Millerntor-Machtkampf : Chaostage im Kiezklub
Mit seiner Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags hat sich der Aufsichtsrat des FC St. Pauli gestern ins Abseits gestellt. Mit der Weigerung, es den Mitgliedern zu überlassen, ob sie Corny Littmann als Präsidenten behalten, oder lieber mit dem Textilunternehmer Stefan Orth einen Neuanfang in der Vereinsführung wagen wollen, verletzt das Gremium elementare demokratische Spielregeln und entmündigt das oberste Organ des Vereins.
KOMMENTAR VON MARCO CARINI
Damit nutzen die Räte auf eine nicht zu billigende Art und Weise aus, dass nur auf ihren Vorschlag hin, ein Präsident in Amt und Würden kommen kann. Dabei ist es gleichgültig, ob die Räte noch Pfeile gegen Littmann und Co. im Köcher haben, die tatsächlich schwere Versäumnisse des Präsidiums beweisen. Gerade wenn ihre Argumente so gut, ihre Anschuldigungen so schwerwiegend sind, wie die Kontrolleure behaupten, bräuchten sie das Votum der Mitglieder kaum zu fürchten. Nun aber droht ihnen am Sonntag die Quittung durch Abwahl – und das zu Recht.
Vergessen werden darf dabei nicht, dass sich Littmann, dessen Erfolge bei der Sanierung des Klubs unbestritten sind, in dieser Auseinandersetzung nicht mit Ruhm bekleckert hat. Mit seinem nun zurückgenommenen Rücktritt hat er sich selbst geschwächt, die Eskalation befördert und die Schlammschlacht, die den Verein existentiell gefährdet, erst richtig losgetreten.