: Ein symbolischer Sieg
von BERNWARD JANZING
Die Verbraucher könnten profitieren, ein wenig: Erstmals hat die Bundesnetzagentur einem Stromnetzbetreiber die Netzentgelte gekürzt. Die Vattenfall Europe Transmission GmbH muss laut Beschluss der Behörde ab 1. Juli die Netzentgelte um 18 Prozent kürzen. Gemeint sind damit die Beträge, die das Unternehmen anderen Stromversorgern für die Nutzung der Vattenfall-eigenen Übertragungsnetze in Rechnung stellt. Die Kürzungen begründet die Netzagentur damit, dass einige Kostenpositionen, die Vattenfall angeführt hatte, nicht in voller Höhe anerkannt werden könnten – etwa die angeblichen Kosten im Zusammenhang mit der Einspeisung regenerativer Energien.
Der Bund der Energieverbraucher begrüßte die Entscheidung. Die Einsparungen müssten jetzt von den Verteilunternehmen an die Kunden weitergegeben werden, forderte der Vorsitzende des Verbands, Aribert Peters. Allerdings werden die Auswirkungen auf die Strompreise der Endkunden gering sein. Denn es geht bei dem Bescheid der Aufsichtsbehörde nur um die Kosten der Übertragungsnetze, also der Höchstspannungsnetze auf 380.000-Volt-Ebene. Diese Kosten machen an den gesamten Netzkosten nur etwa 10 Prozent und am Strompreis der Endverbraucher sogar nur etwa 3 Prozent aus. Somit bedeuten die um 18 Prozent gesenkten Kosten der Übertragungsnetze lediglich einen Rückgang des Strompreises für Endkunden von einem halben Prozent.
Zudem will Vattenfall den Bescheid nicht akzeptieren, sondern gerichtlich dagegen vorgehen, was aufschiebende Wirkung hat: Die Preissenkung zum 1. Juli wird also nicht kommen. Für den weiteren Verlauf des Verfahrens zeigte sich der Konzern gestern optimistisch: „Wir haben keinen Zweifel daran, dass der rechtswidrige Bescheid der Bundesnetzagentur vor Gericht keinen Bestand haben wird“, sagte Klaus Rauscher, Vorstandsvorsitzender der Vattenfall Europe AG. Die Kalkulationsmethoden der Bundesnetzagentur seien „weder sachgerecht noch wirtschaftlich akzeptabel“. Zudem wirft das Unternehmen der Behörde vor, der Bescheid sei „nur auf einen kurzfristig populistischen Erfolg ausgerichtet“. Man habe ein „derartiges Verhalten von einer deutschen Behörde nicht erwartet“.
Bereits am Mittwochabend, unmittelbar nach Erhalt des Bescheids von der Netzagentur, hatte Vattenfall in einer Pflichtmitteilung an die Aktionäre erklärt, der Beschluss führe bei der 100-prozentigen Unternehmenstochter Vattenfall Europe Transmission GmbH „voraussichtlich bereits in 2006 zu einem negativen Jahresergebnis“. Die Ansätze der Bundesnetzagentur würden den Ertrag um 115 Millionen Euro jährlich reduzieren. Behalte die Netzagentur eine solche Genehmigungspraxis bei, sei das Übertragungsnetz nur noch mit Verlust zu betreiben: „Stand alone wäre diese wesentliche Beteiligung der Vattenfall Europe AG nicht mehr überlebensfähig.“
Die Regulierungsbehörde beharrte indes darauf, dass sie den Stromkonzernen keine allzu strengen Zügel anlege: Für Neuinvestitionen erkenne man „auskömmliche Eigenkapitalrenditen“ an, sagte Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur – und nannte sogar explizit eine akzeptierte Eigenkapitalverzinsung von immerhin 7,91 Prozent.
Die Genehmigungsbehörde hat in nächster Zeit noch über 257 Anträge von Stromversorgern im Hinblick auf die Netzentgelte zu entscheiden. Behördenchef Kurth wies jedoch sofort darauf hin, dass die aktuelle Entscheidung in Sachen Vattenfall „nicht auf andere vergleichbare Unternehmen zu übertragen“ sei. Schließlich beruhe der Beschluss „auf vielen individuellen Feststellungen und konkreten Unternehmensdaten“. Jedes einzelne Unternehmen werde individuell nach ausführlichen Anhörungen und Stellungnahmen geprüft und behandelt.