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■ Großfeuer verwüstete Schloß WindsorDie Queen ist obdachlos

Dublin (taz) – Die Lieblingsresidenz der britischen Queen Elisabeth, das mittelalterliche Windsor Castle, in das sie während des Zweiten Weltkriegs evakuiert wurde, ist in Flammen aufgegangen. Der Brand, der am 45. Hochzeitstag der Königin ausbrach und erst nach 30 Stunden am Samstag abend gelöscht werden konnte, hat den Nordost-Flügel des Schlosses vollständig zerstört. In diesem Teil war auch die größte private Kunstsammlung der Welt untergebracht. Queen-Sohn Prinz Andrew hatte am Freitag eine Kette aus Hunderten von Menschen organisiert, um die Rembrandts, Rubens' und da Vincis vor den Flammen zu retten, während seine geschockte Mutter in Gummistiefeln und Regenmantel den Schaden begutachtete. Das Schloß verfügte über keine Sprinkleranlage, weil man fürchtete, daß schon ein kleiner Brand die Anlage auslösen und die Gemälde ruinieren würde. Das Feuer wurde wahrscheinlich von einer weggeworfenen Kippe oder einem Schweißgerät verursacht. Elektriker sind seit drei Jahren damit beschäftigt, die elektrische Anlage in der Tausend-Zimmer-Residenz zu überholen. Die Bauweise der alten englischen Schlösser trägt dazu bei, daß sie bei einem Feuer wie Streichholzschachteln abbrennen. Bereits 1986 ist Hampton Court durch ein Feuer stark beschädigt worden. Es wird Tage dauern, bis die Höhe des Schadens am Windsor Castle feststeht. Niemand weiß genau, welche Kunstschätze die Queen und ihre Vorgänger in dem alten Gemäuer gehortet haben. Der Behörde für kulturelles Erbe, die für historische Gebäude zuständig ist, wurde vor kurzem der Zutritt zum Schloß verwehrt. Normalerweise muß die Behörde bei Gebäuden dieser Kategorie ihre Zustimmung geben, bevor Bauarbeiten durchgeführt werden, doch ein Palastsprecher sagte am Wochenende: „Warum bilden die sich ein, daß sie Zutritt haben sollten? Die Bausubstanz und der Inhalt der Gebäude geht die Behörde nichts an. Das liegt alleine in der Verantwortung der königlichen Familie.“ Bei der Rechnung für die Restauration des Schlosses sieht das freilich anders aus. Windsor Castle war nicht versichert, weil die Prämien immens hoch gewesen wären. Doch die Tory-Regierung hat am Wochenende bereits versprochen, sämtliche Kosten zu übernehmen. Nach vorsichtigen Schätzungen werden dafür mindestens 20 Mio. Pfund (knapp 50 Mio. Mark) fällig. Die Labour Party sieht jedoch nicht ein, warum die SteuerzahlerInnen in die Tasche greifen sollen, wenn die Königin selbst keinen Pfennig Steuern zahlt. „Sie könnte es sich nicht nur leisten, einen Teilbetrag beizusteuern, sondern die Gesamtkosten zu übernehmen“, sagte der Labour- Abgeordnete Robert Cryer. Die News of the World hat ein Sondertelefon eingerichtet und die LeserInnen um ihr Votum gebeten. Gerüchte, wonach die Queen dann aus Protest zu den Obdachlosen in die Pappstadt unter der Waterloo- Brücke ziehen will, wurden von einem Palastsprecher dementiert. Ralf Sotscheck

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