: Öko-Anstrich ist gut fürs Image
VON CHRISTIANE MARTIN
Thomas Molkenbur war schon als Kind ein Fan von Energiespar-häusern. „Ich habe immer alles gelesen, was man darüber in Zeitschriften finden konnte“, erzählt der heute 39-Jährige. Nun hat er praktisch umgesetzt, was ihn damals so fasziniert hat. Seit knapp vier Jahren wohnt Molkenbur mit seiner Frau und zwei Kindern in einer Solarsiedlung in Aachen. Insgesamt 43 Wohneinheiten in Einzel-, Doppel- oder Reihenhäusern waren hier bis Ende 2003 gebaut worden, alle nach einem ausgeklügelten energetischen Konzept, das hilft, Energie einzusparen. „Wir haben nur noch 100 Euro Heizkosten im Jahr“, sagt Molkenbur und erntet mit dieser Aussage nicht selten neidische Blicke.
Der Software-Ingenieur kann um so weniger verstehen, dass nicht alle, die ein Haus bauen, sich für Passivbauweise und Solarzellen (siehe Kasten) entscheiden, zumal er verglichen mit einem normalen Haus nicht mehr bezahlt hat. „Die Mehrkosten, die auftraten, wurden von der staatlichen Förderung komplett ausgeglichen“, so Molkenbur.
Die Aachener Siedlung ist in NRW kein Einzelfall. Bereits 14 solcher ausgewiesenen Solarsiedlungen sind mit Unterstützung der Landesregierung gebaut worden. Weitere 15 befinden sich gerade im Bau, zehn sind geplant. „Unser Ziel liegt bei 50“, sagt Andreas Gries von der Landesinitiative „Zukunftsenergien“, die das Projekt „50 Solarsiedlungen in NRW“ betreut. Die Hälfte der Siedlungen, die im Endzustand den Kriterien einer externen Expertengruppe entsprechen müssen, sind so genannte Bestandssiedlungen. Das heißt, es handelt sich um Altbaubestände, die im Zuge einer Sanierung zur Solarsiedlung umgebaut worden sind oder werden. Die andere Hälfte wird neu gebaut.
„Die Bevölkerungsgruppen, die in den Solarsiedlungen wohnen, sind dadurch äußerst verschieden“, sagt Gries. Im Neubau würden eher die etwas gebildeteren Umweltbewussten wohnen. Die Bestandssiedlungen würden dagegen in der Regel ihre ursprüngliche Bevölkerungsstruktur behalten. „Die meisten Leute bleiben auch nach dem Umbau zur Solarsiedlung hier wohnen, weniger aus ökologischer Überzeugung denn aus Tradition“, so Gries weiter. Manchmal aber komme es zu einer positiven Identifikation mit dem Projekt und dadurch auch zu einem größeren Umweltbewusstsein.
Ob eine solche Bekehrung auch der GAG Immobilien AG gelingt, die in Köln-Ossendorf gerade fünf ihrer Wohnblocks mit 144 Wohnungen zur Solarsiedlung umbaut, ist allerdings fraglich. „Wir befinden uns hier in einem sozialen Brennpunkt“, gibt GAG-Vorstandsmitglied Günter Ott unumwunden zu. Ein hoher Migrantenanteil und viele Arbeitslose böten nicht gerade die Klientel, die offen für Energiesparkonzepte ist. Allerdings habe die GAG durch das Solarsiedlungskonzept erreicht, dass vier sozial stabile Mieter, die eigentlich aus Köln-Ossendorf wegziehen wollten, nun doch in der Siedlung bleiben. „Das ist wichtig für die Struktur der Siedlung“, sagt Ott. Die meisten anderen Bewohner haben auch ohne ökologische Überzeugung ihre Wohnungen behalten, da die stark sanierungsbedürftigen Häuser aus den Sechzigerjahren auch modernere Bäder, neue Balkone und andere Verbesserungen erhalten. Außerdem lockt bares Geld. Laut GAG soll die Grundmiete zwar um etwa 2 Euro pro Quadratmeter erhöht werden, aber dafür würden die Heizkosten bis zu 2,70 Euro geringer ausfallen.
Die GAG plant ein solch ökologisches Projekt zum ersten Mal. „Wir tun dies aus Überzeugung und immer auf der Suche nach zukunftsweisenden Sanierungskonzepten“, sagt Ott. Keinen Hehl macht er daraus, dass die GAG die Solarsiedlung auch aus Imagegründen baut. „Das kommt in der Öffentlichkeit schließlich gut an“, ergänzt er und zeigt sich besonders stolz, dass „seine“ Siedlung die Symbolik der Sonnenenergie auch nach außen trägt. Die Häuser bekämen einen gelben oder orangenen Anstrich und in der Außenanlage werde eine Sonnenuhr aufgestellt.
Wie in den meisten anderen Solarsiedlungen werden die Häuser außerdem von außen mit einer extra Dämmschicht isoliert. Auch das Treppenhaus und das Dach bekommen eine Wärmedämmung und die neuen Fenster sind aus speziellem Wärmeschutzglas gefertigt. Das spare schon mal Einiges an Energie, versprechen die zuständigen Architekten. Ganz wichtig sei aber auch ein neues Lüftungssystem, das in allen Wohnungen eingebaut wird. „Es ist nicht mehr nötig, das Fenster aufzureißen, wenn die Luft zu stickig ist“, erklärt Aloys Graw, der die Haustechnik geplant hat. Über ein Zuluftventil ströme ständig frische Luft von außen rein – ohne Wärmeverlust.
Im Herbst und im Winter muss aber auch hier noch geheizt werden. In Zukunft werden dafür aber nicht mehr Kohlen verfeuert oder Elektro-Öfen angeworfen, sondern nagelneue Holzpelletkessel mit umweltfreundlichem Heizmaterial aus gepressten Holzabfällen gefüttert. Das macht unabhängig von internationalen Märkten und deren Preisen und reduziert so nicht nur den Kohlendioxidausstoß, sondern auch die Heizkosten.
Was die Solarsiedlung nun aber auch sprichwörtlich zu einer solchen macht, sind nicht die Dämmung und die Holzpellets, sondern die Sonnenkollektoren auf dem Dach. In Köln-Ossendorf sind sie bereits auf einem der beiden nach Süden ausgerichteten und damit optimal geeigneten Wohnblocks montiert worden. Neben 150 Quadratmetern mit Fotovoltaikzellen, die Strom erzeugen und ins öffentliche Stromnetz einspeisen, wird auf weiteren 75 Quadratmetern Dachfläche mit einer solarthermischen Anlage warmes Brauchwasser erzeugt. „Das kann direkt zum Duschen und so weiter genutzt werden, aber auch für die Waschmaschine, die dann das Wasser nicht extra erhitzen muss“, preist Graw die Vorteile des „solaren Wohnens“ an.
Für Thomas Molkenbur aus Aachen ist der Architekt damit eher die Ausnahme. „Zu wenige Architekten bieten Hausbauwilligen die Öko-Technologien an“, sagt der überzeugte Energiesparer und findet das schade. Denn ihm bereite das Wohnen in der Solarsiedlung ein gutes Gefühl und erhöhe seine Lebensqualität.