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Drug Mobil: Rückzieher

■ Staatsanwalt bedauert - und ermittelt

„Wir müssen leider ein Gesetz anwenden, das Leben kosten kann“ – Hamburgs Generalstaatsanwalt Arno Weinert macht einen Rückzieher. Nicht von seiner inneren Überzeugung, daß Fixerräume für Drogenabhängige eine absolute Notwendigkeit seien, wie er beteuert. Doch leider überschreite das Drug Mobil in Billstedt vermutlich die Grenzen dessen, was die Staatsanwaltschaft noch mit einem Augenzwinkern tolerieren könne.

Vor gut zwei Wochen hatte Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel den Gesundheitsraum eröffnet. Bezugnehmend auf eine Äußerung von Weinert erklärte sie, daß auch Drogenkonsum in gewissem Maße toleriert werden könne, solange es hauptsächlich um die medizinische Betreuung der Abhängigen gehe. Bei solch einer Einrichtung, so der Generalstaatsanwalt vor einem halben Jahr, sehe er keine rechtlichen Probleme. Trotzdem leitete die Staatsanwaltschaft vor einigen Tagen ein Vorermittlungsverfahren ein - weil nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG) das Verschaffen einer Gelegenheit zum Drogenkonsum strafbar ist.

„Ich muß leider sagen, daß sich die Dinge nicht so entwickelt haben, wie ich damals gehofft habe“, so Weinert. Im vorigen Jahr habe eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit des BtmGs begonnen – „und da wollte ich mit meinem Beitrag ein wenig powern“. Vor allem, weil der Frankfurter Oberstaatsanwalt Körner – laut Weinert „der angesehenste Kommentator der BtmG“ – in einem Gutachten erklärt hatte, daß er in Fixerräumen keinen Straftatbestand erkennen könne.

„Aber aus dieser juristischen Minderheitenmeinung ist leider immer noch keine Mehrheitsmeinung geworden“, bedauert Weinert. Daher müsse die Hamburger Staatsanwaltschaft nun im Drug Mobil überprüfen, ob die Grenzen des Erlaubten überschritten werden – auch wenn die Behörde das Gesetz in diesem Punkt für falsch hielte. Welche Konsequenzen die Vorermittlungen haben werden, wird sich in der kommenden Woche herausstellen. sako

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