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Archiv-Artikel

Zulieferer in der Klemme

Gimotive/Stankiewicz mit weltweit 2.100 Jobs droht das Aus, weil Banken plötzlich Kredite zurückfordern. Dabei sind auch Institute, die vom Rettungspaket des Bundes profitieren

von KAI SCHÖNEBERG

Credit Crunch, sagen die Experten. Was für viele immer noch abstrakt und fern ist, zeigt jetzt konkrete Auswirkungen. Die „Kreditklemme“ bedeutet in der Volkswirtschaft das Übergreifen von der Finanzkrise auf die Realwirtschaft: Nicht nur Banker, sondern auch Malocher sind betroffen, wenn Hausbanken plötzlich ihr Geld zurück wollen. So ist es offenbar auch einer Firma aus Adelheidsdorf bei Celle ergangen, die volle Auftragsbücher hat, aber dennoch unter den momentan wegbrechenden Aufträgen aus der Autoindustrie leidet.

Mit Gimotive/Stankiewicz steht als Folge von Finanzkrise und Absatzflaute der erste größere Autozulieferer auf der Kippe. Die Insolvenz droht. Weltweit hat die Gimotive-Tochter 2.100 Arbeitsplätze. Allein in Celle arbeiten 600 Mitarbeiter, in Hamburg, Hameln, Bad Friedrichshall, Straubing und im thüringischen Friedrichroda weitere 700. Im Jahr 2007 erzielte die Gruppe einen Umsatz von rund 270 Millionen Euro.

Sie fertigen Schallisolierungen für Motor-, Innen- und Kofferräume. Und natürlich musste auch Stankiewicz unter den Bremsspuren bei den Kunden, dazu gehören Audi, BMW oder Mercedes, leiden. Weil Investitionen vorfinanziert werden mussten und die Auto-Riesen die Aufträge drosselten, kamen die Celler in Liquiditätsschwierigkeiten und konnten Kredite nicht mehr bedienen. Angeblich geht es um Summen in Höhe von sieben bis acht Millionen Euro.

Umgehend forderten die Kreditgeber auf Knall und Fall ihre gesamten Darlehen, bedeutend mehr, zurück. Und zwar zum gestrigen Freitag. Das hätte den Adelheidsdorfern, die in der Branche einen guten Ruf haben, die Luft abgedrückt.

Pikant: Bei den Instituten handelt es sich um Landesbanken, die zum Teil schon vom Rettungsfonds der Bundesregierung profitiert haben. Ein Konsortium unter der Führung der Hessischen Landesbank, an dem auch die Pleite-Bank IKB, aber auch Landesbank Baden Württemberg, Saar LB und Nord/LB beteiligt sind.

Am Freitag konnten die Beschäftigten erst mal aufatmen: In letzter Minuten verhandelten die Banken, Geschäftsführung und niedersächsisches Finanzministerium ein Stillhalteabkommen bis zur kommenden Woche. „Die Banken setzen die Kreditkündigungsrechte bis Ende nächster Woche aus und halten alle Kreditlinien offen“, hieß es gestern in einer Mitteilung. Diese Zeit werde dazu genutzt, „eine langfristige Lösung zu finden“. Gleichzeitig prüft das landeseigene Förderinstitut Nbank Bürgschaften für den Zulieferer. „Wir atmen erst mal auf“, sagte Dieter Weniger, Bezirkschef der zuständigen Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie zur taz. „Es wäre ja auch ein Stück aus dem Tollhaus gewesen, wenn sich die Banken auf Kosten des Steuerzahlers gesund stoßen, aber ein leistungsfähiges Unternehmen vor die Hunde gehen lassen“.

Die Notlage des Unternehmens hatte ausgerechnet der sonst auf Stillschweigen bedachte Verband der Automobilindustrie (VDA) an die Öffentlichkeit gezerrt. Es dürfe „nicht sein, dass Arbeitsplätze gefährdet sind, nur weil einzelne Banken plötzlich auf die Kreditbremse treten“, hatte VDA-Präsident Matthias Wissmann sich geärgert. Die Bundesregierung habe einen Rettungsschirm für die Banken doch gespannt, damit eben dies nicht passiere.Wissmann ist offensichtlich nur mit der drohenden Pleite einer Mitgliedsfirma nach außen gegangen, weil Stankiewicz nicht die Einzigen sind, die vor dem Kollaps stehen. Wie dramatisch die Lage der Autobauer mittlerweile ist, zeigt auch die gestrige Bitte um eine Staatsbürgschaft, die Opel stellte.