piwik no script img

Frauen in den AufsichtsratEU will gesetzliche Quote

Bis 2020 sollen 40 Prozent aller Aufsichtsrats-Mitglieder weiblich sein. Das will die EU-Justizkommissarin und Vizepräsidentin Viviane Reding.

Auch ein Weg, um in den Aufsichtsrat zu kommen. Bild: dapd

BERLIN taz | Frauen in Führungspositionen bleiben hierzulande immer noch eine Randerscheinung. In den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen waren 2011 nur drei Prozent Frauen anzutreffen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Führungskräfte-Monitor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Auch in den 30 börsennotierten Unternehmen zeigt sich Fortschritt nur im Schneckentempo: Ende 2011 waren nur 3,7 Prozent der Vorstandsplätze von Frauen besetzt – seit fast 10 Jahren unverändert. Nur 19,6 Prozent saßen 2011 im Aufsichtsrat, so eine aktuelle Studie der Lobbyorganisation FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte).

Die Europäische Kommission will jetzt Dampf machen. Bereits im März hatte EU-Justizkommissarin und Vizepräsidentin Viviane Reding erste Andeutungen gemacht, jetzt wird sie konkret: Bis 2020 sollen 40 Prozent aller Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen Frauen sein. Das geht laut FAZ aus dem Entwurf einer entsprechenden Richtlinie hervor. Firmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, soll ein Entzug von Subventionen oder ein Ausschluss von öffentlichen Wettbewerben drohen.

Es ist dann also möglich, dass ein zum Aufsichtsrat berufener Mann seinen Posten an eine mindestens genauso qualifizierte Frau abgeben muss. Firmen mit weniger als 250 Mitarbeiten und einem Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro seien von der Regelung vorerst ausgenommen. Den Plänen müssen EU-Parlament und Mitgliedstaaten im EU-Rat zustimmen – Letztere mit qualifizierter Mehrheit. „Verbindliche Regeln werden einen größeren gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen generieren, als unverbindliche“, heißt es in einem Begleitschreiben zum Entwurf.

Schröder setzt auf Selbstkontrolle

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) kritisiert die geplante Richtlinie: „Es ist absurd, allen Unternehmen, von der Stahlindustrie bis hin zur Medienbranche, dieselbe Einheitsfrauenquote zu diktieren“, sagt sie der Bild-Zeitung. Deutschland käme auch ohne die Einmischung von Reding voran. Schröder setzt stattdessen zusammen mit der CDU-Spitze auf eine flexible Quote, bei der börsennotierte Unternehmen sich selbst bindende Vorgaben setzen.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist dagegen für Redings Entwurf, ebenso wie die Frauenunion der CDU. „Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft in Deutschland haben in elf Jahren nicht zum Ziel geführt“, sagt Maria Böhmer, Vorsitzende der Frauenunion der taz.

Auch Christel Humme (SPD), Vizechefin des Familienausschusses im Bundestag, freut sich über den Rückenwind aus Brüssel. „Damit kommen auch die Unternehmen unter Druck, etwas zu machen“, sagt Humme der taz. Dass die Frauenquote ohne Druck von Brüssel nicht funktioniert, sagt auch Monika Schulz-Strelow, Geschäftsführerin von FidAR. „In Deutschland wird es ohne gesetzliche Regelung nicht vorangehen.“

Henny Engels vom Deutschen Frauenrat steht dem Entwurf kritischer gegenüber. „Wir befürworten den Vorschlag grundsätzlich, aber es bleibt abzuwarten, ob er auch greift“, sagt Engels. Ohne klare Sanktionen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bliebe die Richtlinie „ein zahnloser Tiger“. Innerhalb der EU gilt in puncto Quote Norwegen als Vorreiter. Bereits seit 2008 müssen 40 Prozent der Aufsichtsräte weiblich sein. In Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Italien und Spanien gibt es bereits Quotenregelungen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • W
    willy

    Mit 30° Krümmung!

  • G
    grummelkuss

    Ich will keine Frauenquote und ich will

    nicht das ein paar wenige Minister auf EU-Ebene

    uns vorschreiben, was wir zu tun haben.

     

    Die meisten wollten von an Beginn an keine

    Ausschaltung der staatlichen Souveranität

    durch das Ausland, nur weil Mitterand

    wieder ein auf "grande nation" machen will.

     

    Deutschland soll wieder souverän sein und

    eine neue Generation mit mehr

    VolkswirtschafterInnen soll sich um das

    Allgemeinwohl bemühen.

    Die EU killt die Freiheit!!!

  • F
    FMH

    Man mag mich sonstwas schimpfen, aber ich bin der Ansicht, dass Quoten, besonders wenn sie so hoch sind, nur Vorurteile schüren. Ob gleichqualifiziert oder nicht, besonders in der Übergangsphase wird man vielen Frauen die Kompetenz absprechen und sie als "Quotenfrauen" bezeichnen. In Industriezweigen in welchen sehr wenige Frauen arbeiten mag es sogar ab und zu der Fall werden, dass unterqualifizierte Frauen in die Führungsebene gehoben werden müssen, weil einfach nicht genügend mit ausreichender Befähigung vorhanden sind.

     

    Ein Kompromiss wäre doch, wenn der durchschnittliche Frauenanteil in der Führungsebene 3,7% ist, einmal mit Beispielsweise 20% Zwangsquote zu beginnen. Von da an könnte es sich dann aufgrund von positiven Erfahrung, die man mit Frauen in diesen Positionen macht, von selbst heraufregeln. Wenn es nicht funktioniert, dann kann man nachbessern. Gleich mit 40% oder gar 50% zum beginnen halte ich für vollständigen Humbug

  • C
    Celsus

    Die Eu will das so? Das klingt so anonym. Aber da stecken doch Menschen udn in vielen Fällen auch deutsche Politiker hinter. In vielen Fällen wllen einfach Deutschland und andere mächtige Länder und die EU macht es dann so.

     

    Und doch gilt in Deutschland wie Europa, dass die Probleme von Frauen sich nicht an einer besonders kleine Gruppe von Menschen hängen, die in den Aufsichtsräten unterkommen. Deren Probleme wären etwas grundlegender: Die wollen überhaupt einen unbefristeten und gut bezahlten Job - meist allerdings weit unterhalb der Ebene der Aufsichtsräte oder Manager.

     

    Und was bitte wird für die nicht abgehobenen Alltagsprobleme von Frauen getan? Nichts? Sehr dürftig.