DARF MAN ÜBER HITLER LACHEN? DAS IST SCHON DIE FALSCHE FRAGE : Autoritäre Fixierung
Seit die Premiere von Dani Levys Film „Mein Führer“ näher rückt, wird wieder die Frage gestellt: Darf man über Hitler lachen? Levy zeigt Hitler mehr als einmal in lächerlichen Lagen: Auf allen vieren bellend und von seiner Hündin Blondie bestiegen. Im Bett mit Eva Braun, unbeholfen und impotent. Mit halbem Bart und heiser krächzend. Dem Film mag es an Subtilität fehlen, auch an Aberwitz und Screwball-Qualitäten. Doch wenn Levy einem groben Humor zuneigt, dann ist dies eher sein Problem und noch kein Grund zur Bedenkenträgerei. Dennoch warnt schon jetzt Ralph Giordano, es richte „Schaden an, wenn das Publikum denkt, Hitler sei eine Witzfigur“. Das zeigt, wie reflexhaft und gedankenarm in Deutschland über den Nationalsozialismus diskutiert wird.
Es ist seltsam: Vor 65 Jahren landete im Konzentrationslager, wer Witze über Hitler machte. Und noch immer scheint es, als bedürfe es einer Lizenz zum Lachen: ganz so, als gäbe es eine übergeordnete Instanz, die entscheiden könnte, wo gelacht werden darf und wo nicht. Bei Chaplin oder Lubitsch darf man, weil sie als filmhistorische Schwergewichte gelten; bei Levy lässt man lieber Vorsicht walten. Doch diese Vorstellung ist ähnlich autoritätsfixiert wie der Nationalsozialismus selbst.
Wovor hat man Angst? Vor Bagatellisierung? Vor Entlastung? Gegenfrage: Ist ein bleischweres Führerbunkerdrama wie „Der Untergang“ nicht viel apologetischer? Indem es Hitler so ernst nimmt, dass es ihn verstehen will, zollt es ihm eben jenen Respekt, den man dem Mann doch bitte schön wenigstens postum versagen sollte. Das Lachen dagegen birgt die Chance der Respektlosigkeit.
Filmemacher und Theaterregisseure wie Christoph Schlingensief oder René Pollesch haben das begriffen und in ihren Arbeiten Formen der komischen Überbietung entwickelt. Dabei setzen sie eine Fantasie frei: Wer imstande ist, Hitler der Lächerlichkeit anheimzugeben, der ist auch imstande, ihn – zumindest post festum – auszuschalten. Das ist zwar Denken im Irrealis. Aber tausendmal sympathischer, als sich in Hitler einfühlen zu wollen. Und es bevormundet den Betrachter weit weniger, als all die ernsthaften deutschen Nazifilmer es tun. CRISTINA NORD