: Wenn die Elbe ein laues Rinnsal wird
Dieser Monat war der heißeste Juli seit mehr als hundert Jahren. Aufgrund des Klimawandels hält sich Hochdruckwetter länger als früher. Experten geben allerdings Entwarnung: Die Extremhitze soll in den kommenden Jahrzehnten nicht zur Regel werden
VON BARBARA DRIBBUSCH
Die wichtigste Nachricht zuerst, falls man sie nicht schon direkt vor der Tür durch einen kühlen Lufthauch spürt: Mit der Sommerhitze wird in den nächsten Tagen Schluss sein. Dieses Wochenende sind noch örtliche Gewitter angesagt, kommende Woche sollen laut Deutschem Wetterdienst die Temperaturen zunächst auf unter 30 Grad fallen und später sogar auf Höchstwerte zwischen 20 und 26 Grad abkühlen. Was so viel wie gefühltes Sibirien bedeutet, denn „der Juli war ein Rekord“, so der Klimatologe Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Nach den Messungen in Potsdam, die im Jahr 1893 begannen, war der vergangene Monat der heißeste Juli seit Beginn der Aufzeichnungen. Daran könnte selbst ein Temperatursturz in den letzten Julitagen bis Montag nichts mehr ändern. Um 5 Grad höher als im Durchschnitt der vergangenen Jahre kletterte das Quecksilber in die Höhe, so Gerstengarbe. In Frankfurt am Main beispielsweise war es am Mittwoch deutlich heißer als in Palermo oder auf Kreta.
Dauerschwitzen, schlapper Kreislauf und müder Gedankenfluss ließen in vielen Menschen die bange Besorgnis wachsen: Wird das jetzt immer so im Sommer, wegen des Klimawandels? „Es gibt eine globale Erwärmung“, sagt Gerstengarbe. In Brandenburg beispielsweise werde nach einer Hochrechnung des Instituts die jährliche Durchschnittstemperatur in den kommenden 50 Jahren um 1,4 Grad steigen.
Auch wenn man jahreszeitliche und regionale Unterschiede berücksichtigt, ist diese langfristige Erwärmung um einiges geringer als der aktuelle Temperatursprung, den dieser Juli den Leuten im Vergleich zu früheren Jahren bescherte. Dabei hat auch eine durchschnittliche Erwärmung von nur 1,4 Grad „beträchtliche ökologische Folgen“, wie Klimatologe Gerstengarbe betont.
Bedingt durch den Klimawandel und die globale Erwärmung, halten sich Hochdruckwetterlagen länger als früher. Es wird also künftig mehr aufeinander folgende heiße Tage geben. Vor allem aber sei „häufiger mit Wetterextremen zu rechnen“, so Gerstengarbe.
In der Klimageschichte gab es eine ähnliche Situation schon im 15. und 16. Jahrhundert, als sich nach relativ hohen Temperaturen in den Jahrhunderten zuvor die „kleine Eiszeit“ zwischen 1450 und 1850 anbahnte. Aufzeichnungen aus der Übergangszeit zu dieser Epoche belegen extreme Wetterlagen. „Damals war die gesamte Ostsee von Oktober bis Mai zugefroren“, weiß Gerstengarbe. Andererseits konnte man aber auch „im Elsass zu Weihnachten Kirschen ernten“. Mit extremen Wetterlagen waren also auch die Menschen vergangener Jahrhunderten schon konfrontiert – und das ohne Klimaanlage und moderne Zentralheizung.
Doch heute gefährdet das extreme Wetter eine komplexe Infrastruktur. Autobahnen in Hessen und Nordrhein-Westfalen wurden in der vergangenen Woche teilweise wegen Straßenschäden gesperrt, die aufgrund der Hitze entstanden waren. Örtliche Gewitter entwurzelten Bäume, die bei Halstenbek und Köln auf eine Lok und auf Gleise fielen.
Durch die Hitze ist auch der Wasserstand in den Flüssen stark gesunken. In der Elbe wurde eine Temperatur von 27,4 Grad gemessen, als Rekord galt bisher der Wert von 27,1 Grad aus dem so genannten Jahrhundertsommer 2003. Mit solch verfrühten Maximallabels allerdings werden die Meteorologen angesichts des Rekord-Juli 2006 künftig wohl vorsichtiger sein.