: Ende der Ich-AGs
Alte Förderung für Existenzgründer ab heute abgeschafft. Arbeitslosengeld II für West und Ost angeglichen
BERLIN taz ■ Sie wurden als Erfolgsgeschichte der Arbeitsförderung verkauft, regten Kabarettisten zum Spott an und wurden 2002 zum „Unwort“ des Jahres gewählt. Seit heute aber sind die Ich-AGs Geschichte. Neubewilligungen gibt es seit 30. Juni nicht mehr. Bereits genehmigte Förderungen werden allerdings weiter gezahlt. Ab dem 1. August bekommen Selbständige nur noch den sogenannten Gründerzuschuss. „Ab August können entsprechende Anträge gestellt werden“, erklärte gestern ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit.
Mit dem neuen Gründerzuschuss wird die Förderungsdauer für Kleinselbständige weiter verkürzt. Den Zuschuss bekommen nur Leute, die noch mindestens drei Monate lang Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Sie erhalten nach der Gründung neun Monate lang eine Subvention in Höhe des Arbeitslosengeldes plus einer Pauschale von monatlich 300 Euro, mit der sie sich in Renten- und Krankenkasse absichern können. Läuft das Unternehmen gut, wird in einer zweiten Förderphase für 6 Monate nur noch die Pauschale für die Sozialversicherung gezahlt.
Noch zu Beginn der Ich-AG-Förderung Anfang 2003 wurde allen Erwerbslosen mit Anspruch auf Leistungen vom Arbeitsamt maximal 3 Jahre lang ein Zuschuss für die Gründung gewährt. Ein zweiseitiger Antrag genügte, besondere fachliche Nachweise waren nicht nötig. Zuletzt gab es die Förderung nur noch für Empfänger des Arbeitslosengeldes I. Da die Subvention über drei Jahre gestaffelt immer weniger wurde, kam es zunehmend zu Geschäftsschließungen.
Zuletzt meldete das Statistische Bundesamt eine wachsende Zahl von Insolvenzen von Kleinunternehmern. Das waren allerdings nicht nur Ich-AGler. Danach gaben 120.000 Klein- und Nebenerwerbsbetriebe von Januar bis März dieses Jahres auf. Unter den rund 4 Millionen Selbständigen in Deutschland sind knapp 2,3 Millionen sogenannte „Solo-Selbständige“, also Kleinunternehmer ohne Beschäftigte.
Solo-Selbständige in Deutschland wechseln im europäischen Vergleich besonders häufig in andere Beschäftigungsverhältnisse oder in Arbeitslosigkeit. Das ergab eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg. Bis zu einem Drittel der Ich-AGler gaben zwischenzeitig wieder auf. Immerhin zwei Fünftel der Abbrecher aber waren hinterher wieder erwerbstätig, so das IAB.
Zum 1. Juli gibt es weitere Neuerungen für Erwerbslose: So wird der Regelsatz im Osten von 331 Euro an den West-Regelsatz von 345 Euro angeglichen. Volljährige Empfänger von Arbeitslosengeld II unter 25, die noch zu Hause leben, bilden jetzt mit ihren Eltern eine „Bedarfsgemeinschaft“. Ihnen stehen damit nur noch 80 Prozent vom Regelsatz zur Verfügung, das Einkommen der Eltern wird erheblich strenger angerechnet als zuvor.
BARBARA DRIBBUSCH