: Iran droht Briten mit Spionageprozess
Nach der Festnahme von 15 britischen Marinesoldaten durch iranische Truppen im Persischen Golf verschärft sich der Ton zwischen London und Teheran. Demonstranten verlangen die Freilassung von Iranern, die sich im Irak in US-Haft befinden
Der UN-Sicherheitsrat hat am Samstag geschlossen weitere Sanktionen gegen den Iran verabschiedet. In der Resolution wird von Teheran der sofortige Stopp der Urananreicherung und eine Rückkehr an den Verhandlungstisch gefordert. Zugleich schreibt sie ein Verbot der Ausfuhr aller Waffen aus dem Iran und neue Einschränkungen im Zahlungsverkehr vor. Die UN-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, Reisebeschränkungen für eine Reihe von Personen einzuführen. Die Atomenergiebehörde soll in 60 Tagen einen Bericht vorlegen, ob der Iran der Forderung nach Aussetzung der Urananreicherung nachgekommen ist. Iranische Politiker bezeichneten die Resolution als „illegal“. AP
VON BAHMAN NIRUMAND
Den 15 britischen Marinesoldaten, die am Freitag in den Gewässern des Persischen Golfs, an der Grenze zwischen Iran und Irak festgenommen wurden, droht ein Prozess wegen Spionage. Der Zwischenfall ereignete sich nach der Routinekontrolle eines Handelsschiffs im Schatt al-Arab, des Grenzflusses zwischen Iran und Irak, ganz im Norden des Persischen Golfs. Nach Darstellung des britischen Verteidigungsministeriums wurden die Soldaten in irakischen Hoheitsgewässern aufgegriffen.
Sie gehören einer Einheit der Royal Navy an, die unter UN-Mandat die Sicherheit der irakischen Ölterminals und der irakischen Hoheitsgewässer im Persischen Golf gewährleisten soll. Nach Angaben der US-Streitkräfte waren die Soldaten auf dem Rückweg zu ihrer Fregatte „HMS Cornwell“, als sie von iranischen Patrouillenbooten bedrängt und von diesen auf iranisches Seegebiet eskortiert wurden.
Demgegenüber behauptet Teheran, die Soldaten hätten sich in iranischen Hoheitsgewässern aufgehalten. Die Führung wirft Großbritannien einen „feindlichen Akt“ vor. Der iranischen Agentur Fars zufolge wurden die Soldaten nach ihrer Festnahme nach Teheran gebracht. Bei den Verhören sollen die Festgenommenen laut Angaben des Sprechers der iranischen Streitkräfte, General Ali Reza Afschar, zugegeben haben, in iranische Gewässer eingedrungen zu sein.
Ein ähnlicher Vorfall hatte sich im Juli 2004 ereignet. Acht gefangen genommene britische Soldaten wurden jedoch nach vier Tagen wieder freigelassen. Doch die jüngste Festnahme scheint weit ernster zu sein. Bei Spionage drohen im Iran harte Strafen bis hin zur Todesstrafe.
Im Zusammenhang mit der Eskalation des Streits um das iranische Atomprogramm könnte der Vorfall weitreichende Folgen haben. Er könnte zu einer der Fallen werden, die die USA und ihre britischen Verbündeten den säbelrasselnden Radikalislamisten um Präsident Mahmud Ahmadinedschad gestellt haben. Denn sollte Iran sich weigern, die Soldaten frei zu lassen oder sie sogar zu bestrafen, könnte dies durchaus Anlass sein, um den längst geplanten militärischen Angriff auf das Land zu starten. Seit Wochen sind vor der iranischen Küste im Persischen Golf die US-amerikanischen Flugzeugträger „Stennis“ und „Eisenhower“ stationiert. Ihre Waffenarsenale reichen aus, um nicht nur die iranischen Atomanlagen, sondern die gesamte militärische und zivile Infrastruktur Irans – Brücken, Autobahnen, Elektrizitätskraftwerke, Raffinerien, Wasserversorgungseinrichtungen – zu zerstören.
Die Briten, die gemeinsam mit den USA dem Iran auch Einmischung in irakische Angelegenheiten und Unterstützung terroristischer Gruppen im Irak vorwerfen, haben schon zweimal Irans Botschafter in London einbestellt und Teheran vor Konsequenzen gewarnt. Auf der anderen Seite haben etwa hundert Demonstranten in Teheran, die sich als Studenten bezeichneten, gefordert, die britischen Gefangenen solange nicht frei zu lassen, bis die iranischen Diplomaten, die sich seit Wochen im Irak in amerikanischer Haft befinden freigelassen worden sind.