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EU rüstet Außengrenzen aufSchöne neue Grenze

Um illegale Einreise aus Drittstaaten einzudämmen, plant die EU futuristische Grenzüberwachung: mit Satelliten, Drohnen und lückenlosem biometrischen Passwesen.

Vor gerade einmal zehn Jahren wurden EU-Außengrenzen noch zu Pferde gesichert. Bild: dpa

BRÜSSEL taz Wenn er von seiner Vision vom Reisen im 21. Jahrhundert spricht, kommt Innenkommissar Franco Frattini ins Schwärmen. Da gibt es keine Blechcontainer mehr, in denen Grenzbeamte Ausweispapier beäugen. Frattini prophezeit voll elektronische Sicherheitsschleusen. Sie machen den Grenzübergang für Flüchtlinge unüberwindlich. Für Geschäftsleute mit gesichertem Einkommen und biometrischem Pass dagegen wird der Grenzübertritt leicht: Ein Fingerabdruck, ein Abgleich der Augeniris - schon kann man unbehelligt passieren.

Dieses "System for Travel Authorisation", kurz STA genannte Projekt ist Teil eines Ideenpakets und soll modernste Technik bringen, um den Schengenraum vor ungeschütztem Zugang zu bewahren: Dazu gehören unter anderem Satelliten mit Blick auf die Grenzen, unbemannte Miniflugzeuge (Drohnen) und ein biometrisches Passwesen. Da vieles davon aber in die eifersüchtig gehütete Zoll- und Polizeihoheit der einzelnen Mitgliedsstaaten eingreift, legt Brüssel keine Gesetze, sondern nur Anregungen vor. Die Kommission wirbt mit dem Argument, dass so die Kontrolle der EU-Grenzen billiger und effizienter werde. In fünf Jahren könnte die futuristische Grenzüberwachung Wirklichkeit sein.

Europa oder genauer der Schengenraum registriert jährlich 300 Millionen Reisende. Dazu gehören jährlich 80 Millionen visumspflichtige Personen und 60 Millionen Drittstaatsangehörige aus Ländern wie den USA oder Kanada, die kein Visum benötigen. Sie müssen die EU im Regelfall nach 90 Tagen wieder verlassen. Doch es wird nicht kontrolliert, ob sie das wirklich tun. Auch Einreisende mit Visum, die ihre Reisedokumente verschwinden lassen und in der EU illegal eine Beschäftigung aufnehmen, bleiben oft jahrelang unbemerkt. Deshalb will die Kommission ein elektronisches "Eingangs-Ausgangs-System" schaffen, das jeden einreisenden Drittstaatler registriert.

Das System wird, wenn Frattinis Plan wahr wird, ein gesetzlich vorgeschriebenes Ausreisedatum vermerken und diese Information an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten weitergeben. Ist die Aufenthaltsfrist abgelaufen, wird die betreffende Person in der EU-Datenbank als "überfällig" gekennzeichnet. Fällt sie bei einer Personenkontrolle auf, kann ihr Fingerabdruck sofort mit dieser Datenbank verglichen und die Abschiebung eingeleitet werden.

Die Fingerabdrücke würden ausschließlich für diesen Zweck gespeichert, versicherte Kommissar Frattini gestern. Die Datenschutzbestimmungen der EU würden entsprechend geändert, noch bevor die neuen Gesetze in Kraft treten. Auf 20 Millionen Euro schätzt die Kommission die Kosten für die neue Datenbank, Umstellungskosten in den Mitgliedsstaaten sind nicht mitgerechnet.

Parallel zur verbesserten Einreisekontrolle soll die Zusammenarbeit bei der Grenzüberwachung verbessert werden. Die Kommission möchte die europäische Grenzagentur Frontex aufwerten. Schon ab kommendem Jahr soll sie für die Zollkontrolle zuständig sein, was an den Außengrenzen eines Binnenmarkts nur logisch wäre. Derzeit hängt es vom jeweiligen Mitgliedsstaat ab, wie gründlich die Einfuhren im Hafen kontrolliert werden, wie viel Personal zur Verfügung steht und ob zum Beispiel mit Giften belastetes Spielzeug oder gefälschte Markenware in die EU gelangt oder nicht.

Nationale Überwachungssysteme sollen schrittweise technisch angepasst, der Datenaustausch beschleunigt und in einem weiteren Schritt die Grenzbeamten in regionalen Einsatzgruppen zusammengefasst werden. Da die Mitgliedsstaaten ausgesprochen empfindlich reagieren, wenn es um ihre nationalen Hoheitssymbole geht, stellte Frattini klar: Die Grenzbeamten werden weiter nationale Uniformen tragen, mit einer EU-Flagge am Ärmel "ähnlich wie die militärischen Eingreifteams für Kriseneinsätze." Dennoch werden nicht alle Schengenstaaten Frattinis Vision teilen.

Wahrscheinlicher ist, dass zunächst kleinere Staatengruppen die Ideen aufgreifen, der Sog am Ende aber doch alle mitzieht. Das wird allerdings dann deutlich länger dauern als die von der EU-Kommission kalkulierten sieben Jahre.

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