: Nebelschleier um Paragrafen
Das Grundgesetz bietet einige Möglichkeiten, dass der Bund doch den Nichtraucherschutz regeln könnte, etwa wegen des Arbeitsschutzes
FREIBURG taz ■ Wer ist in diesem Land für die Gesetzgebung zuständig? Grundsätzlich die Länder. Es sei denn, der Bund hat im Grundgesetz ausdrücklich eine Ermächtigung erhalten. Faktisch gibt es inzwischen so viele Ermächtigungen, dass der Bund in der überwiegenden Zahl der Politikfelder Gesetze erlassen kann. Das gilt selbst nach der Föderalismusreform, die im September in Kraft getreten ist.
Wenn der Bund ein Gesetz erlassen hat, sind die Länder nur noch für Ausführung und Kontrolle zuständig.
Für ein Rauchverbotsgesetz des Bundestags sind vor allem folgende Kompetenznormen im Gespräch:
Recht der Wirtschaft (Artikel 74 Nr. 11 Grundgesetz): Hierauf kann sich ein Rauchverbot in Gaststätten nicht mehr stützen, weil das Recht der Gaststätten in der Föderalismusreform dem Bund ausdrücklich entzogen wurde.
Arbeitsschutz (Art. 74 Nr. 12 GG): Der Bund kann Gesetze zum Schutz von Beschäftigten in der Privatwirtschaft (auch in Gaststätten) erlassen. Auf diese Norm können aber keine Rauchverbote in Betrieben (Gaststätten) ohne Angestellte gestützt werden. Auch für den öffentlichen Dienst ist der Bund nicht zuständig, soweit es um Landes- und Kommunalbeschäftigte geht. Der Bund hat bereits in der Arbeitsstättenverordnung Regelungen zum Nichtraucherschutz getroffen. Diese könnte er erweitern. Eine Änderung der Verordnung würde aber nicht genügen, weil Rauchverbote in Grundrechte von Beschäftigten und Kunden eingreifen. Es ist daher eine gesetzliche Regelung erforderlich.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche Krankheiten (Art. 74 Nr. 19 GG): Gemeint sind damit Krankheiten, die zu schweren Gesundheitsschäden oder zum Tod führen können. Krebs ist da ein Paradebeispiel. Und da Tabakrauch krebserzeugend ist, kann der Bund ein gesetzliches Rauchverbot auf diese Norm stützen, so ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (WD).
Die Bundesministerien der Justiz und des Innern (BMI und BMJ) lehnen dies aber ab, weil dieser Kompetenztitel keine „konturenlose Superkompetenz“ des Bundes werden dürfe. Der Bund dürfe nach dieser Norm vielmehr nur solche präventive Maßnahmen regeln, die wie Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen „medizinisch geprägt“ sind. Ein Rauchverbot würde den Rahmen dieser Vorschrift ebenso überschreiten wie Maßnahmen gegen übermäßigen Alkohol- oder Zuckerkonsum. CHRISTIAN RATH