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Archiv-Artikel

Gentech-Reis im Supermarkt

Obwohl für die genveränderten Reissorten aus den USA und aus China keine Zulassungen vorliegen, konnten sie in Lebensmittel gelangen. Vermutet wird, dass Schlampereien im Labor zu den Gentech-Kontaminationen führten

Die chinesischen Behörden hatten illegale Felder vernichten lassen

VON WOLFGANG LÖHR

Für die Gentech-Industrie waren es gleich zwei Hiobsbotschaften innerhalb von vierzehn Tagen. Erst musste das US-Landwirtschaftsministerium bekannt geben, dass in Containern mit Langkornreis Verunreinigungen mit der nicht zugelassenen Gentech-Sorte LLRice 601 gefunden wurden. Und während noch darüber spekuliert wurde, wie die vom Bayer CropScience entwickelte, jedoch nicht kommerziell vertriebene Reissorte in die diesjährige Ernte gelangen konnte, verkündetet die Umweltorganisation Greenpeace, dass sie in mehreren Geschäften in Frankreich, Großbritannien und Deutschland illegalen Gentech-Reis aus China gefunden habe.

„Diese Vorfälle zeigen, dass die Gentechnik-Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten und das Regelwerk der EU unzureichend und lückenhaft sind“, erklärte die Europaabgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer. In beiden Fällen sind die Kontaminationen nicht von den Kontrollbehörden entdeckt worden.

Bei dem Langkornreis in den USA waren es Mitarbeiter des Bayer-Konzerns, die bei Prüfungen feststellten, dass die einst von ihnen entwickelte Gentech-Sorte LLRice 601 plötzlich als Kontamination wieder auftauchte. Bayer CropScience hatte die gegen das Herbizid „Liberty Link“ (LL) widerstandsfähige Sorte LL 601 zwischen 1999 und 2001 in den USA versuchsweise angebaut. Eine Zulassung für die Sorte wurde von Bayer CropScience aber nicht beantragt.

Stattdessen hatte Bayer CropScience seinerzeit für zwei andere Gentech-Sorten, LLRice 62 und LLRice 06, in den USA eine Zulassung für den Anbau und die Nutzung als Lebens- und Futtermittel erhalten. Beiden Sorten enthalten ebenfalls das in LL 601 vorhandene Gen, das die Pflanzen unempfindlich gegen Liberty Link macht. Für die Sorte LL 62 liegt derzeit auch ein von Bayer CropScience eingereichter Zulassungsantrag bei der EU-Kommission vor.

Vermutet wird, dass LL 601 entweder von den Versuchsfeldern der Louisiana State University unbeabsichtigt in andere Sorten einkreuzen konnte. Die Universität hatte seinerzeit im Auftrag der Bayer-Tochter den Reis getestet. Möglich ist aber auch, dass bei den Reis-Versuchen eine Verwechselung stattgefunden hat.

Vor wenigen Tagen teilte die Universität mit, dass sie bei der Überprüfung von eingelagerten Saatgut-Proben aus dem Jahre 2003 Spuren der Gentech-Sorte gefunden habe. Das spricht dafür, dass die Ursache für die Kontaminationen bei den Universitätsforschern zu suchen ist.

Mehr oder weniger gerätselt wird auch noch, wie der nicht zugelassene Gentech-Reis in die chinesischen Waren kommen konnten. Greenpeace hatte insgesamt 29 Reisprodukte testen lassen. Bei fünf davon zeigten die Tests positive Ergebnisse an: Sie enthielten Spuren von Gentech-Reis, der mittels eines Gens aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis gegen Raupenfraß geschützt ist. „In Deutschland ist die Marke ‚Swallow Sailing‘ betroffen, die in Asia-Läden verkauft wird“, erklärte Greenpeace.

In China liegt zwar seit langer Zeit schon ein Zulassungsantrag für den darin gefundenen Bt-Reis vor. Doch die zuständige Kommission hatte die Entscheidung darüber schon mehrmals verschoben. Es lägen zu wenig Daten vor, um die Sicherheit des Gentech-Reises beurteilen zu können, hieß es jedes Mal. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums bestätigte das gestern in Peking noch einmal. „Die chinesische Regierung hat nicht einen einzigen Fall genehmigt, in dem veränderter Reis für die kommerzielle Produktion benutzt werden darf“, erklärte er.

Bekannt ist aber seit April vergangenen Jahres, dass der in China nur zu Versuchszwecken erlaubte Bt-Reis bereits weiter verbreitet worden ist. Greenpeace hatte ihn in verschiedenen Reisproben nachweisen können, die von der Umweltorganisation auf gewöhnlichen Märkten in China gekauft worden waren. Die chinesischen Behörden hatten nach diesen Funden zwar illegale Felder vernichten lassen. Doch das hat offensichtlich nicht viel genutzt.