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Archiv-Artikel

Revolte der Bleistiftspitzer

Gewerkschaften planen Demo gegen Entmachtung der Personalräte in NRW-Landesbehörden. Die schwarz-gelbe Koalition will an ihrem Entwurf festhalten – auch wenn die CDA murrt

VON KLAUS JANSENUND MARTIN TEIGELER

Die Gewerkschaften wollen weiter mitreden dürfen, wenn das Land neue Laptops anschafft oder Staatsdiener versetzt. Deshalb gehen sie gegen ein Wortungetüm auf die Straße: Das neue Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG). „Die Landesregierung versucht, lästige Personalräte loswerden“, sagte Verdi-Landeschefin Gabriele Schmidt der taz. „Ministerpräsident Jürgen Rüttgers kann nicht öffentlich die Mitbestimmung loben und sie gleichzeitig in den eigenen Behörden zurückfahren.“

Trotz Widerspruch von CDU-Arbeitnehmern und DGB hat das Landeskabinett den umstrittenen Referentenentwurf aus dem Innenministerium von Ingo Wolf (FDP) jetzt weitgehend unverändert beschlossen. „Wir wollen eine Reform des Personalvertretungsrechts mit Augenmaß und sozialer Balance“, sagte Wolf zur Einbringung des Gesetzentwurf in den Landtag. „Deshalb werden wir das Bundesrecht 1:1 übernehmen, so wie es auch in den großen Flächenländern der Fall ist.“ Bei Versetzungen, Neueinstellungen und Kündigungen sollen die geringeren Mitspracherechte des Bundes übernommen werden.

Das neue LPVG sieht zudem vor, dass gewählte Personalratsmitglieder seltener von der Arbeit freigestellt werden können. Dadurch sollen 160 von derzeit rund 500 freigestellten Lehrern wieder unterrichten. In der übrigen Verwaltung sollen 50 Freistellungen gestrichen werden. Bei technischen Fragen wie etwa der Einführung neuer Computer müssen Personalräte künftig nicht mehr gefragt werden. Für die CDU-Landtagsfraktion ist das neue LPVG ein wichtiger Baustein zur Modernisierung der Landesverwaltung. „Alle Vorwürfe, Mitbestimmungsmöglichkeiten der Beschäftigten würden abgeschafft, laufen ins Leere“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Peter Biesenbach. Schwarz-Gelb braucht die Reform auch deshalb, weil sie sonst ihre ehrgeizigen Pläne zur Verwaltungsmodernisierung und Stellenkürzung im Staatsdienst nicht umsetzen kann.

Umso wütender ist der Widerstand der Gewerkschaften. Für den kommenden Montag rufen sie in Köln zu einer Demonstration auf. Der dortige DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen nannte die geplante Gesetztesänderung eine „große Sauerei“. Wenn die Rechte der Arbeitnehmervertreter eingeschränkt würden, könne das Land Behörden „munter ausgegliedern und privatisieren“. Polizei-Gewerkschaftschef Frank Richter sagte, der Gesetzentwurf atme den „gewerkschaftsfeindlichen Geist der FDP“. Auch Lehrergewerkschaften und Beamtenbund griffen die Landesregierung scharf an. Die Arbeitnehmervertreter hoffen nun, dass die Parlamentarier das Gesetz im Landtag noch einmal entschärfen. „Je lebhafter die Diskussion dort wird, desto besser ist das für uns“, sagte Verdi-Chefin Schmidt. Sie setzt ihre Hoffnungen besonders in den CDU-Arbeitnehmerflügel CDA, der lange gegen die Wolf-Pläne opponiert und diese sogar in einem offiziellen Vorstandsbeschluss als „Verschlechterung“ verurteilt hatte, die gegenüber den NRW-Landesbeschäftigten auf „Misstrauen“ statt auf „Motivation“ setze.

Tatsächlich fordern erste Parlamentarier aus dem Regierungslager, dass Wolf seinen Entwurf noch einmal nachbessert. „Ich bin nicht zufrieden mit der Vorlage“, sagt der CDU-Abgeordnete Peter Brakelmann. Zwar enthalte die Kabinettsvorlage „leichte Verbesserungen“ im Vergleich zum Referentenentwurf – aus CDA-Sicht reichten diese jedoch nicht aus. Dass sich die Koalition sich mit dem Gesetz neue Freunde unter den Landesbeschäftigten macht, glaubt der Landesvorstand der CDU-Sozialausschüsse aber nicht mehr: „Ich hoffe, dass sich noch etwas tut. Aber die FDP scheint nicht kompromissbereit zu sein.“