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Archiv-Artikel

Ohnmacht im Turnschuhladen

Gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in chinesischen Adidas-Fabriken protestiert Inkota mit einem Flashmob

Gerade hat die Frau noch einen 200-Euro-Turnschuh von allen Seiten begutachtet – jetzt sinkt sie zu Boden. Auch etwa 20 andere Besucher des Adidas-Ladens in der Münzstraße scheinen plötzlich einen Schwächeanfall zu erleiden. „Ach, das ist bestimmt irgend so eine Kunstaktion, die stehen in ein paar Minuten wieder auf“, beruhigt ein Verkäufer seinen Kollegen. Manche Kunden starren auf die am Boden Liegenden, andere stöbern weiter in den Stapeln goldfarbener Jacken und gestreifter Trikots. Nur ein Verkäufer versucht, einen Fotografen zu behindern. „Ach, lass den doch!“, wiegelt ein anderer ab. Nach zwei Minuten ertönt eine Trillerpfeife, die Zusammengesunkenen rappeln sich auf und halten eine Karte in die Höhe: „Adidas Stop. Arbeitsrechte weltweit: Play fair – jetzt!“ steht darauf. „Bestimmt wegen Indonesien oder so“, meint eine Verkäuferin.

Die Entwicklungshilfeorganisation Inkota wollte mit der gestrigen Gruppenaktion, einem Flashmob bei Adidas, auf die Arbeitsbedingungen in der Sportbekleidungsindustrie aufmerksam machen. Denn während die Olympischen Spiele in Peking unter dem Motto „Eine Welt – ein Traum“ stehen, ist das Großereignis für die Menschen in den Fabriken ein Albtraum. „In China erhalten Produzentinnen von Turnschuhen 20 Cent Stundenlohn bei einer Arbeitszeit von 13 Stunden am Tag“, so Inkota. In El Salvador wurde eine Fabrik mit 500 Arbeiterinnen geschlossen, weil sich 63 von ihnen gewerkschaftlich organisiert hatten. Ende April will die Organisation einen Bericht mit konkreten Recherchen über Adidas in China, Pakistan und Bangladesch veröffentlichen.

Der Konzern aus Herzogenaurach ist der zweitgrößte Sportbekleidungshersteller weltweit. Von den Spielen in Peking verspricht er sich großen Imagegewinn und die Verdopplung seines Absatzes in Asien. Deshalb soll das Unternehmen einen Olympia-Sponsorvertrag für 50 bis 65 Millionen Euro abgeschlossen haben. Dafür werden nicht nur die chinesischen Sportler komplett von der Firma mit dem Dreistreifenlogo eingekleidet, sondern auch tausende von Organisatoren und das Heer der freiwilligen Helfer.

Zwar hat Adidas inzwischen einen Weltdirektor für soziale Fragen angestellt, der immerhin eine Abteilung mit 30 Mitarbeitern leitet. „Doch was deren Arbeitsbedingungen geht, sind sie ähnlich schlecht wie überall in den chinesischen Freihandelszonen“, so Evelyn Bahn von Inkota. ANNETTE JENSEN