: „Durian“ hinterlässt eine tödliche Spur
Taifun verwüstet die Philippinen. Mehr als 400 Tote befürchtet. Klimawandel als Ursache für Häufung
BANKOK taz ■ Gestern Abend schätzten die philippinischen Behörden die Zahl der Toten auf mindestens 388, befürchteten aber, dass die Anzahl steige. Bis zu den Dächern waren Häuser im Schlamm versunken, der Tropensturm „Durian“ hatte außerdem Wasser- und Stromleitungen zerstört. Massive Regenfälle hatten eine riesige Lawine aus Schlamm und Asche des Vulkans Mayon ins Rutschen gebracht und mindestens acht Dörfer in der Provinz Albay rund 350 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Manila begraben. Der Chef des philippinischen Roten Kreuzes, Richard Gordon, schätzte, dass in mehreren Provinzen des Landes bis zu 44.000 Menschen obdachlos geworden seien.
Präsidentin Gloria Arroyo entsandte Rettungsmannschaften in die betroffenen Regionen. Doch viele Straßen sind für die Helfer wegen Hochwassers und Erdrutschen unpassierbar. „Durian“ ist der vierte Wirbelsturm, der die Philippinen binnen drei Monaten heimsuchte. Im Februar hatte eine gewaltige Schlammlawine auf der zentralphilippinischen Insel Leyte über 1.000 Menschen begraben. Für Erdrutsche sind auf den Philippinen oft illegale Waldrodungen verantwortlich.
Allerdings verhält es sich mit der Lage am Mayon wohl anders. Er gilt als einer der aktivsten Vulkane im Land, erst im Sommer hatte er dunkle Rauchwolken ausgespien. Einige Experten gingen gestern davon aus, dass möglicherweise hart gewordene Reste früherer Vulkanausbrüche ins Rutschen geraten waren. Umweltschützer warnen schon seit langem vor den Folgen des Klimawandels, der die Anzahl von Tropenstürmen, Dürren und Überflutungen erhöht habe. Dies wirke sich besonders verheerend auf Länder aus, die am wenigsten damit fertig würden, erklärt Abigail Jabines, Klimaexpertin von Greenpeace auf den Philippinen. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge haben Wirbelstürme auf den Philippinen zwischen 1975 und 2002 Schäden von durchschnittlich 83 Millionen US-Dollar pro Jahr verursacht.
Seit längerem appellieren Umweltschützer an die Regierung, verstärkt auf erneuerbare Energien zu setzen: Die industrialisierten Staaten seien nicht als einzige für den massiven Ausstoß an Treibhausgasen verantwortlich, so Jabines. Statt Fehler zu vermeiden, verließen sich auch die Philippinen immer noch zu sehr auf fossile Energien wie zum Beispiel Kohle. Nach Angaben von Experten deckt das Land derzeit weniger als ein Prozent seines gesamten Bedarfs aus erneuerbaren Energien.
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