: Frischfleiß für Deutschland
Der dümmste Hund im ganzen Land, das ist und bleibt der Praktikant
10.000 neue Praktikumsplätze bei VIVA! Aber anstatt ihren Dank zu bekunden, hat die „Generation Praktikum“ keinen Bock mehr auf Buckeln, auf Malochen für lau. „Lieber tot als devot“, skandieren Abermillionen Schüler-, Schnupper-, Langzeit- und Lebenspraktikanten, lümmeln sich auf Demonstrationen, setzen sich ins Ausland ab oder übernehmen Papis Firma. Was tun?! Wie kann man dennoch billig an Frischfleiß rankommen, wenn die deutschen Bürgerkinder bocken? Die Wahrheit zeigt fünf praktikable Wege aus der Praktikantenklemme.
1. Gastpraktikanten
Fremdländische Praktikanten aus aller Herren Länder müssen her! Aus Weißrussland, Albanien oder Pakistan. Die haben Auslandserfahrung und keine Ansprüche. Kauen in der Pause brav ihre Brote, ackern bis Mitternacht und gehen dann zum Deutschkurs. Ein Anruf bei Universitäten und Arbeitsämtern in den Anwerbestaaten genügt: „Hallo, hier deutsche Wirtschaft. Bestellung: 100.000 Praktikanten!“ Die deutsche Staatsbürgerschaft darf dabei ruhig als Lockvögelchen dienen. Trifft die Bestellung ein, Stechuhren wieder rauskramen und Kameras installieren. Und der millionste Gastpraktikant kriegt ein Zündapp-Mokick plus Blumenstrauß.
2. Wanderpraktikanten
Warum nicht gleich alle Praktikumsplätze ins Ausland verlegen? Dann kommt auch die hiesige Jugend wieder angekrochen, denn ein Auslandspraktikum als Sahnehäubchen auf dem Lebenslauf ist ein Muss. Also einfach die hiesigen Praktikanten ins Ausland verlegen, am besten nach Übersee, je entfernter, desto begehrter. Anreise selbstverständlich auf eigene Kosten. Strandnahe Bambushütten und andere „Tochterbüros“ anmieten und die Praktikanten von dort aus zuarbeiten lassen. Denn die Online-Präsenz der Muttergesellschaft lässt sich auch aus Ostasien optimieren. Ein wichtiger Tipp: Warum nicht Büros auf mehreren Kontinenten anmieten? So wird die einjährige Weltreise zum verkappten Praktikum. Ein Profi-Tipp: Büromiete besser gleich sparen und die Praktikanten total mobil vom Flugzeug, von der Hängematte oder dem Baumhaus aus kräftig schuften lassen. Laptops machen’s möglich.
3. Seniorpraktikanten
Rentner, Pensionäre und Veteranen: Anstatt als neunmalkluge Seniorstudenten den Erstsemestern im Hörsaal auf den Wecker zu fallen, können die Alten ihren Eifer auch anderweitig ausleben: als Seniorpraktikanten. Denn ein Praktikum ist prestigeträchtiger als jedes Ehrenamt und macht sich gut in den Memoiren. Also: Datenbanken statt Enten füttern! PR-Kampagnen statt Wehwehchen ausdenken! Am Nachmittag Filterkaffee mit Dosenmilch reichen und sonntags Frankfurter Kranz. Am Ende das Seniorpraktikum mit einem hohen Orden („Eisernes Praktikreuz“) honorieren. Zeugnisse kennen die Alten sowieso nicht.
4. Zwangspraktikanten
Ein Praktikum als Bürgerpflicht: Das unfreiwillige soziale/kulturelle/mediale/ökonomische Jahr für alle, und endlich auch für Frauen. Aber erst nach der Ausbildung. Praktikantenlager auf dem Firmengelände bauen. Daumenschrauben für Deserteure beschaffen. Die Kost knapp halten, sie dient allein dem Erhalt der Arbeitskraft. Ein Kaffeesurrogat aus Zuckerrüben am Nachmittag hält bei Laune. Um Punkt zehn Uhr Licht aus und schlafen!
5. Chefpraktikanten
Sollten die bisherigen Praktikanten absolut unentbehrlich sein, mit allen Mitteln versuchen, sie bei der Stange halten. Auch mal loben. Auch mal Danke sagen. Mit Komplimenten ködern. Als Dankeschön ein T-Shirt mit farbigen Handabdrücken der ganzen Belegschaft. Hierarchien aufbauen und Untergebene schaffen: Jeder Praktikant kriegt einen Praktikanten (siehe „Gastpraktikanten“). Espresso mit aufgeschäumter Milch nur von glücklichen Praktikanten. Und dann, irgendwann, einen Drei-Jahres-Vertrag aus dem Ärmel zaubern, mit Aussicht auf freie Mitarbeit.
ELLA CARINA WERNER