Grüne Urwahl: Gute Nachrichten für Künast
Renate Künast schlägt Claudia Roth. Das reicht offenbar, um den Berliner Landesverband auch künftig spitzenmäßig im Bundestag zu vertreten.
Was für ein Erfolg für Renate Künast: Die Berlinerin hat bei der Urwahl der Grünen über die Spitzenkandidatur besser abgeschnitten als Parteichefin Claudia Roth. Und was für eine Niederlage für Renate Künast: Sie hat schlechter abgeschnitten als Katrin Göring-Eckardt, die als Außenseiterin galt. Dementsprechend gibt es bei den Grünen keine klare Bewertung, ob Künasts Ergebnis mit 38,5 Prozent nun gut ist oder schlecht. Klar ist immerhin, dass einer Spitzenkandidatur Künasts in Berlin für die Landesliste zur Bundestagswahl nichts im Weg steht. Bei der ersten Urwahl der Spitzenkandidaten durch die Mitglieder kam Jürgen Trittin mit 71,9 Prozent auf den ersten, Göring-Eckardt mit 47,3 Prozent auf den zweiten Platz. Es durften zwei Stimmen abgegeben werden.
Der Grünen-Landesvorsitzende Daniel Wesener findet Künasts Ergebnis gut – er hatte mit weniger gerechnet. „Knapp 40 Prozent in so einer starken Konkurrenz zu bekommen – das zeigt doch, dass da ein starker Rückhalt für sie ist“, so Wesener. Das sei „kein Ergebnis, für das man sich schämen muss“.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek findet Künasts Ergebnis hingegen schlecht – sie hatte mit mehr gerechnet. Das Ergebnis habe aber keine Auswirkungen auf den Landesverband, so Kapek: „Ich gehe davon aus, dass alles beim Alten bleibt: Renate Künast kandidiert hoffentlich im Februar auf Platz eins der Landesliste und wird dort mit großer Zustimmung gewählt.“ Die Grünen sollten „nicht nur auf Generationswechsel setzen, sondern auch auf erfahrene Köpfe – und Renate Künast war ja eine gute Ministerin“.
Auch die Ko-Landesvorsitzende Bettina Jarasch bewertet Künasts Abschneiden als „gutes Ergebnis, gerade wenn man bedenkt, dass sie ja nur 3.000 Stimmen hinter Katrin Göring-Eckardt liegt“ und dass beide dem gleichen Realo-Flügel angehören. Das Instrument der Urwahl bewertet Jarasch nun positiv: „Ich gehörte zu den vielen Landesvorsitzenden, die glaubten, dass wir so etwas nicht brauchten. Aber ich stelle fest, dass es uns Schwung gegeben hat.“ In Berlin seien mehr als 300 Mitglieder zur Vorstellung der Kandidaten gekommen.
Auch Jarasch erwartet, dass Künast die Landesliste zur Bundestagswahl anführen wird: „Sie ist die Fraktionsvorsitzende und wird im Wahlkampf eine herausgehobene Rolle spielen müssen. Sie war in den letzten Monaten viel unterwegs in den Kreisverbänden, um mit den Mitgliedern zu sprechen und vor allem um zuzuhören. Da hat sie sich wieder viel Respekt eingehandelt.“
Renate Künast war vor einem Jahr als Spitzenkandidatin der Grünen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus angetreten. Die Partei bekam 17,6 Prozent – mehr als je zuvor, aber viel weniger als erhofft. Künast wurde für ihren Wahlkampf kritisiert, gerade auch von ihrem Realo-Flügel. Doch jetzt scheint für sie in Berlin wieder alles drin zu sein.
Renate Künast selbst sagt, sie werde ihre „Kraft als Fraktionsvorsitzende und natürlich auch in meinem Landesverband Berlin und im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg dafür einsetzen“, wieder in Regierungsverantwortung zu kommen. Ihr Ziel sei, „die Regierung Merkel abzulösen und durch eine handlungsfähige Regierung von Grünen und SPD zu ersetzen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands