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Kommentar GazaNetanjahus Wahlmanöver

Kommentar von Susanne Knaul

Zwei Monate vor den Wahlen in Israel lässt Premier Netanjahu den Militär-Chef der Hamas töten. Das wird ihm innenpolitisch nutzen, aber außenpolitisch weiter isolieren.

Noch ist unklar, wie die Hamas auf den Tode Ahmed Al-Dschabaris reagieren wird, dessen Leiche hier von Anhängern begleitet wird. Bild: reuters

M an kann Verständnis dafür haben, dass in Israel niemand um Ahmed Al-Dschabari trauert. Der getötete de facto-Armeechef im Gazastreifen lehrte seine Feinde das Gruseln. Fünf Jahre hielt er den israelischen Soldaten Gilad Schalit in seiner Gewalt. Doch er war es schließlich auch, der den Geiselaustausch möglich machte.

Al-Dschabari kommandierte die Truppen im Krieg wie im Frieden. Seit Jahren hielt er die Islamisten im Zaum, die noch radikaler sind als die Hamas. Ohne formale Absprachen praktizierte er damit eine Art Sicherheitskooperation mit Israel.

Gezielte Hinrichtungen sind nicht mit dem Völkerrecht vereinbar. Trotzdem lässt sich auf innenpolitischer Bühne mit dem Tod des Erzfeindes punkten. Für Volkes Befriedigung spielt es keine Rolle, dass ein Nachfolger schnell gefunden ist und auch nicht, wie viele Unschuldige während der Nachwehen zu Tode kommen.

Bild: privat
Susanne Knaul

ist Korrespondentin der taz in Israel.

Die Hamas ist unberechenbar. Auf den Tod des berüchtigten „Ingenieurs“ Yahya Ayyash reagierten ihre Kassam-Brigaden mit einer Serie von Terroranschlägen, die Dutzende israelische Zivilisten das Leben kosteten. Andere gezielte Exekutionen blieben unbeantwortet. Der Angriff auf Al-Dschabari führte derzeit erst einmal zu einer Eskalation der Kämpfe; ob die Hamas ihre Drohung der Wiederaufnahme von Selbstmordattentaten wirklich realisiert, bleibt abzuwarten.

Auch auf diplomatischer Ebene zahlt Israel einen Preis. Ägypten hat den Botschafter aus Tel Aviv zurückgerufen. Die Regierung in Kairo, die zwischen den Fronten zu vermitteln suchte, zürnt. Je schlimmer die Kämpfe zwischen Israel und dem Gazastreifen eskalieren, desto größer wird zudem der Druck auf die regierenden Muslimbrüder, Israel mit deutlicheren Schritten Paroli zu bieten, als es einst Husni Mubarak wagte. Aber so verheerend die Al-Dschabari-Hinrichtung außenpolitisch für die Regierung in Jerusalem ist: Bei den Wahlen zur Knesset in zwei Monaten wird sie sich für Regierungschef Benjamin Netanjahu doch bezahlt machen.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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16 Kommentare

 / 
  • M
    MaterialismusAlter

    Solche Kommentare wie Ihrer, Frau Knaul, sind der Grund warum ich die Taz nicht kaufe.

     

    Einem bürgerlichen Staat vorzuhalten militärisch zu reagieren, wenn seine Zivil(!!)bevölkerung mit Raketen beschossen wird ist einfach peinlich.

    Der getötete Militärchef der Hamas war ein Kombattant und wäre selbst der letzte gewesen, der das leugnet.

     

    Was haben Sie denn erwartet? Was sollte Israel ihrer Meinung nach tun? Warten bis die Hamas es sich mit dem Raketenbeschuss nochmal anders überlegt?

     

    Von KEINEM Staat wird so viel Zurückhaltung verlangt wie von Israel... Die öffentliche Meinung in Deutschland zu diesem Krieg beweist mal wieder eindrücklich, dass die Juden sich nicht auf Solidarität verlassen können, wenn die Antisemiten über sie herfallen. Zum Glück gibt es Israel und seine Atomwaffen.

  • L
    Lueztgendirff

    Das letzte Aufbäumen vor der Insolvenz? Noch schnell die Antisemitismus-, Verzeihung, Israelkritikkarte ziehen, so wie die FR? Hat aber in Frankfurt auch nicht geholfen. So long, taz, eure Vorurteile fallen auf euch die Füße, das will keiner mehr lesen.

  • M
    merde

    In einer Welt, die Tötung gutheißt und/auch praktiziert, wundert es kaum, dass unser einzig Sinn

    darin besteht,sich auf eine "Seite zu schlagen", dazu

    zugehören, sich abzusichern. Das Problem wird nicht gelösst durch solche faschistoiden Phrasen, woher auch immer, es gibt leider zuviel und zu gnadenlose Arschlöcher auf allen "Seiten" und zuviele idiotische

    Mitläufer und Angepasste und Karrieregeile auf allen "Seiten".

    Dummheit müssen wie immer die Falschen ausbaden.

  • S
    Sören

    Bei der Taz scheinen sämtliche Sicherungen rauszuspringen, wenn es um Israel geht. Al-Dschabari war also an der Geiselnahme von Schalit beteiligt, aber hat nach 5 (!) Jahren auch an seiner Freilassung mitgewirkt. Muss ja ein echter Philantrop gewesen sein, wirklich. Wo findet man schon so nette Geiselnehmer?

     

    Israel hat im Gegenzug über 1000 Häftlinge entlassen, aber die Hamas beschießt Israel weiter mit Raketen, und zwar täglich. Keine Regierung kann zulassen, das ihr Volk auf diese Weise bedroht wird und zu Schaden kommt.

     

    Die Hamas erkennt das Existenzrecht Israels nicht an, warum sollte man ihnen also vertrauen? Netanyahu jetzt Wahlkampf-Taktik vorzuwerfen, ist ein bißchen einfach gestrickt, oder?

  • S
    sleva

    "Das Völkerrecht gilt nicht, da die klerikalfaschistische Hamas Israel nicht als Staat anerkennt. Die Mehrzahl der Palästinenser will "die Juden ins Meer treiben"."

     

    Apropos "Klerikalfaschismus": Was ist eigentlich mit der Anerkennung eines palästinensischen Staates?

     

    Ach ja, da:

     

    "Abbas absetzen, alle Verträge brechen: Israel droht den Palästinensern mit drastischen Maßnahmen, sollten diese bei der UN die Anerkennung ihrer Staatlichkeit beantragen."

     

    http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-11/palaestinenser-israel-vereinte-nationen

     

    Aber das ist ja für den deutschen Israelfreund was gaaaaaaaaanz anderes, 'die' haben eben kein staatliches Existenzrecht, nicht wahr? Das ist um es kurz zu machen: schlicht widerwärtig, aber Hauptsache mal "Klerikalfaschismus" gebrüllt und "die Mehrheit der Palästinenser" verleumdet.

  • B
    besorgt

    Das Völkerrecht gilt nicht, da die klerikalfaschistische Hamas Israel nicht als Staat anerkennt. Die Mehrzahl der Palästinenser will "die Juden ins Meer treiben".

     

    Erschreckend wie Fr. Knaul versucht in Achmed Dschabari noch das Gute zu sehen. Einen Massenmörder, Terroristen und Kidnapper.

    Die arabische Welt hat vor Jahrhunderten den Juden und später Israel den Krieg erklärt.

    Den irrationalen, wahnhaften Antisemitismus der Islamisten kann nicht durch Verhandlungen Einhalt geboten werden. Fatah, Hamas und andere Organisationen haben seit 1947 jede Möglichkeit für eine "Zwei-Staaten-Lösung" abgetan.

    Die UN erlässt hunderte Resolutionen gegen Israel, aber eine Verurteilung der Palästinenser gab es noch nie...

     

    Solidarität mit Israel. Die einzige Demokratie im Nahen Osten.

  • BG
    Bodo Goldmann

    Dienstag abend wurde mit ägytischer Untertsützung

    ein Waffenstillstad vereinbart. Am Mittwoch-Mittag beendete Israel diesen mit der Ermordung des Hamas-Kommandeurs.

    Damit waren weitere 14 Todesopfer, darunter zwei Kinder, und über 150 Verletzte in Gaza verbunden.

    .

    Israels Operation „Wolkensäule“ ist nicht die Verteidigung seiner Bürger, sondern die Verteidigung seiner Besatzung. Mit welchem Recht sperrt Israel die Bewohner Gazas ein? Und es soll keiner mehr erzählen, das die Einsperrung Gazas der Sicherheit Israels dient. Die Einsperrung der Bewohner Gazas hat das politische Ziel, keine palästinensische Entwicklung (wirtschaftlich, politisch, sozial) nicht zuzulassen.

    .

    All denen, die der Meinung sind, das Israel sich doch verteidigen darf: Dürfen sich auch

    die Palästinenser verteidigen?

  • BG
    Bodo Goldmann

    @Stimme der Demokratie

     

    Wenn "die Eliminierung eines im Krieg befindlichen gegnerischen Militärführers völkerrechtlich gedeckt

    war" - dann ist es also auch völkerechtlich gedeckt, wenn israelische Soldaten eliminiert werden, oder?

  • G
    Gonzi

    Immerhin scheint Netanjahus Vorgehen auch in der kritischen Presse Israels wenig Verständnis zu finden.

     

    Dort wird der ermordete Palästinenser, der dem militärischen Flügel vorstand als jener bezeichnet, der in letzter Zeit überzeugend für eine Waffenruhe eingetreten sei.

     

    Ansonsten tragen Netanjahu und Co die schon seit Jahren gebrauchten Phrasen vor, die dann doch kein ernsthaft denkender Mensch mehr glaubhaft findet.

     

    Wollte Netanjahu Ruhe, hätte er nicht die ständigen Ermordungen angeordnet, die dieses Jahr wieder laufend für Vergeltung von militanten Palästinensern sorgten.

  • H
    Harald

    Wer soll mit diesem Kommentar angesprochen werden? Ein zum Thema Nahost informiertes Publikum sicher nicht. Dieses kann sich angesichts der abgebrühten Kaltschnäuzigkeit der Tatsachenverdrehungen nur angewidert abwenden.

     

    Kaum anzunehmen, daß die ca. 1000 Raketen, die jährlich auf Israel niederprasseln "eine Art Sicherheitskooperation mit Israel" darstellen.

     

    Was würden die ca. 1 Million Menschen in Israel wohl dazu sagen, die seit Jahren in maximal 30 Sekunden Entfernung vom nächsten Luftschutz leben müssen? Weil Hamas das Land nach Belieben mit Raketen eindeckt?

     

    Jener Jabari wurde auch nicht hingerichtet, sondern als Kombattant liquidiert. Als derjenige, der die ununterbrochenen Raketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung anordnet.

     

     

    Zusammengefasst will der Kommentar dem uninformierten Leser einreden, Israel müsse sich vernichten lassen, da die Vernichter sonst ungehalten werden und Israel vernichten.

     

    So muss Rabulistik.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Mit Verlaub ... eine merkwürdige Argumentation!

    Dürfte man auch sagen, dass Hitler die Deutschen vor noch Radikaleren geschützt hat und dass er es ja war, der dem 3. Reich ein Ende setzte?

    Jabari hat die Hamas auch in Friedenszeiten im Zaum gehalten? Seit wann hat eine Terrororganisation Friedenszeiten? Anschlagspausen vielleicht.

    Es war die Eliminierung eines im Krieg befindlichen gegnerischen Militärführers. Somit völkerrechtlich gedeckt.

    Hätten denn die Israelis bis nach der Wahl warten sollen? Es war doch die Hamas, die ihre Angriffe hochgefahren hat.

    aber egal, was die Terroristen machen ... es findet sich immer ein Grund, wie man den Israelis noch einen einschenken kann.

  • PS
    Peter S.

    Vollkommen klar, was hier steht. Fehlt nur noch die Behauptung, die Raketen werden von Mossadagenten abgeschossen. Frau Susanne Knaul, mit Ihren warmen Worten für diese islamfaschistischen Terroristen outen Sie sich als Antisemitin. Was will man auch in dieser linksextremen Postille erwarten als Hass auf Juden und Verständnis für islamischistische Mörder, gelle?

  • LH
    Luise H.

    "Doch er war es schließlich auch, der den Geiselaustausch möglich machte."

     

    Was hat denn diese Aussage zu bedeuten? Stellen Sie sich vor, ein Mensch nimmt eine Geisel. Nach 5 Jahren lässt er sie frei und bekommt im Gegenzug mehr oder weniger was er fordert, sei es Geld oder wie in diesem Fall 1027 Gefangene, die zum Teil - wahrscheinlich nicht alle - aus einem speziellen Grund dort saßen. Danach sagen wir hier in Deutschland "Oh, aber der hat ihn doch auch wieder freigelassen, der gute Mann!" Diese Logik hinkt offensichtlich schwer.

  • M
    Marcus

    Ich bin mir nicht sicher, inwiefern das "Völkerrecht" in diesem Fall greift. Nach meinem Wissen besitzt nur die PLO als Organisation den Status als "Völkerrechtssubjekt". Da die Hamas aber kein Mitglied der PLO ist, dürfte es schwierig werden völkerrechtlich zu argumentieren.

  • AR
    alter Rammler

    Die Hamas ist auch nicht mit dem Völkerrecht vereinbar!

  • V
    vic

    Gezielte Hinrichtungen ohne Verhandlung sind bei der Israelischen und US-Amerikanischen Regierung System.

    Und irgendwelche Missbilligungen oder Resolutionen lassen diese Regierungen kalt.