: Unter dem Pflaster liegt das Geld
■ Der Pflasterstrand, das selbstverwaltete Frankfurter Magazin, hat sich zur Hälfte an die Fuldaer Verlagsanstalt verkauft / Cohn–Bendit hält die andere Hälfte alleine / Neue redaktionelle Struktur
Aus Frankfurt Reinhard Mohr
„Sag beim Abschied leise Servus“, ruft Daniel Cohn–Bendit, Herausgeber des Frankfurter „Metropolenmagazins“ Pflasterstrand im Editorial der neuesten Ausgabe seinen Lesern entgegen. Sie halten zum letzten Mal das Erzeugnis eines „Alternativbetriebes“ in Händen. Denn ab Januar 1988 wird der Pflasterstrand nicht nur in besserer Ausstattung und mit veränderter re daktioneller Struktur erscheinen, sondern auch mit 50 Prozent Fremdkapital der „Fuldaer Verlagsanstalt“. An dessen Besitzer Matthias Kierzek hat die bisher „selbstverwaltete“ Pflasterstrand GmbH die Hälfte ihrer Anteile verkauft. Die andere Hälfte hält nun Cohn–Bendit alleine. Der neue Anteilseigner wird in den ersten Monaten bis zu 100.000 Mark zur Verfügung stellen, um die betrieblichen Umstrukturierungen und eine „stufenweise Lohnerhöhung“ in Höhe von 300 Mark zu finanzieren. In der Präambel des neuen Gesellschaftsvertrags wird die „grundsätzliche Autonomie der Redaktion“ festgehalten. Alle redaktionellen Entscheidungen liegen beim Herausgeber Cohn–Bendit, der sich allerdings in ökonomischen Fragen mit Verleger Kurziek verständigen muß. Die inhaltliche Orientierung des „neuen“ Pflasterstrand soll ganz die alte sein. Zitat aus der Präambel des Vertrags: „Die redaktionelle Grundhaltung des Pflasterstrand ist einem kritischen Journalismus verpflichtet, der sich in Wort und Bild mit gesellschaftlichen Realitäten auseinandersetzt. Er orientiert sich an libertären Gedankenstrukturen.“ Vor eineinhalb Jahren war eine geplante Zusammenarbeit mit Gruner & Jahr gescheitert, da der Verlag die redaktionelle Arbeit an die Einhaltung der „freiheitlich– demokratischen Grundordnung“ binden wollte. Daß „historische Kontinuität bewahrt“ wird, garantieren,so Cohn–Bendit, nicht nur er selbst und die altgediente Kulturredakteurin Elisabeth Kiderlen, sondern auch die Neueinstellung von Edith Kohn und Gerd Koenen. Letzterer hatte als Vorsitzender des KBW Frankfurt Mitte der siebziger Jahre Frankfurts „Sponti– Fürsten“ öffentlich vor die geschichtliche Alternative gestellt, vom Proletariat an den nächsten Baum befördert oder in eine Fischmehlfabrik abkommandiert zu werden. Daß Cohn–Bendit nun bei der Fuldaer Verlagsanstalt gelandet und der Ex–Maoist Koenen Redakteur beim Ex–Spontiblatt Pflasterstrand geworden ist, läßt für den Fortgang der Geschichte nicht nur des Pflasterstrand hoffen. K O M M E N T A R E
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