: Senat schleift Domplatz-Kristall
Der umstrittene Glasbau am Speersort soll zu Lasten der Bürgerschaft kleiner werden, sonst aber unverändert bleiben. Um Geld zu sparen, soll die Domstraße eventuell doch nicht verlegt werden
von GERNOT KNÖDLER
Der Senat will das geplante Glasgebäude auf dem Domplatz abspecken. Das Projekt solle fortgeführt werden, sagte Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) gestern auf der Landespressekonferenz. Am architektonischen Entwurf werde nicht gerüttelt, es seien aber „Optimierungen“ erwünscht. Dabei gehe es insbesondere darum, die Baumasse zu verringern.
Freytag referierte das Ergebnis eines Krisengesprächs bei Bürgermeister Ole von Beust, zu dem auch Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) und Oberbaudirektor Jörn Walter eingeladen waren. Der Senator bewertete die zum Teil herbe Kritik an dem Entwurf positiv: „Wir sind froh über die offene Diskussion.“ Die Meinungsunterschiede dürften aber nicht dazu führen dass nichts passiert. „Unsere Vorgängersenate haben uns nach jahrzehntelanger Diskussion einen Parkplatz mit Würstchenbude hinterlassen“, sagte Freytag.
Was der Senat dort hinsetzen möchte, passt nach Ansicht scharfzüngiger Kritiker nur allzu gut auf einen Parkplatz. Der Vorschlag der Münchener Architekten Auer und Weber mit seinen schräg gestellten, weit auskragenden Glaswänden habe die Anmutung eines Autohauses, lästern sie. Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) nannte den Entwurf „ein Produkt der globalisierten Allerwelts-Architektur von Bankenzentralen“. Schmidt und andere finden, der Glasbau passe nicht ins backsteinerne Hamburg. Der Präsident der Fritz-Schumacher-Gesellschaft, Hans Günther Burkhardt, behauptete das Gegenteil.
Bei der Anhörung der Bürgerschaft zu dem Vorhaben war mehrfach die Kritik geäußert worden, der Bau sei zu voluminös. Aus 25.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche, die auch Walter einmal als Obergrenze angesehen habe, seien 33.000 geworden, kritisierte der ehemalige Oberbaudirektor Egbert Kossak. Der Bau, der durch einen schmalen separaten Backsteinriegel zum Wohnen ergänzt wird, erdrücke seine Umgebung.
Diese Kritik haben von Beust und Co. jetzt aufgegriffen: „Glasteil und Wohnteil müssen aufeinander abgestimmt reduziert werden“, sagte Freytag. Architekt und Investor seien einverstanden. Werde der Bau verkleinert, brauche die Domstraße möglicherweise nicht verlegt werden, was Geld spare.
Der Senator setzt darauf, dass die Bürgerschaft auf einen Teil der für sie im Neubau vorgesehenen Räume verzichtet. „Die Bürgerschaft muss sich entscheiden“, sagte Freytag. Weil es sich um ein „Jahrhundertprojekt“ handele, sei eine einheitliche Position des Parlaments in dieser Frage wichtig. Das gilt nach Auffassung des Bausenators allerdings nicht für das Vorhaben als solches: Die Zentralbibliothek müsse das „Kernelement“ des Neubaus bilden. Auch das Archäologiezentrum und die Wohnungen seien erwünscht.
Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Jan Quast nannte das Ergebnis des Domplatz-Gipfels „halbherzig und mutlos“. Der Hauptkritikpunkt am Entwurf sei der optische Eindruck, und daran wolle der Senat festhalten. Wie Quast kritisierte der GAL-Abgeordnete Claudius Lieven, dass der Senat versuche, seine Probleme auf Kosten der Bürgerschaft zu lösen. „Wir können da nicht nur über den Flächenanteil der Bürgerschaft reden, wie es Freytag offenbar vorschwebt“, so Lieven. Er schlug vor, die geplanten Wohnungen im unmittelbar benachbarten „Haus am Domplatz“ unterzubringen.