Uefa zensiert EM-Bilder: "Happy-clappy Event"
Die Uefa gibt keine Fernsehbilder mit Randalierern aus den EM-Stadien frei. Das sorgt im Gastgeberland Schweiz für Aufregung.
Die Euro 2008 ist eine Veranstaltung des europäischen Fußballverbands Uefa - der erstmals auch gleichzeitig die TV-Bilder vom Turnier selbst produziert. Und offenbar achtet der am sauberen Image interessierte Funktionärsclub darauf, dass hierbei keine unliebsamen Szenen ausgestrahlt werden.
Dies sorgt vor allem im Gastgeberland Schweiz für Aufregung: "Wir lehnen jede Zensur von Sportveranstaltungen ab", sagte Armin Walpen, Chef der öffentlich-rechtlichen SRG der Zürcher Sonntagszeitung. Von Dritten ausgewählte Bilder seien aus Sicht der journalistischen Unabhängigkeit "mehr als problematisch". Den Schweizer Zuschauern seien mehrfach Vorfälle im Stadion wie das Zünden von Rauchbomben, Verbrennen von Fahnen oder Übertreten von Sicherheitszonen durch Fans vorenthalten worden, so das Blatt. In der Schweizer "Tagesschau" hatte die Uefa erklärt, dass man "den Chaoten keine Plattform" bieten wolle und die entsprechenden Bilder ohnehin "nicht relevant" seien.
Das Österreichische Fernsehen (ORF) sieht die Angelegenheit dagegen ähnlich wie die SRG, der Schweizer Presserat nannte die Uefa sogar "habgierig, kleinlich und kontrollwütig".
"Die Uefa will einen netten, sauberen Event haben", sagt auch der britische Sportexperte Andrew Jennings, der seit Jahren zu Themen wie Korruption und Manipulation bei internationalen Sportverbänden wie IOC, Fifa und Uefa recherchiert. Ziel sei, den Sponsoren und Werbepartnern einen "happy-clappy Event" zu liefern. Was den Sport und seine Fans von ihrer hässlichen Seite zeigte, passe nicht ins Bild. "Die Verbände stecken den Sport in die Waschmaschine, damit er weißer als weiß wieder herauskommt", so Jennings gestern zur taz.
Bei der Euro 2008 sind neben den Uefa-Teams zusätzlich noch einige eigene Kameras der übertragenden TV-Sender im Einsatz. ARD und ZDF konnten so die umstrittenen Szenen wenigstens zum Teil zeigen.
Auch im Vorfeld des Turniers hatte es Gerangel mit der Uefa gegeben, weil sie die Ausstrahlung der EM-Satire "Futurofoot" des französischsprachigen Senders TSR beim Public Viewing verbieten lassen wollte. In "Futurofoot" zieht ein unter Anspielung auf Fifa-Chef Sepp Blatter "George Blotter" genannter Experte die Zukunft des Fußballs mit Themen wie "Wie schmiert man Schiedsrichter" durch den Kakao. Die Uefa fands "geschmacklos", TRS zeigt seither abgespeckte Versionen
Die TV-Produktion durch den Verband selbst kennt man übrigens nicht nur in der Schweiz: Die Deutsche Fußballliga und ihr Vermarkter Kirch wollen sie auch bei der Live-Übertragung der Bundesliga durchsetzen.
STEFFEN GRIMBERG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos