Die Wahrheit: Der Graf von Monte Gustl
Quentin Tarantino will die Mollath-Affäre verfilmen. Er verlegt die Story in ein Fantasie-Bayern des 18. Jahrhunderts, mit reichlich Retro.
Es ist ein Stoff, wie gemacht für Hollywood. Ein einsamer Held. Eine grausame Strafe. Eine rachsüchtige Frau. Ein gnadenloser Richter. Eine korrupte Bank. Eine gewissenlose Regierung. Und ein Happy End. Die Affäre um den Nürnberger Gustl Mollath bietet alles auf, was Hollywood an einem guten Drama schätzt. Allein deshalb will der wohl berühmteste Regisseur der Welt, Quentin Tarantino, die Geschichte nun verfilmen, wie das Branchenblatt Variety in seiner jüngsten Ausgabe berichtet.
Ein weiterer Anreiz für den Starregisseur Tarantino mag sein, dass er wieder einmal das Genre wechseln kann. Hatte er in seiner Karriere bisher bereits Elemente des Thrillers, des Italo-Westerns und des Kriegsfilms in sein Werk einbezogen, so will Tarantino seinen Werdegang offenbar jetzt mit einem Mantel-und-Degen-Film fortsetzen. Und dafür böte die Mollath-Story die besten Voraussetzungen, wie Szenekenner behaupten. Erinnere die Affäre Mollath doch an die Handlung des meistverfilmten Romans der Kinogeschichte: „Der Graf von Monte Christo.“
Allerdings könne man sich sicher sein, dass Tarantino keine x-te Neuverfilmung des Werks von Alexandre Dumas plane. Es werde eher eine Art „Bayernpistole“. Darauf verweise schon der Arbeitstitel, den seine Produktionsfirma A Band Apart dem neuen Streifen gegeben habe: „Der Graf von Monte Gustl“.
Tarantino verlegt die Story in ein Fantasie-Bayern des 18. Jahrhunderts, das von einem bräsigen König beherrscht wird, den der legendäre Musketier-Darsteller der Siebzigerjahre Michael York als eine Mischung aus Ludwig II. und Horst Seehofer spielen soll. Am Münchner Hof herrscht alles, was das Herz des Tyrannen begehrt: Korruption, Nepotismus, Misswirtschaft. In diesen Sumpf gerät der brave Kutschenbauer Edmond Mollath (Christoph Waltz) durch eine Intrige seiner Frau Mercédès (Uma Thurman). Edmond entdeckt, dass seine Frau die Mätresse des Königs ist und sich am Wegezoll für fremdländische Personenkutschwagen bereichert, den der König unrechtmäßig erhebt. Als der gehörnte Ehemann den Betrug öffentlich machen will, wird er verhaftet. Sieben Jahre verbringt Edmond in Einzelhaft bei Wasser und Brot, bis ihm durch die Hilfe des Abbé Strate (Bruce Willis) die Flucht gelingt und er bittere Rache nimmt – an seiner Frau, am König, an Bayern …
Wie immer wird Quentin Taranatino die Handlung mit reichlich Retroelementen und fetziger Musik ausschmücken. Wer Musketierfilme kennt, wird angesichts der Filmzitate auf seine Kosten kommen. Wunderbar schon jetzt im ersten Drehbuchentwurf zu lesen ist jene blutrünstige Szene beim Showdown, wenn der Graf von Monte Gustl den um Gnade winselnden König von Bayern vierteilt, „als ob Marlon Brando geschlachtet wird“, wie es in der Variety heißt.
Und doch könnte der Film, der im Sommer 2015 in die Kinos kommen soll, bei aller Mantel-und-Degen-Action eher nachdenklich stimmen, wenn der Graf von Monte Gustl am Ende einsam in den rauchenden Trümmern von Schloss Neuschwanstein steht, bevor er in die güldene Abendsonne des Bayernlandes reitet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag