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Archiv-Artikel

NACHRUF: FRITZ BRINGMANN Leben im Widerstand

Fritz Bringmann

■ 1918 geboren, lernte Klempner und trat mit 15 in die Sozialistische Arbeiterjugend ein, nach dem Krieg in FDJ und KPD.

Der offene Blick durch seine Brille verriet es: Konzentriert und interessiert hörte er zu. Fragte und dachte über die Aussagen nach – auch um zu widersprechen. Im Widerspruch zu sein mit Mehrheitsmeinungen und Zeitgeist, störte Fritz Bringmann wenig. Als in Deutschland das Verdrängen der nationalsozialistischen Verbrechen gleich nach 1945 begann, war er schon wieder im Widerstand. Sein Engagement machte mit möglich, dass in Hamburg nach Jahrzehnten die KZ-Gedenkstätte Neuengamme entstand.

Der bekennende Kommunist hatte dort einst selbst in Haft gesessen. Anfang 1942 verweigerte er als Häftlingssanitäter mehrmals Befehle der SS, kranke sowjetische Kriegsgefangene zu töten. Er wurde schwer misshandelt. Schläge der Gestapo hatte er da schon oft erfahren. Mit 17 Jahren saß er erstmals in Gefängnis. Mit seinem Bruder hatte er in Lübeck 1935 Anti-Nazi-Parolen an die Häuser gemalt. „Nieder mit Hitler“ auf dem Dach der Firma „Marmor Rother“ war fast fertig, als sie aufflogen – Haft und Folter waren die Folge. Die Solidarität der Genossen habe ihm geholfen durchzuhalten, sagte der spätere Ehrenpräsident der „Arbeitsgemeinschaft Neuengamme“ und der „Amicale Internationale KZ Neuengamme“ (AIN). Für ihn galt immer: „Weil die Toten schweigen, müssen wir Überlebenden berichten.“ Und berichten hieß für den Vater von drei Kindern, sich einzumischen – immer wieder, für die Verfolgung von NS-Tätern und für das Gedenken.

Mit seiner Familie lebte er im schleswig-holsteinischen Aukrug. Aus aller Welt kamen Freunde dorthin. Überlebende des Faschismus, die er in der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ kennengelernt hatte. Im Jahr 2000 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Lange versuchten Hardliner der CDU ihm diese Ehrung zu verwehren. Deren Anfeindungen entlockten ihm nur ein Schmunzeln.

In den eigenen Reihen stritt Bringmann aber nicht minder engagiert. „Der Widerstand muss mehr dargestellt werden“, sagte er immer wieder. Das tat er bis zuletzt selbst, vor allem in Schulklassen. Fritz Bringmann ist im Alter von 93 Jahren gestorben. ANDREAS SPEIT