Finanzmarktkrise: Keine Entwarnung für Deutschland
Die Flaute breitet sich aus, heißt es in der OECD-Prognose. Für die USA sagt sie Stillstand beim Wachstum voraus. Der IKB gehts schlechter als befürchet - und die Notenbanken drucken weiter Geld.
BERLIN rtr/ap/dpa Die Worte sollten Deutschland wohl beruhigen: "Der Himmel stürzt nicht ein", sagte Jorgen Elmeskov am Donnerstag. Er ist Chefvolkswirt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). In ihrer jüngsten Prognose hat die Organisation die Wachstumsdaten für die USA und Europa deutlich gesenkt, jene für die deutsche Wirtschaft erhöhte sie hingegen um 0,2 Punkte auf 0,6 Prozent im ersten Quartal.
"Wir spüren bislang keine großen Auswirkungen der Krise", sagte OECD-Deutschlandexperte Felix Hüfner. "Die Auftragslage ist stabil, der Export läuft gut." Entwarnung gibt er aber nicht: Die Finanzkrise werde Deutschland berühren - es komme nur noch auf den Zeitpunkt und die Stärke der Auswirkungen an.
Die Mittelstandsbank IKB hat sie bereits berührt. Und zwar deutlicher als bisher angenommen: Einen Verlust von 800 Millionen Euro erwartet die Bank für das Geschäftsjahr 2007/08, bisher war man von 550 Millionen Euro ausgegangen. Am Donnerstag gab die Bank bekannt, sie rechne mit neuen Abschreibungen von 590 Millionen Euro. 450 Millionen Euro entfallen dabei auf besonders risikoreiche Papiere, die verkauft werden sollen. Der Verkauf sei wegen des Preisverfalls in Folge der Finanzkrise aber ausgesetzt worden, teilte die Bank mit.
Damit könnte sich der Verkauf der Bank selbst verzögern. Die staatliche Förderbank KfW hält daran jedoch fest. Sie ist an der IKB, die wegen Fehlspekulationen auf dem US-Immobilienmarkt in Schwierigkeiten gekommen ist, mit 43 Prozent beteiligt. Ihr jüngstes Rettungspaket von 2,3 Milliarden Euro für die IKB ist nun ausgeschöpft, nachdem sie jetzt weitere 450 Millionen Euro zugeschossen hat. Die IKB-Aktie wurde am Donnerstag vom Handel an der Frankfurter Börse vorübergehend ausgesetzt. Anschließend sank der Kurs zeitweise um fast 14 Prozent; die Aktien lagen damit bei einem Sechstel des Preises vom Juli 2007. Der Bund hat einen Verkaufserlös von 800 Millionen Euro einkalkuliert.
Die großen Notenbanken haben unterdessen Geldinstituten weitere Milliardensummen zur Verfügung gestellt, um einen Liquiditätsengpass zu verhindern. Wegen der negativen Nachrichten aus der Finanzbranche leihen die Banken einander derzeit kaum noch Geld. Die EZB etwa stellte 15 Milliarden Euro zur Verfügung; dafür werden durchschnittlich 4,20 Prozent Zinsen fällig. Das Geld muss am Dienstag zurückgezahlt sein. Die US-Notenbank Fed will den größten Investmentfirmen des Landes staatliche Wertpapiere im Umfang von 75 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen.
"Es könnte zu früh sein, von einer Rezession zu sprechen, aber die Wirtschaftsflaute breitet sich schnell aus", schreiben die Autoren der OECD-Prognose. Für die USA hatte sie noch im Dezember ein Wachstum von 1,1 und 1,5 Prozent für die ersten Quartale 2008 berechnet. Nun komme die Konjunktur nach einem Plus von 0,1 Prozent zum Jahresbeginn im zweiten Quartal zum Stillstand.
Noch zu Wochenbeginn waren viele Finanzinvestoren in Öl und Gold geflüchtet: Eine sichere Anlage in Zeiten kriselnder Aktienmärkten, schien es. Doch am Donnerstag sind auch hier die Preise deutlich eingebrochen. Denn der US-Wirtschaftsabschwung könnte auch die Rohstoffnachfrage bremsen, fürchten Anleger.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!