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Archiv-Artikel

Millionen fließen in Atommüll-Stollen

Mit dem Forschungsendlager Asse II sollte die sichere Lagerung von Atommüll erprobt werden. Nun verschlingt die Stilllegung dreistellige Millionensummen. Und: Für die Anwohner droht Gefahr durch verseuchtes Trinkwasser

BERLIN taz ■ Man könnte es das größte Reagenzglas Deutschlands nennen: Ins ehemalige Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel werden tausende Kubikmeter Magnesiumchlorid-Lösung gepumpt, um Steinsalzlauge zu neutralisieren, die in die Stollen eindringt. Grund: 89.000 Tonnen Fässer mit Atommüll drohen undicht zu werden und die Umgebung zu verseuchen.

Asse II wird seit 1967 als Forschungsendlager für radioaktive Abfälle genutzt. Der Bund wollte Erkenntnisse für mehr Sicherheit bei der Lagerung von Atommüll – und steht bei der Stilllegung vor enormen Problemen.

Eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen an die Bundesregierung brachte nun ans Licht, was es kostet, das Projekt zu beenden. „Seit 1993 hat die Stilllegung des Endlagers 189 Millionen Euro verschlungen“, erklärt Sylvia Kotting-Uhl, umweltpolitische Sprecherin der Grünen. Bis 2010 kämen weitere 130 Millionen Euro dazu. Die Kosten trage vollständig die öffentliche Hand. Die Atomindustrie, die zirka 25 Prozent des Mülls verursacht hat, zahle „nichts“.

Von 1967 bis 1978 wurden in Asse II rund 125.800 Behälter mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen eingelagert. Im Auftrag des Bundes erprobte die Gesellschaft für Strahlenforschung damit Techniken für die Lagerung der gefährlichen Stoffe. 1988 wurde erstmals festgestellt, dass Salzlösung einsickerte.

Zuständig für die Asse ist das Bundesforschungsministerium. Dies erklärt nun auf die Anfrage der Grünen: Überlasse man das Lager sich selbst, könnte die ganze Grube volllaufen. Außerdem sei mit „gebirgsmechanischen Vorgängen“ zu rechnen. Das heißt: Es drohen Einstürze.

Für die Menschen in der Umgebung bringe auch das teure Auffüllen keine Sicherheit, befürchtet Kotting-Uhl: „Die Bundesregierung gesteht ein, dass der Zustand der eingelagerten Fässer nicht überprüft wird.“ Die Betreiber seien bisher nicht in der Lage auszuschließen, dass Radioaktivität ins Grundwasser gelangt. Weil die Stilllegung nicht nach Atom-, sondern nach Bergrecht vollzogen werde, gebe es keine Bürgerbeteiligung. Der Bericht sehe keine Änderung dieser Zuständigkeitsfrage vor.

Fazit von Thorben Becker vom Bund für Umwelt und Naturschutz: „Die Asse und Morsleben sind erschreckende Beispiele für gescheiterte Endlagerprojekte.“

ELISABETH SCHERER