kommentar : Rauschen fürs Business
Die Übernahme der Videoseite YouTube durch den Konzern Google konterkariert die Idee des „Web2.0“: Ab jetzt geht es um Kommerz
Das Portal YouTube ist ein Flaggschiff des „Web2.0“, es lebt also von seiner Community. Die User stellen selbst produzierte Videos ein. Man findet einfach alles: Animationsfilme, Bauanleitungen, Börsenberichte. Und urheberrechtlich geschütztes Material, ein kleiner Teil wird bereits gestellt von den Rechteinhabern, beispielsweise Fernsehsendern. Das meiste aber sind Ausschnitte aus Serien und Filmen, die von privaten Nutzern mitgeschnitten, bearbeitet und hochgeladen wurden. Es gibt Schätzungen, dass 90 Prozent der geposteten Beiträge illegales Material sind.
Durch den neuen Mutterkonzern wird es möglich, mehr professionell produziertes Material wie TV-Serien einzukaufen. Das wird zwar dazu führen, dass noch mehr Menschen die Seite besuchen, aber gleichzeitig werden die selbst produzierten Videos in den Hintergrund gedrängt werden. Denn im Web2.0 entscheiden Ratings und Klicks, wie präsent ein Beitrag ist. Und wenn die YouTube-Community ganze „Simpsons“-Folgen schauen kann, werden diese ganz oben landen.
Andererseits wird Google die Urheberrechtsverletzungen angehen – vielleicht restriktiver als wünschenswert. Dann wird jeder Beitrag unterbunden, wenn ein kleiner Verdacht der Rechteverletzung besteht. Web2.0 wird so zu einem reinen Vertriebskanal des „Big Money“ werden – und die Communitys zum Hintergrundrauschen. MARIUS MEYER