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Archiv-Artikel

kein kommentar! Eingeklemmtes Aushängeschild

Joseph von Westphalen steckt zwischen dem „Durchblick“ und den Leserbriefen. Etwas trocken ist es hier. Und auch nicht so gut gepolstert wie ein paar Seiten weiter bei Daniela aus Bremen, in der textilfreien Fotoreportage aus der Autowaschanlage. Nein, sie haben es nicht wirklich gut gemeint mit ihrem Neuzugang, dem Aushängeschild der deutschen Unterhaltungsintellektuellen, der von nun an einmal im Monat seine Betrachtungen über die arbeitende Frau im Playboy darlegen darf. Das hätte man schöner machen können. Besser eingebettet.

Aber auch der Joseph geht stiefväterlich mit seinem neuen Ziehkind um und bleibt in seiner „Phänomenologie des arbeitenden Weibes“ unter seinen Möglichkeiten. Für den Titel, der die Erweckung des Berufsstandes der Folterweiber aus dem Wachkoma wert wäre, wird er wenig können. Dennoch hätte er weit mehr gekonnt, als die dünnen Gedanken eines ergrauenden Mannes mit Hormonstau aufs Papier tropfen zu lassen.

Joseph von Westphalen hat ein Stehproblem. Er steht in dieser Republik für den klugen, unterhaltsamen Intellektuellen, der mit seinen gut lesbaren Gedanken den Nerv seiner Artgenossen trifft: „Genau so ist es!“, denken die Männer, die noch so viel wollen, aber die Stiche der Biologie zu fühlen beginnen.

So einer stünde auch uns gut, werden sich die Macher des Playboy gedacht haben, dem Magazin, das vor allem wegen seiner guten Interviews und Kolumnen gekauft wird. Und dann werden sie dem Herrn mit dem klangvollen Namen eines altwürdigen Adelsgeschlechts ziemlich viel Geld geboten haben, damit er als Axel Hacke der ewigen Jäger ihr mannigfaltiges Heft mit seinen Weisheiten anfüllt. Und Joseph wird einen Moment innegehalten und sich mit seiner Frau oder Freundin beraten haben. Am Ende wird ihn die Tradition überzeugt haben, mit der der Playboy seit Jahrzehnten große Namen an sich bindet: Norman Mailer, Wolf Wondratschek. So hat die Eitelkeit den Joseph gepackt und das viele Geld, das nicht mitzunehmen ein Frevel wäre.

Und nun ist das dabei herausgekommen: ein Ich-Erzähler, der sich nicht traut. Der die Truhe seiner Sehnsüchte nicht vor der Öffentlichkeit aufzuklappen bereit ist und sich in Fast-Altmänner-Manier an „der Hand auf dem Knie“ und der Nachtarbeit einer „Professionellen“ entlanghangelt. Der viel zu erzählen hätte – würde er nicht um seinen Ruf fürchten, sein Intellektuellen-Image inmitten einer körperorientierten Voyeursgesellschaft.

Aber so wie der Autor noch die Möglichkeit hat, eine deutlichere Position zu finden, könnten auch die Playboy-Macher sich ein Herz nehmen und den Männervertreter aus der drögen Klemme zwischen „Durchblick“ und Leserbriefen erlösen. SILKE BURMESTER