstellern von Elektromobilen und Elektrokonzernen, denn das abgasfreie Fahren und vor allem das unkomplizierte Aufladen von Elektromobilen auf der Etage ist etwas, was derzeit nur in CarLoft-Wohnungen möglich ist." Ein Nachbar bezweifelt das. Schließlich könnten Steckdosen für Elektroautos in jede Garage eingebaut werden.

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15 Kommentare

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  • H
    Hans

    @Josef Tura

    Installieren Sie einfach ein Plugin namens Binnen-I be gone, dann nerven diese Innenmajuskeln nicht mehr. :)

  • U
    Ulrich

    Mit der Toleranz scheint es bei manchen Berlinern wohl nicht weit her zu sein. Dafür greifen sie umso selbstverständlicher nach der Sozialhilfe und richten es sich in ihrem Kiez gemütlich ein. Zahlen darf der Westen. Schuld sind immer nur die anderen an diesem Dilemma. Da sind die Carlofts ein praktisches Ventil zum Ablassen allen Frusts gegen die ach so böse Gesellschaft, die ihnen jedoch ihr Leben im runtergekommenen Kiez erst ermöglicht. Alles in Einem eine traurige Vorstellung, welche die Ultralinken und Autonomen da aufführen. Eine Vorstellung, die man nicht auch noch beklatschen sollte. Ich wünsche den Carloftmachern Erfolg - auch bei der Ikonisierung des Autos. Denn jeder kann, wie er mag. Aber evtl. nicht mehr in Kreuzberg -dort, wo man scheinbar keinen Schritt vorwärts machen will...

  • MR
    maya reiner

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    Herr Reitzle hat in München eine solche Wohnung, 6. Stock mit Dachterrasse und 4 Stellplätzen mit bester Aussicht - Argument Sicherheit für sich und die Seinen, zu denen die Autos zählen. 4 x 28 qm auf dem 6. Stock + 5 x 13 qm für den Aufzug, also ca 175 qm zu Münchner Höchstpreisen. Ein solches Klientel wird es immer geben.

     

    Das carloft als Zukunftsmodell zu bezeichnen ist jedoch unsinnig und gesellschaftlich nicht wünschenswert. Vergleich Kinderzimmer: 10 - 12 qm pro Kind. Im Wohnungsbau auf Normalniveau wird um jedem 1/2 qm gerungen.

     

    Aber: ein Land, dessen Wirtschaftskraft zu einem hohen Anteil auf dem KFZ beruht, mit einer grossen Mehrheit an Menschen, die ein inniges Verhältnis zu ihrem Auto haben und es nachts gerne ganz kuschelig nahe haben wollen, hat nun mal klare Prioritäten.

  • B
    Bernd

    Auch wenn dieser Investor Anlaufprobleme hat, denke ich, dass dies ein Zukunftsmodell ist. Es hätte Vorteil, mitsamt Auto weiter oben zu wohnen, in Sicherheit vor Linksterror, brennenden Autos und anderem Berliner Schmutz.

     

    Insofern schließe ich mich den Vorkommentatoren an, die sagte, dass die Idee im Ansatz gut ist. Man muss sie nur billiger und familienkompatibel machen.

  • O
    ole

    Ich stelle mir das gerade mal so vor.

    In dem Berliner Altbau, in dem ich wohne gibt es eine wunderbare Mischung. Alteingesessene Berliner, Rentner, zugezogene und einheimische Studenten, Künstler, ne'n kleine Handwerker im Hinterhof...

    alles kein Schick-Schick, aber auch keine Ruine.

    Im Wohnumfeld viele nette Läden, Kneipen und soz. Einrichtungen und alles bezahlbar. Insgesamt eine absolut homogene und gehaltvolle Mischung, die das Leben hier absolut lebenswert macht.

     

    Nun stelle ich mir mal vor, das Haus wir durch ein CarLoft-Block ersetzt. Studenten, Rentner, Künstler und ich würden schon wegfallen, da wir eh kein Auto haben. Und der Rest der Belegschaft würde höchswahrscheinlich wegfallen, weil sich keiner diese Wohnung leisten könnte. Vielleicht hat der Krauter im Hinterhof ja genug auf Tasche. Aber würde man ihm seine Werkstatt lassen? Wohl eher nicht.

    Und auch die Läden werden darunter leiden.

    Es entsteht also eine vollkommen neue Struktur.

     

    Ist das etwa eine "Aufwertung" meines Wohnumfeldes? Kommt mir das zu gute? Wird der Spätkauf bald durch einen schicken Weinladen ersetzt? Muß die Eckkneipe bald einem terrakottafarbigen Touri-Lokal weichen? Gehen die neuen Bewohner dann noch in die Sozialbuchhandlung oder fahren sie lieber zum Dussmann-Kulturkaufhaus nach Mitte?

    Fragen über Fragen...

  • S
    Stefan

    "GentrifizierungskritikerInnen", welch unglaubliche Wortschöpfung...

  • K
    knt

    @Svetozar Schnuckelberger: 1) Gentrifizierung ist keine Worthülse sondern ein definierter soziologischer Begriff 2) Die "Aufwertung"der Wohngegend kommt nicht den Anwohnern zu gute - die können Sie nämlich weder Auto noch Carloft leisten.

  • JR
    junger reiher

    es geht ja bei der debatte um die carlofts auch nicht um die idee an sich.

    das problem liegt an den sich daraus ergebenen folgen. aufwertung des wohnumfeldes, juppy-läden und letztlich steigende mieten. und wie immer werden sich das die meisten nur bis zu einem punkt x leisten können und müssen dann wegziehen.

    und wir hier in berlin denken nicht zu unrecht das die innenstadt allen gehören soll, nicht nur denen die sie sich leisten können.

  • D
    dennis

    @Svetozar Schnuckelberger

     

    Bizarr ist einzig und allein, dass Leute wie Du es nicht verstanden haben, was Gentrifizierung anrichtet. Die Mieten steigen und die "Ureinwohner" werden verdrängt. Kleine Läden werden von großen geschluckt oder verdrängt usw. usf. Wer hat denn da was von? Was Du Aufwertung nennst, nenne ich Ausverkauf und Seelenraub.

  • P
    peter

    @ andreas...

     

    neid würde ich den allerwenigsten aktivisten gegen das carloft projekt bzw eine aufwertung des eigenen wohnumfelds unterstellen!

     

    sanierung ist ja schön und gut, stadtverschönerung auch usw. aber wenn die mieten steigen, müssen viele ihre koffer packen...deshalb wehrt man sich.

    ist zwar traurig aber wahr

  • PS
    peter schneider

    CarLoft eine insgesamt sicher geniale Idee. Aber die Initiatoren haben einfach die Preise zu hoch gemacht. Und dann ist der Zuschnitt der Lofts nur was für Single oder doubleIncomeNoKids Bewohner. Und damit nur für einen eingeschränkten Kundenkreis.

     

    Warum sollte CarLoft denn schlecht sein?

     

    Die Zeit für CarLofts kommt noch. Vielleicht in Stuttgart oder in München. Oder auch in Berlin, aber eben nicht an dieser Stelle in Kreuzberg.

     

    peter schneider, stuttgart

  • A
    andreas

    da ist wohl ausschliesslich neid der urheber des bashings. wo ist eigentlich das problem bei der sache? praktische idee, ohne parkplatzsuche dort wohnen zu können, man braucht nix bis in die oberen stockwerke zu tragen und bei den dauernden brandanschlägen wär mir das auto geschützt geparkt auf der oberen ebene auch lieber.

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Eigentlich bizarr, dass Menschen sich unter Berufung auf leere Worthülsen wie "Gentrifizierung" gegen die ihnen selbst zugute kommende Aufwertung ihres Wortumfeldes wehren.

  • JT
    Josef Tura

    "Kannst du mir bitte mal die Salzstreuerin reichen" - ??? Oder auch: "Es waren 20 TeilnehmerInnen" - häh ? Und wieviele draußen ?Könntet Ihr nicht bitte, bitte, bitte dieses /Innen-Anhängsel einfach weglassen ? Es ist häßlich, hemmt den Lesefluß und ist sinnlos: ein Hörer, Leser, Kritiker ist solange ein geschlechtsneutraler Begriff bis es sich um reale Personen handelt. Eigentlich eine längst gegessene Diskussion. Und wenn sich die taz über derlei Sprachverhunzung als links definieren muß, finde ich das einfach nur lachhaft.

  • KK
    Klaus Keller

    Real-Satire, ich glaub euch diesen Quatsch nicht,obwohl in Californien vielleicht oder in Entenhausen, das Auto als Mitbewohner,hilfe! Schön das die Berliner das nicht mitmachen. Hm Nein ich glaub es euch nicht!:-)

    klaus keller hanau