: „Ich knall euch alle ab!“
Nichts ist nach dem Amoklauf von Emsdetten so vorhersehbar wie die „Christiansen“-Sendung vom kommenden Sonntag. Vorschau auf eine gesamtgesellschaftlich hochbrisante Expertendebatte
Sabine Christiansen, die Moderatorin von „Sabine Christiansen“, begrüßt ihre Expertenrunde zum aktuellen Topthema: „Der Amoklauf von Emsdetten – haben wir alle versagt?“. Im Studio:
Peter Scholl-Latour, Islam- und Gewaltexperte
Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands
Claudia Roth, Menschenrechtlerin (die Grünen)
Jörg Schönbohm, Innenminister Brandenburg
Holm Friebe, digitaler Bohèmien
Daniel Bahr, FDP-Experte aus Münster
Mutter Beimer, Mutter von „Lindenstraßen“-Klausi
Gewaltbereiter Jugendlicher, anonym
Sabine Christiansen: Ich darf Sie alle recht herzlich begrüßen zur heutigen Sendung. (Blickt streng und frontal in die Kamera) Deutschland steht unter Schock. Ein 18-jähriger Exschüler kehrt an seine Schule zurück und schießt aus Rache elf Menschen an, eher er sich selbst richtet. Ist Deutschland noch zu retten? Sind Killerspiele wie „Counterstrike“ noch tragbar – oder sollten sie endlich verboten werden, zum Schutz unserer Kinder? Müssen Pädagogen und Politiker in Emsdetten nicht die volle Verantwortung für das unfassbare Ereignis übernehmen (wendet ihren Kopf), Herr Scholl-Latour?
Scholl-Latour: Wenn ich mich meiner zahlreichen Reisen nach Emsdetten entsinne, also, wissen Sie, Frau Christiansen, da kann ich nur sagen: Emsdetten – das ist überall!
Josef Kraus (schüttelt heftig den Kopf): Es ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft, mehr Interesse am Mitmenschen zu praktizieren.
Scholl-Latour: Denunziant! Dilettant! Unkulturist!
Josef Kraus (besänftigend): Man muss natürlich aufpassen, dass daraus nicht eine Unkultur der Denunziation wird. Herr Scholl-Latour!
Mutter Beimer: Ich bin zutiefst schockiert, der arme Junge! Wie kann so etwas in Deutschland bloß passieren?
Christiansen: Herr Bahr? Sie kommen doch aus der Gegend …
Daniel Bahr: Meine Herkunft tut hier nichts zu Sache. Die Menschen sind frei.
Christiansen: Frau Roth?
Claudia Roth: Es – ist – UNFASSBAR. Wir müssen handeln.
Jörg Schönbohm (nickt besorgt): Killerspiele leisten einen verhängnisvollen Beitrag zur leider wachsenden Gewaltbereitschaft und fördern aggressives Verhalten …
Gewaltbereiter Jugendlicher: Äh …
Christiansen: Herr Schönbohm, Sie waren noch nicht zu Ende …
Schönbohm: Schön, dass ich ausreden darf. Ich muss konsequent gegen Spiele vorgehen, die Gewalt verherrlichen.
Bahr (hitzig): Mit einem Verbot lösen Sie nicht das strukturelle Problem im gesamten Jugendbereich!
Schönbohm: Ver-bie-ten!
Scholl-Latour (sachlich): „Es handelt sich im Prinzip ja um einen Selbstmörder.
Christiansen (interessiert): Ja?!
Scholl-Latour: Weil er die Sinnhaftigkeit des Lebens nicht mehr erkennt – das ist auch ein versteckter Hilferuf.
Christiansen: Was schlagen Sie vor?
Scholl-Latour: Bewaffnung, Vollbewaffnung für alle Schüler, und explizit: Schülerinnen.
Roth: Moooment mal, es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Frauen und insbesondere junge Mädchen einen weitaus geringeren Hormonstau aufweisen.
Christiansen: Als wer?
Friebe: Vielleicht sollten wir den Jugendlichen aus unserer Runde einbeziehen?
Christiansen: Herr Friebe, wie ist das denn so in Ihrem Leben? Erfahrungen mit Killerspielen?
Friebe (zum gewaltbereiten Jugendlichen): Du bist gefragt, Kumpel …
Gewaltbereiter Jugendlicher: Ja, also …
Kraus: Arbeit, Leistung, Treue, Verlässlichkeit sind trotz aller Probleme und Widerstände feste Werte, für die es sich zu leben lohnt. Eine Gesellschaft, die diese Werte verliert, läuft irgendwann selber Amok.
Bahr: Deutschland liegt in einer OECD-Studie beim Verhältnis Schulpsychologen zu Schülern nur auf dem vorletzten Platz. Da liegt Deutschland kurz vor Malta!
Schönbohm: Pah!
Gewaltbereiter Jugendlicher: Ähm, ich …
Schönbohm: Ich muss endlich handeln!
Roth: Nicht jeder, der ein Killerspiel spielt, wird automatisch zum Massenmörder!
Christiansen: Wie geht’s eigentlich unserem Jugendlichen?
Gewaltbereiter Jugendlicher: Ich knall euch alle ab!
Christiansen: Huch! Aber doch bitte erst am nächsten Sonntag! (Lächelt, steckt ihr Köpfchen mit Scholl-Latour zusammen und kichert.) Abspann.