DIE SPD ZOCKT DIE ANGESTELLTEN AB, DIE BEAMTEN PROFITIEREN : Skandal der Enteignung
Verkehrte Rollen. Ausgerechnet die Union entwickelt sich zur Volkspartei der Angestellten, während die SPD nur noch aus zynischen Technokraten zu bestehen scheint. Beide Regierungsparteien stehen vor einem interessanten Problem: Die Bundesagentur für Arbeit wird 2006 einen immensen Überschuss von mehr als 7 Milliarden Euro verbuchen. Wohin also mit dem Geld?
Den Sozialdemokraten fällt bisher nur ein, dass sie den Finanzminister stellen und die Staatsschulden reduzieren wollen. Also verfolgen sie hartnäckig die Idee, dass die Beitragsmittel aus der Arbeitslosenversicherung in den Bundeshaushalt fließen sollen. Das klingt wie eine harmlose Umschichtung, von der irgendwie alle etwas haben. Tatsächlich wäre es ein Skandal der Enteignung. Denn in die Arbeitslosenversicherung zahlen von 82 Millionen Bundesbürgern nur noch rund 26 Millionen ein – nämlich jene, die einen sozialversicherungspflichtigen Job ausüben. Beamte und Selbstständige bleiben außen vor. Und jetzt soll diese Minderheit der Sozialversicherten auch noch den Bundeshaushalt sanieren? Die Union fordert, stattdessen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken. Zu Recht. Denn das Vermögen der Bundesagentur ist das Eigentum der Versicherten. Die Minderheit der Sozialversicherten ist sowieso schwer belastet, wenn es darum geht, die Pflichten der Allgemeinheit zu übernehmen. Ein Beispiel: Es ist richtig, dass Langzeitarbeitslose krankenversichert sind. Nur leider reichen jene 73 Euro monatlich nicht aus, die der Bund überweist. Wie selbstverständlich wird erwartet, dass die gesetzlich Versicherten den Rest der Krankheitskosten bei Langzeitarbeitslosen übernehmen. Rund 5,5 Milliarden Euro sind das jährlich. Wieder bleiben Selbstständige und Beamte außen vor.
Selbst der DGB tappt in die Falle, dass die Sozialversicherten für alles aufkommen sollen: Der Gewerkschaftsbund fordert, dass der Überschuss der Bundesagentur verwendet wird, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Natürlich muss der Nachwuchs eine Chance bekommen – aber auch das ist eine klassische Aufgabe für die Gesamtgesellschaft und damit die Steuerzahler.
Es fällt schwer, bei den vielen Reformen noch zu überblicken, wer zu den Profiteuren zählt. Aber Gleichzeitigkeiten fallen auf: So will SPD-Finanzminister Peer Steinbrück bekanntlich die Firmen bei der Unternehmenssteuer entlasten – was mindestens 5 Milliarden Euro jährlich kosten soll. Da wirkt es nur noch zynisch, dass er so dringend 7 Milliarden aus der Arbeitslosenversicherung kassieren will. ULRIKE HERRMANN