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Archiv-Artikel

Rechts und links außen gegen „Tornados“

Nachdem eine Klage der Unions-Politiker Gauweiler und Wimmer gegen die „Tornado“-Entsendung abgelehnt wurde, klagt jetzt die Linksfraktion: Der Einsatz sprenge den Nato-Vertrag. Die Erfolgschancen beim Bundesverfassungsgericht sind gering

AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH

Die „Tornado“-Klage ist tot, es lebe die „Tornado“-Klage. Am Montagabend lehnte das Bundesverfassungsgericht die Organklage der beiden Unions-Abgeordneten Willy Wimmer und Peter Gauweiler aus formalen Gründen ab. Gestern beschloss nun die Linksfraktion im Bundestag eine ganz ähnliche Klage. Wenn es gegen die Nato geht, sind die Inhalte eines Deutschnationalen wie Gauweiler offensichtlich mit der Linken durchaus kompatibel.

Gauweiler und Wimmer hatten argumentiert, die Zustimmung zum „Tornado“-Einsatz in Südafghanistan verletze Rechte des Bundestages, weil damit ohne förmliche Vertragsänderung der Inhalt des Nato-Vertrags umgedeutet werde. Postwendend hat Karlsruhe diese Organklage als unzulässig abgelehnt. Überraschend daran war nur die Schnelligkeit. Denn seit 50 Jahren ist bekannt, dass nur Fraktionen, nicht aber einzelne Abgeordnete eine Verletzung der Rechte des ganzen Parlaments rügen können. Auf Empfehlung des Abgeordneten Norman Paech greift nun die Linksfraktion die Klage auf. Damit wird sie zumindest zulässig. Aber auch die Linke kann nicht einfach rügen, der Afghanistankrieg sei völkerrechtswidrig, vielmehr muss es auch bei dieser Organklage darum gehen, dass Rechte des Bundestags verletzt sind.

Also argumentiert auch Paech damit, dass der Afghanistaneinsatz den Rahmen des Nato-Vertrags „gesprengt“ habe. „Wenn die USA in Afghanistan sechs Jahre lang Selbstverteidigung gegen den Terrorismus betreiben, dann hat das mit dem Zustimmungsgesetz zum Nato-Vertrag nichts mehr zu tun“, sagt Paech, der im Zivilberuf Völkerrechtsprofessor und Spezialist für Minderheitsmeinungen ist.

Auch wenn die Klage diesmal zulässig ist, wird sie in Karlsruhe wohl kaum Erfolg haben. Schon zweimal, 1994 und 2001, hat Karlsruhe entschieden, dass der Nato-Vertrag auch ohne förmliche Vertragsänderung „fortentwickelt“ werden darf. Paech weiß das ganz genau, denn das Urteil von 2001 folgte auf eine Klage der damaligen PDS-Fraktion, die den Wandel der Nato vom regionalen Beistandspakt zur globalen Interventionsmacht rügte. Prozessbevollmächtigter war Professor Norman Paech.

Die jetzige „Tornado“-Klage hat aber noch viel weniger Erfolgschancen. Denn was Paech diesmal vorträgt, ist hyperkompliziert. Da wird aus dem Angriffskrieg im Irak und der teilweise rücksichtslosen US-Kriegsführung in Afghanistan auf eine neue Stoßrichtung der Nato geschlossen. Diese neue Strategie wird als faktische Vertragsänderung verstanden, an der der Bundestag hätte mitwirken müssen. Zugleich betont die Linke, dass der Bundestag an einer solchen Änderung des Nato-Vertrags gar nicht hätte mitwirken dürfen, da sie ja gegen Völkerrecht und Grundgesetz verstößt. Bei solchen Windungen und Wendungen werden die Verfassungsrichter kaum mitmachen.

Die Mitwirkung des Bundestags an sich ist ja auch gewahrt. Das Parlament stimmte dem „Tornado“-Einsätzen am Freitag mit konkretem Mandat zu. Ob der Einsatz an sich gegen das Völkerrecht verstößt, hat Karlsruhe nicht zu prüfen. Für derartige Fragen gibt es schlichtweg kein Verfahren. Das hat die PDS während des Kosovokriegs schon mal erfahren. Man kann das bedauern, aber in der Demokratie muss nicht jede politische Entscheidung durch Richter kontrolliert werden können. Und selbst wenn Karlsruhe den „Tornado“-Einsatz inhaltlich prüfen würde, wäre es eher unwahrscheinlich, dass es einen Verstoß gegen das Völkerrecht sähe. Schließlich ist der Krieg ohne Opfer in der Zivilbevölkerung leider noch nicht erfunden. CHRISTIAN RATH