: Eklat bei der Mopo
Weil die Mecom-Gruppe immer mehr Stellen streicht, wehren sich die Mitarbeiter der Hamburger Morgenpost. Die Nachtausgabe fällt aus, und aus Berlin rückt ein mobiles Einsatzkommando an
„Unsere Hamburger Morgenpost gehört seit zwei Jahren zu einem internationalen Medienkonzern, der hohe Rendite-Erwartungen an uns stellt. Dabei ist die Mopo schon jetzt ein gesundes Unternehmen, das jährlich hohe Gewinne abwirft. Doch das reicht der Konzernleitung in Person von Geschäftsführer Josef Depenbrock nicht. Weil durch Anzeigen- und Verkaufserlöse allein die Rendite-Erwartungen nicht erfüllt werden können, soll nun das ohnehin schon knappe Personal weiter abgebaut werden. Von heute noch 116 Kollegen könnte die Belegschaft im nächsten Jahr auf unter 100 zusammengeschrumpft sein. Dagegen wehren wir uns!“
Die Mitarbeiter aus Redaktion und Verlag der Hamburger Morgenpost.
VON MARCO CARINI
Die Turbulenzen in der Hamburger Morgenpost (Mopo) haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Weil sich die über 100 Mitarbeiter der kleinformatigen Hamburger Boulevardzeitung am Mittwoch bis in den frühen Abend hinein zu einer außerordentlichen Betriebsversammlung trafen, fiel die Nachtausgabe der Zeitung erstmals aus.
Und auch die Donnerstags-Ausgabe der Zeitung fiel anders aus als von Chefredakteur Frank Niggemeier geplant. Ein von Niggemeier bereits durchgewunkener Text der Mopo-MitarbeiterInnen über das geplante Stellenstreichungs-Programm wurde von der Berliner Konzernführung in letzter Sekunde aus dem Blatt verbannt. Verantwortlich für die Zensurmaßnahme: Hans-Peter Buschheuer, weisungsbefugter Chefredakteur der Sparte Kaufzeitungen der Mopo-Eignerin BV Deutsche Zeitungsholding, einem Tochterunternehmen der Mecom-Gruppe des britischen Medieninvestors David Montgomery. Damit wurde, so ein Mopo-Redakteur, „unsere redaktionelle Unabhängigkeit ausgehebelt und Niggemeier zum Berliner Handlanger degradiert“.
Doch damit nicht genug: Weil die Berliner Konzernleitung offenbar Sabotagebestrebungen in der Hamburger Griegstraße, dem Mopo-Verlagssitz, befürchtete, schickte sie gestern ein fünfköpfiges „mobiles Einsatzkommando“ nach Hamburg. Die handverlesenen Mitarbeiter des Berliner Kuriers, der ebenfalls zur Holding gehört, sollten „die Produktionssicherheit“ garantieren. Im Klartext: Sie sollten überwachen, dass die Morgenpost ordnungsgemäß und ohne unliebsame Inhalte in eigener Sache erscheint. Die Abordnung wurde nicht mit offenen Armen empfangen. „Kollegenschweine“, so ein Mopo-Redakteur hinter vorgehaltener Hand. Mopo-Betriebsratschef Holger Artus spricht unterdessen von „einer neuen Stufe der Eskalation.“
In dem nicht erschienen Text hatte die Mopo-Belegschaft angekündigt, sich gegen die geplante Entlassung weiterer 16 Kollegen zu „wehren“. Kurz zuvor war durchgesickert, dass die Marketing-Leiterin und der Vertriebschef bereits gekündigt wurden und mit dem Leiter des Rechnungswesens an einem Aufhebungsvertrag gebastelt werde.
Die Belegschaft wehrt sich gegen ein Sparprogramm, dessen Volumen der Betriebsrat auf 4, 6 Millionen Euro beziffert. Schon in den vergangenen zwei Jahren sei die Zahl der Redakteure von einst 70 auf 49 gesunken, sagt Betriebsrat Heinrich Klaffs. „Die Redaktion kriecht auf den Brustwarzen.“
Einher mit dem radikalen Personalabbau geht, dass inzwischen die drei Panorama-Seiten und die Medienseite sowie 60 Prozent der Inhalte der Mopo am Sonntag bereits von der Redaktion des Berliner Kuriers produziert werden. Nicht nur Klaffs befürchtet deshalb, dass sich die traditionsreiche Morgenpost künftig zum „Wurmfortsatz des Berliner Kuriers“ entwickeln und den Status als Vollredaktion verlieren werde. Nach Kenntnis des Betriebsrats soll nun auch noch das Rechnungswesen von Hamburg nach Berlin verlagert werden.
Die Gewerkschaft Ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) appellierten unterdessen an die Gesellschafter, eine Arbeitsplatzgarantie abzugeben und „die redaktionelle Unabhängigkeit der Mopo als Vollredaktion und damit die Zukunft des Blattes“ zu sichern.