Kommentar Gaza: Netanjahus Wahlmanöver
Zwei Monate vor den Wahlen in Israel lässt Premier Netanjahu den Militär-Chef der Hamas töten. Das wird ihm innenpolitisch nutzen, aber außenpolitisch weiter isolieren.
M an kann Verständnis dafür haben, dass in Israel niemand um Ahmed Al-Dschabari trauert. Der getötete de facto-Armeechef im Gazastreifen lehrte seine Feinde das Gruseln. Fünf Jahre hielt er den israelischen Soldaten Gilad Schalit in seiner Gewalt. Doch er war es schließlich auch, der den Geiselaustausch möglich machte.
Al-Dschabari kommandierte die Truppen im Krieg wie im Frieden. Seit Jahren hielt er die Islamisten im Zaum, die noch radikaler sind als die Hamas. Ohne formale Absprachen praktizierte er damit eine Art Sicherheitskooperation mit Israel.
Gezielte Hinrichtungen sind nicht mit dem Völkerrecht vereinbar. Trotzdem lässt sich auf innenpolitischer Bühne mit dem Tod des Erzfeindes punkten. Für Volkes Befriedigung spielt es keine Rolle, dass ein Nachfolger schnell gefunden ist und auch nicht, wie viele Unschuldige während der Nachwehen zu Tode kommen.
ist Korrespondentin der taz in Israel.
Die Hamas ist unberechenbar. Auf den Tod des berüchtigten „Ingenieurs“ Yahya Ayyash reagierten ihre Kassam-Brigaden mit einer Serie von Terroranschlägen, die Dutzende israelische Zivilisten das Leben kosteten. Andere gezielte Exekutionen blieben unbeantwortet. Der Angriff auf Al-Dschabari führte derzeit erst einmal zu einer Eskalation der Kämpfe; ob die Hamas ihre Drohung der Wiederaufnahme von Selbstmordattentaten wirklich realisiert, bleibt abzuwarten.
Auch auf diplomatischer Ebene zahlt Israel einen Preis. Ägypten hat den Botschafter aus Tel Aviv zurückgerufen. Die Regierung in Kairo, die zwischen den Fronten zu vermitteln suchte, zürnt. Je schlimmer die Kämpfe zwischen Israel und dem Gazastreifen eskalieren, desto größer wird zudem der Druck auf die regierenden Muslimbrüder, Israel mit deutlicheren Schritten Paroli zu bieten, als es einst Husni Mubarak wagte. Aber so verheerend die Al-Dschabari-Hinrichtung außenpolitisch für die Regierung in Jerusalem ist: Bei den Wahlen zur Knesset in zwei Monaten wird sie sich für Regierungschef Benjamin Netanjahu doch bezahlt machen.
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