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Archiv-Artikel

Atommüll in Lauge

Im Versuchsendlager Asse II sollen 126.000 Fässer geflutet werden, die mit radioaktivem Müll gefüllt sind

Grüne und Anwohner befürchten, dass aus dem Bergwerk Radioaktivität austritt

HANNOVER taz ■ Darin sind sich alle einig: Das atomare Versuchsendlager Asse II bei Wolfenbüttel muss geschlossen werden. Nur wie? Diese Frage sorgt jetzt für Streit zwischen Umweltschützern und Behörden. Der Betreiber, das Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF), will das einstige Salzbergwerk und die darin deponierten 126.300 Atommüllbehälter mit Magnesiumchlorid-Lauge fluten. Die GSF bereite derzeit den bergrechtlichen Abschlussbetriebsplan vor, erklärte gestern ein GSF-Sprecher. Dazu werde auch ein Sicherheitsbericht erstellt. Das reicht der BI „Aktion Atommüllfreie Asse“ aber nicht. Sie fordert für die Stilllegung ein Genehmigungsverfahren mit Bürgerbeteiligung.

In das Versuchsendlager Asse II auf dem gleichnamigen Höhenzug bei Wolfenbüttel wurden von 1967 bis 1978 rund 125.000 Fässer mit schwach radioaktivem Müll und 1.300 Behälter mit mittelaktivem Müll eingelagert. Die Abfallkammern, in die die Müllbehälter gestürzt wurden, enthalten 102 Tonnen Uran, 87 Tonnen Thorium und immerhin auch knapp 12 Kilo Plutonium. Seit Jahren fließen in das ehemalige Salzbergwerk Asse II täglich knapp 12 Kubikmeter Wasser. Der schon lange aufgegebene Nachbarschacht Asse I soff nach seiner Stilllegung ab. Das Bergwerk Asse III füllte sich ebenfalls mit Wasser – und stürzte ein.

Darum findet auch das Bundesforschungsministerium (BMBF), das für das Versuchsendlager verantwortlich ist, die nasse atomare Altlast müsse schnell gesichert werden. „Mit der zügigen Schließung der Schachtanlage Asse“ , so schrieb Staatssekretär Frieder Meyer-Krahmer an den Kreis Wolfenbüttel, werde ein „entscheidender Beitrag zur Sicherheit und Umweltverträglichkeit geleistet“. Dieser dürfe „nicht durch Verzögerungen gefährdet werden“. Der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel stellte gestern ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des niedersächsischen Landtages vor. Danach muss für die endgültige Schließung des Versuchsendlager – es wurde vor Inkrafttreten des Atomgesetzes geschaffen – ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren gemacht werden. Gebe es keine Beteiligung von Bürgern und alternativen Experten, werde man per Klage ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren durchsetzen, sagte Seban Seehafer von der BI Atommüllfreie Asse.

Bei einer Flutung der Abfälle mit Lauge befürchten BI und Landtagsgrüne, dass Radioaktivität aus dem Bergwerk austritt. Das GSF versichert, dass für den Sicherheitsbericht auch die Ausbreitung der Radioaktivität berechnet werde. Damit solle nachgewiesen werden, dass Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung an der Erdoberfläche eingehalten werden. JÜRGEN VOGES