: Ein Erfolg für gläubige Gläubiger
Islam-Holding muss laut Gericht Geld zurückzahlen. Anwalt: Präzedenzfall für tausende geprellte Anleger
Erstmals hat ein Berliner Gericht in einem Prozess gegen eine islamische Holding ein vollstreckbares Urteil gesprochen. Das Kammergericht folgte am Donnerstag dem Antrag eines geprellten Anlegers und verurteilte die türkische Kombassan-Holding dazu, diesem seine 1998 eingezahlten Investitionen in Höhe von umrechnet 82.905,98 Euro plus jährlich 4 Prozent Zinsen zurückzuzahlen. Auch die Prozesskosten muss Kombassan tragen.
Nach islamischen Rechtsvorstellungen sind Geldgeschäfte mit Zinsen verboten. Kombassan und andere sogenannte Islam-Holdings boten daher die Möglichkeit an, Anteilsscheine an ihren Firmen zu erwerben. Anders als bei anderen Geldanlagen sollten sie sich nicht mit Zinsgewinnen, sondern mit Gewinnbeteiligungen in Höhe von bis zu 40 Prozent bezahlt machen.
Die Holdings gewannen deshalb vor allem unter Muslimen Kunden und warben auch gezielt in Moscheen. Über ihre Verbindungen zu islamischen Organisationen wie etwa Milli Görüs, aber auch zu Mitgliedern der religiös orientierten türkischen Regierungspartei AKP wird immer wieder in Prozessen gestritten.
In den 90er-Jahren nahmen islamische Holdings über den Verkauf solcher Anteilsscheine Milliardensummen ein. Anfangs tatsächlich ausbezahlte „Gewinnanteile“ wurden allerdings meist nach dem Schneeballprinzip aus den Einzahlungen von Neuanlegern bestritten. Anfang des Jahrtausends platzte die Blase – hunderttausende geprellte Anleger bangen seither um ihr Geld. Die Zahl der Prozesse gegen Islam-Holdings dürfte europaweit in die Tausende gehen.
Der nun vor dem Kammergericht erfolgreiche Kläger, ein in Berlin lebender Türke, hatte 1998 etwa 165.000 Mark in Anteilsscheine der Holding investiert. Als er 2006 die Rückzahlung des Geldes plus der versprochenen Gewinnanteile forderte, verweigerte Kombassan dies. Dagegen klagte er – und bekam nun recht.
Der Anwalt des Klägers, Özkan Arikan, wertet das aktuelle Urteil als Präzendenzfall, der auch anderen Berliner Geschädigten Hoffnung mache. Bisher hätten Berliner Gerichte Klagen gegen die Islam-Holdings mit der Begründung zurückgewiesen, die betrügerische Absicht beim Verkauf der Anteilsscheine sei diesen nicht nachzuweisen. Arikan schätzt die Zahl der durch Islamholdings Geschädigten in Berlin auf mehrere zehntausend.
ALKE WIERTH
Aktenzeichen 23 U 10/08, schriftliche Urteilsbegründung wird in zwei bis drei Wochen erwartet